Wiesbaden, Hessisches Staatstheater, Götterdämmerung - Richard Wagner, IOCO Kritik, 28.05.2018
Hessisches Staatstheater Wiesbaden
GÖTTERDÄMMERUNG – Richard Wagner
- Der Untergang der Götter – Durch Menschenhand -
Von Ingrid Freiberg
Der Ring des Nibelungen ist die Überforderung der Operngeschichte schlechthin. Es wird erlitten, zerrissen, verflucht, geliebt, bewundert, abgesessen, verehrt und verteufelt.
Scheitern ist das Mantra der Götterdämmerung
Regisseur Uwe Eric Laufenberg hat sich mit der Inszenierung des Rings einen Lebenstraum erfüllt. Seine Götterdämmerung beschreibt den Untergang der Götter mit aktuellen Gegebenheiten und den Entwicklungen in einer realen Welt. Er erzählt von Hoffnung und Enttäuschung, Traum und Wirklichkeit, Utopie, Krieg und Untergang. Szenen von verstörender Intensität kulminieren beständig und enden in der Darstellung eines sich auflösenden Weltalls.
Die Welt kennt wenige bedeutende Dichterkomponisten. Einzig und allein Richard Wagner ist es gelungen, zehn Bühnenwerke zu schaffen, die zum eisernen Bestandteil des Opernrepertoires gehören und gleichzeitig Sternstunden der Poesie sind. „Vollendet in Wahnfried am 21. November 1874. Ich sage nichts weiter!“ mit diesen Worten schloss Wagner die Partitur der Götterdämmerung ab. Die Uraufführung fand am 17. August 1876 im Rahmen der Richard-Wagner-Festspiele statt. Wagner übernahm die künstlerische Gesamtleitung, gab täglich neue Anordnungen, seine Regieanweisungen konterkarierend „Die großen Noten kommen von selbst, die kleinen Noten und der Text sind die Hauptsache!“
Feuerzauber in einer Schale
Die drei Nornen spinnen keine goldenen Schicksalsfäden, sondern schießen grüne Laserstrahlen aus ihren mit Präsentationspointern präparierten Handschuhen. Nach ihrer Weissagung, dass Walhall verbrennen wird, sobald die Rheintöchter den Ring wieder besitzen, verlöschen die Strahlen.
In einem mit Designermöbeln ausgestatteten Glas-Bungalow haben sich Siegfried und Brünnhilde eingerichtet. Die in einer kleinen Schale flackernde Flamme ist eine Reminiszenz an den Feuerzauber auf dem Walkürenfelsen, an dem – laut Libretto - des Nachts die drei Nornen lagern. Siegfried betritt „sein Haus“ sich ausgiebig räkelnd, mit einer Tasse Kaffee in der Hand und einem Elektrorasierer im Gesicht. Kurz darauf erscheint Brünnhilde im Negligé und zieht ihm, ganz fürsorgliche Ehefrau, seine Jacke an, stellt ihm die Schuhe bereit. Die beiden albern herum und küssen sich zärtlich.
Siegfried wird die traute Zweisamkeit langweilig. Er will auf zu neuen Taten. Vorahnend beschwört Brünnhilde ihn „Gedenk' der Eide, die uns einen; gedenk' der Treue, die wir tragen; gedenk' der Liebe, der wir leben Brünnhilde brennt dann ewig heilig dir in der Brust!“ Sie übergibt Siegfried ihr Pferd Grane als Liebespfand. Es ist riesig groß, ein Machtsymbol, ein trojanisches Pferd, mit dem die Menschheit in die Vernichtung rast. Siegfried gibt ihr den Ring, den er Alberich vom Finger gezogen hat. Stürmisch nehmen die Liebenden Abschied. Amüsant: Händeringend und kopfschüttelnd kommt Siegfried noch einmal zurück, um sein Schwert zu holen, das er vergessen hat...
Die Halle der Gibichungen am Rhein
Siegfrieds Rheinfahrt endet am Hof von Gunther und Gutrune, dem ledigen Gibichungen-Geschwisterpaar. (Die Fahrt wird durch Videostreifen illustriert – erkennbar die nahegelegene Burg Pfalzgrafenstein bei Kaub.) In der Gibichungenhalle steht der große rechteckige Konferenztisch, der schon Wotans Walküre-Kriegsrat zur Verfügung stand. Haben die Gibichungen diesen von Wotan erworben? Haben die weltlichen Herrscher die Macht bereits übernommen?
Modebewusst und selbstsicher tritt Gunthers Schwester Gutrune auf. Gunther und sie werden als inzestuöses Geschwisterpaar gezeigt. Den machtbesessenen Hagen erkennt das Geschwisterpaar neidlos als Ratgeber an. Hagen hält Siegfried für eine ebenbürtige Partie für seine Halbschwester Gutrune. Dass der „herrlichste Held der Welt“ sie begehren könne, glaubt diese hingegen nicht. Da erinnert sich Hagen an einen Vergessenstrunk, der einerseits die Vergangenheit auslöscht „dass je ein Weib ihm genaht“, andererseits die Liebe zu einer neuen Frau weckt.
Gunther erzählt Siegfried, er kenne ein starkes Weib und würde es gerne zur Frau nehmen, traue sich aber nicht. Der dem Zauber Verfallene verspricht ihm, für ihn zu werben und drängt „Frisch auf die Fahrt!“ „Um die Rückkehr ist’s mir jach!“.
Siegfried und Gunther schließen Blutsbrüderschaft, die von Hagen an dem langen Konferenztisch zu Papier gebracht und vertraglich besiegelt wird. Ihm geht es ausschließlich um den Ring, den Brünnhilde noch trägt. Seine Träume flackern über die Leinwand, Alberich schleicht sich sichtbar in diese hinein. Die beiden Blutsbrüder eilen davon. Hagen bleibt zurück und bewacht die Halle. In einem Selbstgespräch höhnt er ihnen nach „Ihr freien Söhne, frohe Gesellen, segelt nur lustig dahin! Dünkt er euch niedrig, ihr dient ihm doch, des Niblungen Sohn.“ (überzeugend diabolisch Albert Pesendorfer)
Walkürenfelsen - Ein Glasbungalow
Brünnhilde wartet, modern bekleidet, gelangweilt Magazine lesend, den Ring betrachtend, auf Siegfried. Sie ist beunruhigt und ahnungsvoll. Allein der Ring, Siegfrieds Liebespfand, gibt ihr Halt. Das Feuer in der Schale ist erloschen. Wotan sitzt stumm vor dem Haus. Der Speer, einst das Symbol seiner Macht, für den er ein Auge gegeben hat, ist zerbrochen Er sieht nur noch auf einem Auge, dem der Macht und derer Erhaltung.
Waltraute beschwört Brünnhilde
Statt Siegfried kommt Waltraute zu Besuch. Brünnhilde glaubt zunächst an ein Versöhnungsangebot Wotans, der ihr noch immer zürnt. Doch Waltraute beschwört Brünnhilde, den geraubten verfluchten Ring den Rheintöchtern zurückzugeben und
damit auch dem lebensmüden Göttervater Frieden zu verschaffen. (Die beiden Sängerinnen meistern ihre Partien bravourös, obwohl sie bisweilen im Inneren des Bungalows zu singen haben.)
Brünnhilde, keine Walküre mehr, ist nichts wichtiger als ihre Liebe zu Siegfried. Empört lehnt sie ab, den Ring zu opfern „Geh hin zu der Götter heiligem Rat! Von meinem Ringe raune ihnen zu Die Liebe ließe ich nie, mir nähmen nie sie die Liebe, stürzt' auch in Trümmern Walhalls strahlende Pracht!“
„Nun, Nothung, zeuge du, dass ich in Züchten warb“
Siegfried betritt den Bungalow. (Wo bleibt hier die Intensität von Wagners genialem Feuerzaubermotiv, in vielen Inszenierungen auch optisch eine Augenweide?) Entsetzt erblickt Brünnhilde einen Fremden „Zur Schande zwingst du mich nicht, so lang’ der Ring mich beschützt.“ Drohend streckt sie ihm den Ring entgegen.
Der vermeintlich Fremde macht kurzen Prozess. Mit einer Latex-Gesichtsmaske verkleidet, die ihn täuschend echt wie Gunther aussehen lässt, überwindet der erinnerungslose? Siegfried seine Frau, um sie für den Schwächling Gunther zu erobern. Er knöpft sich die Hose auf, schiebt verächtlich Brünnhildes Beine auseinander und missbraucht die Ohnmächtige zu den düster schneidenden h-Moll-Klängen. Es ist ein bestürzender Akt. Nothung, sein Schwert, müsste Abscheuliches bezeugen!
„Schläfst du, Hagen, mein Sohn?“
Alberich erscheint seinem Sohn Hagen im Schlaf. Der alte Nibelung wird durch eine Projektion verdoppelt. Hagen sitzt in einem Drehstuhl auf dem langen Konferenztisch, nur von einem Spot erhellt. Neben dem Tisch sitzt Alberich, der in Echtzeit gefilmt überdimensional hinter Hagen projiziert wird. Die Bilder unterstreichen intensiv den Traumcharakter der Szene.
Alberich giert, anders als Wotan, weiter nach Ring und Macht „Ich – und du! Wir erben die Welt. Trüg' ich mich nicht in deiner Treu', teilst du meinen Gram und Grimm“. Alberich schwört Hagen auf den Kampf um die Ring-Welt ein. Schlaftrunken antwortet dieser „Den Ring soll ich haben […] Mir selbst schwör’ ich’s; schweige die Sorge!“ (Das Zwiegespräch ist einer der Höhepunkt des Abends.)
„Du lügst, du bist bereits mit mir vermählt“
Unvermittelt steht Siegfried neben Hagen. Er berichtet von „Gunthers“ erfolgreichem Brautzug und fordert Hagen und Gutrune auf „drum rüstet jetzt den Empfang!“ Die Doppelhochzeit soll endlich gefeiert werden! Auch Gunther und Brünnhilde treffen ein. Feierlich schreitet er mit Brünnhilde „welche bleich und gesenkten Blickes ihm folgt,“ in die Halle. Als Gunther Gutrune und Siegfried als Brautpaar ankündigt, blickt Brünnhilde erschrocken auf „Siegfried – kennt mich nicht?“ Als sie den Ring an Siegfrieds Finger entdeckt, erahnt sie den Betrug. Siegfried erzählt „Den Ring – empfing ich nicht vom ihm, von keinem Weib kam mir der Reif... genau erkenn‘ ich des Kampfes Lohn, den vor der Neidhöhl‘ einst ich bestand, als den starken Wurm ich erwürgt.“ Verzweifelt schreit Brünnhilde ihm entgegen “Du lügst, du bist bereits mit mir vermählt“.
Aufgewühlt sitzt Gunther in der Ecke „Betrüger ich – und betrogen! Verräter ich – und verraten! Zermalmt mir das Mark! Zerbrecht mir die Brust! Hilf, Hagen! Hilf meiner Ehre! Hilf deiner Mutter, die mich – auch ja gebar!“ Brünnhildes grenzenlose Liebe zu Siegfried verwandelt sich in Hass. (Das Rachemotiv gehört zu den stärksten Momenten. Catherine Forster elektrisiert das Publikum.) Brünnhilde verrät Hagen und Gunther die einzige Stelle, an der Siegfried verwundbar ist.
„Im Wasser wie am Lande lernte nun ich Weiberart...“
Erneut ist das Augenlid-Oval auf der Bühne zu sehen - diesmal mit gefranstem Glamour-Vorhang und der geschwungenen Leuchtüberschrift „Zum Rheingold“. Die Rheintöchter – in Netzstrümpfen -scheinen sich dem horizontalen Gewerbe verschrieben zu haben. Aufreizend, sich an der Bar rekelnd, becircen sie Siegfried. Wollen sie den Ring oder Bezahlung für gewisse Dienste?
Doch schnell wird klar Die Rheintöchter versuchen, ihm den Ring abzuschmeicheln. Als er das verweigert, warnen sie ihn vor dem Fluch, dem er noch heute zum Opfer fallen werde. Munter entgegnet Siegfried „Im Wasser wie am Lande lernte nun ich Weiberart, wer nicht ihrem Schmeicheln traut, den schrecken sie mit Drohen; wer dem nun kühnlich trotzt, dem kommt dann ihr Keifen dran.“ Die Androhung des baldigen Todes lässt ihn furchtlos trotzig auf den Besitz des Rings beharren.
Hagen träufelt den Saft eines Krautes in sein Trinkhorn
Während die Rheintöchter entschwinden, um Brünnhilde aufzusuchen, trifft die Jagdgesellschaft mit Hagen und Gunther ein. Hagens Mannen haben ordentlich viel Wild erjagt, das stolz auf dem Boden der Bühne präsentiert wird. Ausgelassen prosten sie sich zu. Siegfried versucht, den verunsicherten Gunther mit Berichten seiner Taten zu unterhalten.
Damit Siegfrieds Erinnerung zurückkehrt, mischt Hagen einen Trunk. Schwärmend erzählt Siegfried von seiner Liebesbegegnung mit Brünnhilde und unbekümmert von den Wasservögeln, die ihm seinen heutigen Tod angekündigt hätten „Auf Waldjagd zog ich aus, doch Wasserwild zeigte sich nur. War ich dazu recht beraten, drei wilde Wasservögel hätt' ich euch wohl gefangen, die dort auf dem Rhein mir sangen, erschlagen würd' ich noch heut.“ (Die „Waldvogel-Höhen“ zitiert Lance Ryan mit bewundernswerter Genauigkeit.)
Siegfrieds Meineid ist aufgedeckt. Hinterlistig stößt Hagen dem Ahnungslosen den Speer in den Rücken. Mit Brünnhilde im Herzen stirbt Siegfried. Hagen greift nach der Hand des „Helden?“, die dieser noch einmal drohend emporstreckt.
Siegfried erhält eigenes Bühnenbild
Das Geschehen unterstützend erhält Siegfried in seiner letzten Stunde ein eigenes Bühnenbild. Gegenstände als Symbole für Stationen aus Siegfrieds Leben werden ausgestellt Sein Jugendzimmersofa mit den Kopfhörern, Mimes speckiger Kühlschrank, der Tarnhelm, eine Warnlichtsäule aus Fafners Goldlager, der Amboss und die Schmiede mit denen er Nothung schmiedete... Die Szene bekommt etwas Unwirkliches durch ein Video. Man sieht Siegfrieds Bewegungen und das Bühnenbild als Endlos-Lichttunnel. Der tote Siegfried wird zu den toten Tieren gelegt. Der größte Held, der reichste und mächtigste Mann der Welt, ist auch nur ein Kadaver.
Hagen wird in der Gibichungenhalle ertränkt
Nach verborgener Szenenverwandlung wird Siegfried auf dem symbolträchtigen Konferenztisch der Gibichungenhalle aufgebahrt. Der Schicksalsfaden ist gerissen. Siegfried, Wotans Enkel, der den Ring des Nibelungen am Finger trägt, der die Welt retten sollte, starb im Wald. Hagen brüstet sich trotzig mit dem Mord, weil der Tote „Meineid sprach“. Er macht „Heiliges Beuterecht“ geltend und fordert den Ring. Gunther stellt sich ihm – zum ersten Mal – mutig in den Weg. Obwohl sich die Mannen dazwischen werfen, gelingt es Hagen ihn mit einem Streich zu erschlagen. Die zurückgekehrte Brünnhilde ergreift den Ring und nimmt ihn sinnend betrachtend an sich. In tiefer Erschütterung, mit überwältigender Wehmut, wendet sie sich Siegfried zu und preist noch einmal den Toten.
Von den Rheintöchtern weiß Brünnhilde um den fluchbeladenen Ring. Sie dankt ihnen für „redlichen Rat“. Inzwischen errichten die Mannen einen mächtigen Scheiterhaufen. Brünnhilde steckt sich den Ring an und wendet sich dem Scheiterhaufen zu. Auf Siegfrieds Leiche ausgestreckt, entreißt sie einem der Männer seine Fackel und zündet sich an. Aus der Asche sollen die Rheintöchter den durch Feuer vom Fluch gereinigten Ring an sich nehmen. Hagen versucht die Rheintöchter zu verjagen. Doch sein Bemühen, ihnen den wiedererlangten Ring abzunehmen, scheitert. Die Rheintöchter ertränken ihn in der wasserlosen Gibichungenhalle.
Die Erde entfernt sich aus unserem Sonnensystem
Am Ende gerät die Welt aus den Fugen. Alberichs Ring-Fluch ist wahr geworden. Die Götter sind schutzlos seinem Machtanspruch ausgeliefert. Die Schlussprojektionen entfernen sich von der Erde, unserem Sonnensystem, unserer Galaxie - bis alles wieder ein riesiges Auge bildet, in das Gutrune durch ein Fernrohr sieht. Das Auge ist der Anfang und das Ende. Am Anfang haben die Menschen die Welt, in die sie geworfen wurden, zu betrachten begonnen, nun haben sie sie erobert. Sucht Gutrune jetzt beim Publikum - im hell erleuchteten Theater – Unterstützung für eine bessere Zukunft?
Ein großer Abend - Schlüssige Inszenierung
Catherine Foster begeistert das Publikum. Es gelingt ihr, Glück und Traurigkeit Brünnhildes mit großer Innigkeit darzustellen. Überragend gestaltet sie den Schlussmonolog, den sie glühend aussingt. Lance Ryan kann seinen starken Tenor wunderbar schattieren und wandeln. Er zeigt glaubhaft die verunsicherten, verletzlichen Seiten des ebenso großen wie tumben Helden Siegfried auf. Das „Bayreuther“ Liebespaar überzeugte auch in Wiesbaden.
Thomas de Vries gibt einen vokal wuchtigen Zwerg Alberich mit überzeugender Intensität. Das Zwiegespräch mit Albert Pesendorfer gehört zu den Spitzenleistungen des Abends. Albert Pesendorfers körperlich und stimmlich überragender Hagen ist in seiner Gefährlichkeit glaubwürdig. Anfangs fast jovial, bald mit bröckelnder Fassade kann er seine Gier kaum verstecken.
Betsy Horn überzeugt gesanglich und darstellerisch mit ihrem klaren Sopran als glitzernd-lässige Gutrune, die zwar den Aufstieg will, aber die Dimensionen der Bosheit, die dazu gehören, nicht erreicht. Ihre Dritte Norn ist wunderbar einfühlsam. Johannes Martin Kränzles Stimme hat Kraft und Fundament. Seine differenzierte Darstellung des Gunther als Weichling wurde zu Recht stark bejubelt. Margarete Joswig sang sich als Waltraute mit ihrem sinnlich satten Mezzo in die Zuschauerherzen. Ihre Warnung an Brünnhilde ist eindrucksvoll.
Die drei Nornen, Margarete Joswig/ Erste Norn, Silvia Hauer/ Zweite Norn, Betsy Horn/ Dritte Norn agieren sehr weiblich, wunderbar kammermusikalisch, stringent und kompakt. Die drei Rheintöchter, gesungen von Heather Engebretson/ Woglinde, Marta Wryk/ Wellgunde, Silvia Hauer/ Flosshilde harmonieren wunderbar. Verrucht verführen sie Siegfried, gesanglich überzeugend gelingt es ihnen sogar, Hagen wasserlos zu ertränken.
Chor- und Extrachor des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden, bestens disponiert von Albert Horne, schenkt den Theaterbesuchern erlesenen Wagnergesang.
Zu Recht gefeiert wird das Staatsorchester unter der Leitung von Alexander Joel. Sein Dirigat ist ausgewogen und transparent. Mit seiner von dramatischen Zuspitzungen geprägten Interpretation leistet das Orchester Bemerkenswertes. Von düsterer Blechgewalt bis hin zu brillanten Violinen gibt es schöne Abstufungen der einzelnen Instrumentengruppen.
Gisbert Jäkel zeigt mit seinem klassisch-modern inspirierten Bühnenbild den Untergang unserer Zivilisation mit Nuklearraketen, Atompilzen und Naturkatastrophen. Ohne die Videos von Falko Sternberg wäre der Abend nicht zu denken. Um von Hoffnung und Enttäuschung, Traum und Wirklichkeit, Utopie und Untergang erzählen zu können, bedient er sich ideologischer digitaler Mittel. Manchmal irritieren sie allerdings durch ihre Beliebigkeit.
Die eleganten Kreationen von Antje Sternberg/Kostüme erweisen sich als echte Hingucker, wie auch die stilistisch passenden Mobiliar-Accessoires. Über die bewaffneten, Fähnchen schwenkende Mannen kann man hinwegsehen; gelungen, die attraktiven halbseidenen Rheintöchter des Etablissements „Zum Rheingold“.
Bravo-Rufe vor allem für Catherine Foster, Albert Pesendorfer, Johannes Martin Kränzle, das Staatsorchester und Alexander Joel. Mit rhythmischem Applaus zwangen die Besucher Dirigent und Sänger immer wieder vor den Vorhang.
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