Tallinn, Estland, DIE WINTERREISE - Fr. Schubert, IOCO

KONZERTREISE: Die Ostsee-Kreuzfahrt mit der MS EUROPA ging weiter von Stockholm, Schweden, nach Tallinn, Estland, und die exklusiven Festival-Konzerte wurden am 7. September fortgesetz

Tallinn, Estland, DIE WINTERREISE - Fr. Schubert, IOCO
MS Europa @ Hapag Lloyd Cruises

„OCEAN  SUN  FESTIVAL“  2024  auf  der  MS  EUROPA - Franz Schubert, „DIE WINTERREISE“ - Tallinn,  7. September 2024

Die Ostsee-Kreuzfahrt mit der MS EUROPA ging weiter von Stockholm, Schweden, nach Tallinn, Estland, und die exklusiven Festival-Konzerte wurden am 7. September fortgesetzt mit Franz Schuberts bekanntem Liederzyklus „Die Winterreise“, szenisch aufgeführt in der 'Europa Lounge', dem großen Theatersaal der MS EUROPA in einer außergewöhnlichen und beeindruckenden Choreographie von Andreas Heise, die er für die Sopranistin Juliane Banse und den Ballett-Tänzer Istvan Simon erschaffen hatte.

Der Pianist Alexander Krichel bestach durch seine leicht fließende, schwebende Interpretation von Franz Schuberts wunderbarer Musik und war der Sopranistin stets ein aufmerksamer Begleiter.

Durch ihre sensible Interpretation und nuancenreiche Gestaltung gelang es ihr, jedes Lied zu einem eigenen kleinen Kunstwerk zu stilisieren. Jedes dieser 24 Lieder stattete sie mit ganz speziellen Emotionen aus, und da Juliane Banse in ihrer Jugend auch Ballettunterricht erhielt, war sie in puncto visuelle, tänzerische Gestaltung und körperlichem Ausdruck eine ideale Partnerin für den Tänzer Istvan Simon, der mit seiner geschmeidigen, sogar teilweise akrobatischen Darbietung die Gefühlsregung, die Euphorie und die Betroffenheit vieler dieser Lieder noch verdeutlichen konnte.

Franz Schuberts „Winterreise zählt zu den wohl beliebtesten und am meisten aufgeführten Liederzyklen. Diese „Winterreise“ beschreibt sowohl das Ende einer Liebe als auch das Ende eines Lebens. Die Grundstimmung der meisten dieser Lieder ist von Melancholie, Einsamkeit und Trauer geprägt, beginnend mit „Gute Nacht“ und endend mit dem „Leiermann“. Doch in manchen Liedern entdecken wir trotz aller Sentimentalität noch etwas Hoffnung, Heiterkeit und Optimismus.

Lieder wie „Die Wetterfahne“, „Rückblick“, „Der stürmische Morgen“ gerieten sowohl gesanglich als auch von der Choreographie her dramatisch temperamentvoll, während „Frühlingstraum“, „Die Post“, oder auch „Mut“ eher beschwingt, fröhlich und hoffnungsvoll wirkten.

Bei den „Gefrorenen Tränen“ spürte man die Verzweiflung ebenso wie bei der „Einsamkeit“ oder bei „Der greise Kopf“.

„Der Lindenbaum“ - Am Brunnen vor dem Tore -, das bekannteste Lied aus diesem Zyklus, hatte schon bald Volkslied-Status erreicht. Äußerst gefühlvoll, voller Melancholie und wunderbar differenziert mit samtenem Tiefenregister gelang Juliane Banse hier, wie auch bei „Letzte Hoffnung“ und „Die Nebensonne“, eine vollendete Interpretation.

Frenetischen Beifall gab es am Ende dieses besonderen Events sowohl für die drei Protagonisten als auch für den Choreographen.

Franu Schubert Wien @ IOCO

 „Rund um Clara Schumann“ - Kalmar, 9. September 2024

Zurück nach Schweden ging es über Visby/Gotland nach Kalmar, wo uns im Rahmen des „Ocean Sun Festival“ am 9. September das nächste Konzert-Ereignis erwartete. Das Motto „Virtuosität und Eleganz weiblicher Ausnahmetalente der Klassik“ paßte an diesem Abend sowohl zu dem gebotenen Programm, nämlich das „Klaviertrio in g-moll, op. 17“ von Clara Schumann (1819-1896), und 3 Stücke von Pauline Viardot-García (1821-1910) aus „6 Morceaux“ VWV 3303, aber auch die beiden ausführenden  Künstlerinnen, die Cellistin Raphaela Gromes und die Violinistin Ye-Eun Choi erwiesen sich als virtuose Ausnahmetalente der Klassik.

In Clara Schumanns einzigem Kammermusikwerk, dem „Klaviertrio in g-moll“ boten die beiden Damen, gemeinsam mit dem Pianisten Julian Riem ein mitreißendes, herrlich melodiöses 'Allegro moderato' und ein romantisches, melancholisch klingendes 'Andante'.

JULIANE BANSE  mit dem Tänzer ISTVAN SIMON und dem Pianisten ALEXANDER KRICHEL - Copyright Wolfgang Radtke

 Die französische Komponistin Pauline Viardot-García dürfte bei uns relativ unbekannt sein. Sie entstammt einer Musikerfamilie, ihr Vater war Tenor, die Mutter ebenfalls Sängerin, ihre Schwester war die berühmte Maria Malibran. Nach deren frühem Tod sollte Pauline die Familientradition fortsetzen und ebenfalls Sängerin werden. Sie begann ihre Karriere als Mezzosopranistin im Alter von erst 17 Jahren, sang an vielen bedeutenden Opernhäusern, hatte sich jedoch bereits mit 22 ihre Stimme ruiniert. Mit 19 hatte sie ihren Manager, den 21 Jahre älteren Louis Viardot geheiratet, mit dem sie in Baden-Baden und später in Paris lebte. Hier erwarb sie sich einen Ruf als gefragte Gesangspädagogin, begann zu komponieren und förderte junge Musiktalente wie Charles Gounod, Gabriel Fauré und Camille Saint-Saens.

Aus ihrer Komposition „6 Morceaux“ wählten unsere Protagonisten drei Stücke aus, die beschwingte „Bohemienne“, die gefühlvolle „Romance“, und die spanisch-folkloristische „Tarantelle“.

Clara Schumann @ IOCO

 „Rund um Clara Schumann“ ist die Überschrift dieses Konzertabends, und da auch Johannes Brahms (1833-1897) ein enger Freund Clara und Robert Schumanns gewesen ist, stand als nächstes Brahms' „Violinsonate Nr. 1, G-Dur, op. 78“ auf dem Programm, und zwar der erste Satz 'Vivace ma non troppo'. Hier reüssierte vor allem Ye-Eun Choi mit träumerisch gefühlvollen, sanft aufblühenden Melodiebögen.

Doch nicht nur Brahms war ein enger Freund des Schumanns, auch Felix Mandelssohn-Bartholdy (1809-1847) zählte zu deren engerem Freundeskreis, und so boten unsere drei Protagonisten auch aus seinem „Klaviertrio Nr. 1, d-Moll, op. 49“ den ersten Satz 'Molto allegro ed agitato', mit dem Cello und der Violine in wunderbarem Einklang, während das Piano im Verlaufe mit aufwühlenden Passagen dramatische Akzente setzte.

In einem Konzert „Rund um Clara Schumann“ darf auch der Ehemann nicht fehlen, und so spielte man als Zugabe Robert Schumanns dritte von vier „Märchenerzählungen“, träumerische Klänge mit sanft dahin fließendem Piano, schmelzender Violine und einer dezenten Untermalung durch das Cello. Ein herrlich schlichtes Stück, mit dem auch dieses wunderbare Konzert zu Ende ging und die dankbaren Besucher in den kühlen Abend entlassen wurden.

 

„FEMME FATALE  oder  FEMMES FATALES ?“ - Danzig, 10. September 2024

Weiter ging die Reise von Kalmar nach Danzig. Das letzte Konzert dieses „Ocean Sun Festivals“ bestritten am 10. September die Saxophonistin Asya Fateyeva und die Pianistin Valeriya Myrosh im großen Salon „Belvedere“ der MS Europa. Sie gaben ihrem Konzert den Titel „Femme fatale  oder  Femmes fatales ?“ und stellten uns zunächst die beiden französischen Komponistinnen Paule Maurice (1910-1967) und Fernande Decruck (1896-1954) vor, die beide speziell Werke für Saxofon komponiert hatten.

Cellistin RAPHAELA GROMES (rechts) mit Violinistin YE-EUN CHOI und Pianist JULIAN RIEM - Copyright Wolfgang Radtke

Die bekannteste Komposition von Paule Maurice sind die „Tableaux de Provence“ für Saxophon und Orchester, es wird jedoch meistens, wie auch hier, nur mit Klavierbegleitung aufgeführt. Es ist eine Programm-Suite und beschreibt die Kultur, die Landschaft und das bunte Leben in der Provence, und es war faszinierend anzuhören, wie beide Künstlerinnen diese Stimmungen mit ihren Instrumenten einfangen konnten. Der erste Satz ist das beschwingte „Farandoulo des jeunes filles“, der zweite Satz „Chanson pour m'amie“ klang fast mystisch. Der dritte Satz „La bohemienne“ (Die Zigeunerin) erinnerte sehr an Kurt-Weill-Kompositionen. Im vierten Satz „Des alyscamps l'amo souspire“ (Ein Seufzer auf der Seele) überwogen die traurigen Momente, und im fünften Satz „Lou Cabridan“ (Die Hornisse) vollbringen sowohl Saxophon als auch Piano dynamische Tonfolgen fast wie beim Hummelflug.

Fernande Decruck war eine begnadete Pianistin und Organistin. Am Konservatorium in Toulouse hatte sie eine Professur für Harmonielehre. Sie war verheiratet mit dem Saxophonisten Maurice Decruck, und so blieb es wohl nicht aus, daß sie zahlreiche Werke für Saxophon mit Orchester oder Klavier komponierte.

Die „Sonate in cis-moll“ ist das bekannteste Werk von Fernande Decruck. Es berührt durch eine unterschwellige Tristesse, die dieser Komposition in jedem der vier Sätze zugrunde liegt und die durch das Alt-Saxophon wunderbar stimmungsvoll zum Ausdruck gebracht wird. Der erste Satz, „Trés modéré, expressif“, mit seinem bedeutungsschwangeren Beginn und der teils dramatischen Klavieruntermalung, die Melancholie in „Noel“, dann plötzlich leichte, verspieltere Klänge im dritten Satz, „Fileuse“, und schließlich „Nocturne er Rondel“, in welchem das Saxophon einen besonders warmen, wohligen Klang zaubert. All' dies macht Lust, mehr von dem Schaffen der  Fernande Decruck zu entdecken und kennenzulernen.

Damit bei diesem „Femmes fatales“-Konzert auch die Männer nicht unberücksichtigt bleiben sollen, hatten Valeriya Myrosh und Asya Fateyeva für den letzten Teil ihrer Darbietung George Gershwin (1898-1937) ausgewählt und seine „Three Preludes“ für Klavier mit jazzigem Saxophon angereichert..

Das erste Präludium, „Andante ben ritlato e deciso“, ist ein heiteres Stück mit schwungvollen Melodien und von lebhaftem Rhythmus. Das zweite,“Andante con moto e poco rubato“, mit seiner sanften Eleganz klingt eher melancholisch, während das dritte Präludium äußerst lebhaft und energiegeladen daherkommt und nahezu Ragtime-mäßig swingt, was durch die wilden Saxophon-Klänge noch einen ganz besonderen Reiz erfuhr. 

Ohne eine Zugabe wurden Asya Fateyeva und Valeriya Myrosh von dem begeisterten Publikum nicht entlassen, und so würdigten sie zum Abschluß dieses „Femmes fatales“-Konzertes eine weitere „Femme fatale“, nämlich Georges Bizets „Carmen“, indem sie die schönsten Melodien hieraus in den herrlichsten Jazz-Variationen präsentierten.

Einen schöneren Ausklang dieser wunderbaren Kultur-Reise auf der MS EUROPA konnte man sich nicht wünschen.