Reinhard Krauß, Kammervirtuose - Abschied mit Uraufführung, IOCO Personalie, 14.05.2022
Sächsische Staatskapelle Dresden
Reinhard Krauß - Kammervirtuose, Konzertmeister - Sächsische Staatskapelle
- Nach 44 Jahren Staatskapelle - Abschied mit einer Uraufführung -
von Marianne / Thomas Thielemann
Im Mittelpunkt des 4. Aufführungsabends der Sächsischen Staatskapelle stand ein Musiker, der seit 44 Jahren ein Pult des Orchesters stets zuverlässig, immer freundlich-lächelnd und mit hoher Qualität spielend besetzte: der Kammervirtuose und Konzertmeister der 2. Violinen Reinhard Krauß. Seit dem Jahre 1978 zunächst achtzehn Jahre bei den ersten Violinen, war Krauß seit 1995 als der Konzertmeister der zweiten Geigen im Orchester der Sächsischen Staatskapelle präsent.
Vom legendären Herbert Blomstedt engagiert, hat er unter Guiseppe Sinopoli, Bernard Haitink, Colin Davis, Fabio Luisi, Christian Thielemann sowie vielen Gastdirigenten unzählige Sternstunden der Staatskapelle mitgestalten dürfen und manchen Skandal mit erleben müssen.
Für seinen Abschied aus der Staatskapelle hat ihm der Dresdner Komponist Jörg Herchet das „Konzert für Violine, Alt-Stimme und Orchester“ gewidmet, dass am Konzertabend seine Uraufführung mit dem Solisten Kammervirtuosen Reinhard Krauß und der Solistin Kammersängerin Christa Mayer erlebte.
Die Sächsische Staatskapelle dirigierte Gaetano d´Espinosa.
Das Gleichnis vom Sämann aus dem Matthäus-Evangelium war die Grundidee der Komposition: als der Sämann die Samenkörner ausbrachte fielen einige auf den Weg, einige fraßen die Vögel, andere fielen auf Felsiges, wo wenig Erde war, so dass kaum Wurzeln entstanden und das Gekeimte vertrocknete. Auch fielen einige in die Dornen, die aufkeimende Frucht erstickten. Aber viele fielen auf die gute Erde und gaben Frucht. Wachsend, aufsteigend trug eines dreißig, eines sechzig und eines hundert aus einem Korn.
Aus dem Keimen, dem Wachsen des ausgebrachten Saatgutes, dem Grundthema des Werkes, dem Solo-Violinenpart Reinhard Krauß entwickelten sich drei von der warmen Altstimme Christa Mayers kraftvoll vorgetragene, vom Solo und dem Schlagzeug kommentiert, Textsegmente des Berliner Lyrikers Jörg Milbradt.
Die Instrumentengruppen des Orchesters folgten den von der Solo-Violine vorgegebenen Strukturen in individuellen Entfaltungen und Ausformungen, was zunehmend zur Auflösung der Gliederung führte, teils scheinbar chaotisch, teils trügerisch geordnet. Die Vielfältigkeit von Entwicklungen, die Zufälligkeiten von Wachstum und die begrenzten Planungsmöglichkeiten wurden bildhaft verdeutlicht.
Zum Ausklang des Werkes übernahm der Solist, unterstützt von Oboe und Schlagzeug wieder die Führung, um sich über einen Klagegesang der Altstimme den Klängen den Anfängen des Werkes erneut zu nähern.
Lang anhaltende Ovationen, deren Intensität vor allem der Beliebtheit der beiden Solisten zu verdanken sein dürfte, folgten der Uraufführung
Wünschenswert bleiben weitere Aufführungen der Komposition des 1943 in Dresden geborenen Jörg Herchets, um den doch dichten Höreindruck der Erstaufführung zu festigen und das Dirigat von Gaetano d´Espinosa würdigen zu können.
Eingerahmt war das Violinkonzert von Edward Elgars „Streicherserenade e-Moll op. 20“ und Georges Bizets „Symphonie Nr. 2 C-Dur-´Roma´“.
Für Gaetano d´Espinosa war es sein Debüt als Konzertdirigent der Staatskapelle, obwohl er seit längerem mit dem Haus verbunden ist. Denn er war über Jahre der stellvertretende Konzertmeister der 1. Violinen des Orchesters und hatte bereits im vergangen Jahr Bellinis Norma aus dem Graben heraus geleitet.
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Eine persönliche Anmerkung liegt uns auch am Herzen:
Uns (Marianne / Thomas Thielemann) verbindet mit Reinhard Krauß eine intensive Begegnung bei einem Abendessen der Freunde der Sächsischen Staatskapelle während der Salzburger Osterfestspiele in Salzburg mit Musikern des Orchesters. In Erinnerung ist uns Krauß als fröhlicher, kommunikativer und bescheidener Musiker. Er plauderte ungezwungen und herzlich. Man konnte auch diffizile Fragen stellen; man hat nie den Eindruck, ihn zu belästigen.
Dies konnten wir auch feststellen, als wir danach in Dresden mit ihm einen Informationsaustausch über ein beiderseits interessiertes Thema per Mail hatten. Sein künstlerisches Können, sein unkompliziert bescheidenes Wesen werden uns unvergesslich bleiben. Das Abschiedskonzert hat uns sehr berührt, so dass nur noch der Wunsch bleibt, ihn immer wieder bei Kammerkonzerten zu erleben. Der Sächsischen Staatskapelle wird er fehlen.
Wir wünschen Reinhard Krauß von Herzen Gesundheit und einen kreativen, unruhigen Ruhestand
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