Lübeck, Theater Lübeck, TRISTAN UND ISOLDE - R. Wagner, IOCO
![Lübeck, Theater Lübeck, TRISTAN UND ISOLDE - R. Wagner, IOCO](/content/images/size/w1200/2025/02/TL_2024_25_Tristan-und-Isolde_I_KHP_280--c--Jochen-Quast.jpg)
02. 02.2025 Premiere
Einen grandiosen Theaterabend erlebte das Lübecker Publikum am Sonntag dem 02. Februar mit der Premiere von Richard Wagners tragisch-romantischer Oper „Tristan und Isolde“.
In eine Tristan-Vorstellung geht man stets mit einer gewissen hohen Erwartungshaltung. Schließlich bezeichnete Richard Strauss diese Oper als „höchste Erfüllung der 2000-jährigen Geschichte des Theaters“, und für Giuseppe Verdi war die hoch emotionale Musik des „Tristan“, und hier insbesondere der zweite Akt, „eine der sublimsten Schöpfungen des Geistes, die jemals geschaffen wurde“.
Die hohen Erwartungen wurden keinesfalls enttäuscht, denn musikalisch und szenisch paßte alles wunderbar zusammen. Der Lübecker GMD Stefan Vladar breitete mit seinem auf allerhöchstem Niveau spielenden Philharmonischen Orchester einen wunderbaren Klangteppich aus, klar und transparent blühten die unendlichen Melodien und die herrlichen Motive auf. Äußerst feinfühlig in seiner Interpretation, und hier ganz besonders im zweiten Akt während des Liebesduetts, sowie mit angemessenen Tempi, nicht zu schnell und nicht zu langsam, dennoch zügig, gelang es ihm, die hohe Emotionalität von Wagners Musik bis hin zur sanften Erotik kongenial und beeindruckend nachzuzeichnen – eine Musik teilweise voller rauschhafter, verführerischer Sinnlichkeit, der man sich nicht entziehen kann, der man sich nur allzu gern hingibt, und so verwunderte es auch nicht, daß der Dirigent und das Orchester vonseiten des Publikums bereits nach dem ersten und zweiten Akt mit Ovationen bedacht wurden.
Regisseur Stephen Lawless ist seit vielen Jahren ein gern gesehener Gast am Lübecker Theater. Nach den Benjamin-Britten-Opern, dem „Figaro“, und nach seiner phantastischen Inszenierung von Händels „Semele“ im November 2024 hat er sich nun Wagners „Tristan“ angenommen und erzählt uns diese tragische Liebesgeschichte. Während der Ouvertüre hebt sich der Vorhang kurz und wir sehen als Vorgeschichte den verletzten Tristan, der zuvor Isoldes Verlobten Morold getötet hatte. Isolde, in Heilungskünsten bewandert, pflegt Tristan, erkennt jedoch in ihm den Mörder ihres Verlobten, will ihn mit dem Schwert töten, doch beim Blick in seine Augen verliebt sie sich in ihn.
Als schlichtes und dennoch eindrucksvolles Einheitsbühnenbild, von Frank Philip Schlößmann entworfen, sehen wir das in Grautönen gehaltene Schiffsinnere, links und rechts je zwei große Sessel mit blaugrauen Decken, einen großen Schrankkoffer sowie einen kleinen Kasten mit Isoldes Medizinfläschchen. Eine Stahltreppe rechts führt hinauf aufs Schiffsdeck. Während der drei Akte wird die Rückwand und ein Teil des Bühnenbodens auseinander gefahren, je nachdem, ob zwischen Tristan und Isolde gerade Distanz oder Annäherung herrscht. Dementsprechend ward die Bühne in fahles blaues Licht getaucht oder stimmungsvoll rötlich wie etwa im zweiten Akt, auch wurden auf die Bühnenrückwand die Meereswellen, mal sanft, mal orkanartig projiziert, die den dramatischen Ablauf der Handlung noch unterstreichen sollten (Lichtregie von Falk Hampel, Videos von Andreas Beer).
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Eine gelungene Idee war es, während des Liebesduetts im zweiten Akt die Spielfläche mit den beiden Liebenden nach hinten zu fahren und Brangäne über die vordere Bühne ganz langsam von links nach rechts schreiten zu lassen, während sie „Einsam wachend in der Nacht“ sang.
In Ric Furman und Lena Kutzner hat das Lübecker Theater zwei wunderbare junge Protagonisen für die Titelpartien gefunden. Ric Furman war ein großer schlanker Tristan im blauen Fischerhemd von sympathischer Ausstrahlung und authentischer Darstellung. Er verfügt über einen klaren frischen jugendlichen Heldentenor, den er technisch perfekt führt, mit dem er sich ohne Anstrengung gegen das große Orchester durchsetzen und diese lange Partie mühelos bis zum Ende durchstehen konnte.
Lena Kutzner gefiel bereits in der vergangenen Spielzeit in der „Elektra“-Neuproduktion als Chrysothemis. Nun gab sie ihr rundherum überzeugendes Rollendebüt als Isolde im bordeauxfarbenen Kleid, bestach wiederum mit ihrem strahlenden dramatischen Sopran, dem problemlosen glanzvollen Höhenregister, ihrem charmanten, gewandten Spiel sowie in den emotionalen Szenen und Duetten mit ihrem Tristan bis hin zu ihrem beseelten Schlußgesang.
Marlene Lichtenberg als besorgte Brangäne, Freundin und Vertraute Isoldes, gestaltete ihre Partie mit bezwingender Intensität im ersten Akt und hatte ihren großen Moment vor allem auch szenisch im zweiten Akt während „Einsam wachend … habet acht“.
Eine Überraschung war Steffen Kubach in der Partie des Kurwenal, den er stimmlich großartig mit seinem ebenmäßig geführten Bariton meisterte und auch darstellerisch eindringlich interpretierte, insbesondere in seiner Szene gegen Ende mit dem sterbenden Freund Tristan.
Runi Brattaberg hatte seit dem Vormittag mit einer starken Erkältung zu kämpfen, und so ist es ihm zu danken, daß er dennoch den König Marke sang, so gut es eben ging, um diese Premiere zu retten.
Gleich drei Partien hatte der lyrische Tenor Noah Schaul zu bewältigen: als Tristans falscher Freund Melot, sowie als Hirt und als junger Seemann, während Viktor Aksentijevic in der kleinen Partie des Steuermann immerhin durch seine Uniform auffiel.
Diese Neuinszenierung von „Tristan und Isolde“ war einfach packend, fesselnd und faszinierend, und so gab es am Schluß nicht enden wollende Ovationen für Regisseur Stephen Lawless, für Stefan Vladar und sein hervorragend aufspielendes Orchester, sowie für sämtliche Mitwirkenden, ganz besonders jedoch für Lena Kutzner und Ric Furman für ihre glanzvollen Leistungen an diesem denkwürdigen Abend.