Salzburg, Salzburger Festspiele, Wiener Philharmoniker - Herbert Blomstedt, Johannes Brahms – Felix Mendelssohn, IOCO

Salzburger Festspiele 2024: Im Zentrum stand das Licht. Liebevoll in klangliche Erfahrung gebracht, erstrahlte es im Rahmen des Auftritts des mittlerweile 97-jährigen Dirigenten Herbert Blomstedt am Vormittag des Konzerts im Großen Festspielhaus.

Salzburg, Salzburger Festspiele, Wiener Philharmoniker - Herbert Blomstedt, Johannes Brahms – Felix Mendelssohn, IOCO
Blick vom Turm der Franziskanerkirche © Tourismus Salzburg GmbH / G. Breitegger

Musik von Licht und Göttlichkeit

Herbert Blomstedt begeisterte mit berührenden Interpretationen der Werke von Brahms und Mendelssohn

von Marcel Bub

Im Zentrum stand das Licht. Liebevoll in klangliche Erfahrung gebracht, erstrahlte es im Rahmen des Auftritts von Herbert Blomstedt am Pult der Wiener Philharmoniker. Das Konzert im Großen Festspielhaus war Teil der Ouverture Spirituelle, einem der innovativsten und erfolgreichsten Formate der Salzburger Festspiele. Auf zurückhaltend zugewandte Weise berührte Blomstedt am 28. Juli 2024 mit Werken von Johannes Brahms und Felix Mendelssohn Bartholdy. Mit seinem feinen Gespür für die Aussagekraft und Fülle einer Komposition eröffnete der mittlerweile 97-jährige Dirigent an diesem Vormittag den Blick auf die den Werken innewohnende und klanglich vermittelte Schönheit.

Wiener Philharmoniker · Blomstedt 2024: Herbert Blomstedt (Dirigent), Wiener Philharmoniker © SF/Marco Borrelli

 Die Frage nach einem Darüberhinaus sprachlichen Ausdrucks stand im Zentrum dieses Konzerts. Beide Komponisten gehen ihr in ihren Werken je unterschiedlich nach. Brahms komponierte sein Schicksalslied op. 54 ausgehend von Friedrich Hölderlins Roman Hyperion. Es werde eine klare Perspektive derer dort oben und uns hier unten geschaffen, heißt es im Programmheft, ein Gegensatz, der sich nicht auflöse. Zarte Streicher, die den sich langsam aber stetig aufbauenden Orchesterklang einleiteten, gestalteten den Auftakt zu Brahms träumerisch machtvollen Werk. Voller Liebe und Achtung für die Musik leitete Blomstedt die Wiener an. Seine Bewegungen waren streichend sanft und transportierten in jeder Nuance wertschätzende Klarheit. Mit einem Lächeln im Gesicht formte Blomstedt ein dynamisch komplexes Klanggebilde und ließ die Musik erstrahlen. Dem routinierten Spiel des etablierten Orchesters schlossen sich bald die kräftigen Stimmen des Wiener Singvereins an. Das Programm dieses Konzerts studierte mit dem Chor Johannes Prinz ein.

Die sich sinnend erinnernde Ruhe des Anfangs, in der das Streben zu Größerem sich klanglich bereits andeutete, ging bald in monumentalen Chorgesang über. Ein höheres Sein, welches sich bei Hölderlin nur angedeutet hat, wollte Brahms in seiner Komposition zur Geltung bringen. Einnehmend und umfassend ließ Blomstedt dieses sakrale Gebilde entstehen. Orchester und Chor präsentierten dem Publikum einen kraftvoll im Raum stehenden Klang voller Opulenz und Strahlkraft. Stetig formend und subtil gestaltend leitete Blomstedt weiter durch das Werk und schließlich das sich allem enthebenden Adagio ein.

Wiener Philharmoniker · Blomstedt 2024: Elsa Benoit (Sopran II), Christina Landshamer (Sopran I), Herbert Blomstedt (Dirigent), Tilman Lichdi (Tenor), Wiener Philharmoniker, Wiener Singverein © SF/Marco Borrelli

 „Alles, was Odem hat, lobe den Herrn!“, sind die ersten Worte Mendelssohns Lobgesang op. 52. Sie folgen auf die drei Sätze einer imposanten Sinfonia. „Alles! Bei Hölderlin wird es großgeschrieben – bei Mendelssohn groß besungen, strahlend gleich zu Beginn“, wird im Programmheft ausgeführt. Was hier zum Ausdruck kommt, ist Glaubensgewissheit als musikalisches Bekenntnis. Kraftvoll und zugewandt leitete Blomstedt in den zweiten Teil des Konzerts. Die Wiener Philharmoniker und der Wiener Singverein präsentierten auch hier einen Mendelssohn strahlender Sakralität und Klanggewalt. Eine in ihrem Charakter klassische Interpretation wurde souverän dargeboten. Und doch kam es immer wieder zu Momenten verspielter Innovation, eingeleitet durch Blomstedts sanft insistierendes Dirigat.

Mit nuancierter Strahlkraft und klanglicher Ausgewogenheit überzeugten die Sopranistinnen Christina Landshammer und Elsa Benoit. Tilman Lichdi bot den Tenorpart fein modulierend und mit energetischem Pathos dar. Dynamisch intelligent fügte Blomstedt die Stimmen in den umfassenden Klang von Orchester und Chor ein. Individuelles fand hier seinen Platz und konnte in der nach vorne und nach oben drängenden Macht des Gesamtklangs zur Geltung kommen. Glanz und glaubende Festlichkeit des Werks von Mendelssohn kamen bei dieser Aufführung auf beeindruckende Weise zum Tragen.

Direkt nach dem letzten Ton setzte der Applaus des begeisternden Publikums ein. Viel Wertschätzung konnte während dieses Konzerts erlebt werden. Bereits zu Beginn wurde Blomstedt mit herzlichem Jubel begrüßt. Nach der Aufführung reichte bereits eine kleine Verneigung des großen Meisters in Richtung des Saals, damit der Applaus in freudiges Jubeln und stehende Ovationen überging. Erleben zu können, wie dieser große Künstler, die Schönheit und Tiefe einer Komposition herausarbeitet und dabei auf zugewandt herzliche Art seinen Musiker·innen begegnet, war immer schon ein großer Genuss, so auch an diesem Tag.