Lübeck, Theater Lübeck, DAS DSCHUNGELBUCH - Oper von Giovanni Sollima, IOCO Kritik, 29.06.2023

Lübeck, Theater Lübeck, DAS DSCHUNGELBUCH - Oper von Giovanni Sollima, IOCO Kritik, 29.06.2023
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Theater Lübeck

Theater Lübeck © Olaf Malzahn
Theater Lübeck © Olaf Malzahn

DAS DSCHUNGELBUCH - Oper von Giovanni Sollima

- packender Rummel im Lübecker Dschungel -

von Wolfgang Schmitt

Wer kennt es nicht, das 1894 von Rudyard Kipling geschriebene Dschungelbuch, die Geschichte von dem kleinen Waisenkind Mogli, der im Dschungel von Akela und seinen Wölfen aufgezogen wird, der sich vor dem Tiger Shir Khan in acht nehmen muß, und vor diesem von Balu dem Bären und Baghira dem schwarzen Panther beschützt wird. Mogli spielt gern mit den Affen im Dschungel, doch diese entführen ihn und bringen ihn in die Verlorene Stadt zu Gurilla, dem Anführer der Affen, der von dem Menschenkind Mogli wissen will, wie man Feuer macht. Die Verlorene Stadt besteht aus Müll und Abfällen. Balu und Baghira gelingt es mit Hilfe der Schlange Kaa, dort einzudringen und  Mogli zu befreien.

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Vielfach wurde das Dschungelbuch verfilmt, die beliebteste Verfilmung ist jedoch Walt Disneys Zeichentrick-Version aus dem Jahre 1967.

Nun hat das Dschungelbuch auch seinen Weg auf die Opernbühne gefunden. Giovanni Sollima ist ein 1962 in Palermo geborener italienischer Komponist und bekannter Cellist, der sein Werk als Comic-Oper bezeichnet. Man kann ihn charakterisieren als einen musikalisch freigeistigen Grenzgänger zwischen verschiedenen Stilen und unterschiedlichen Genres, von Kammermusik bis zu Orchesterwerken und Opern.

Theater Lübeck, DAS DSCHUNGELBUCH hier das Ensemble © WOLFGANG RADTKE
Theater Lübeck, DAS DSCHUNGELBUCH hier das Ensemble © WOLFGANG RADTKE

Sein Kompositionsstil ist stark beeinflusst durch Jazz, Pop und Rock, durch die Folklore seiner sizilianischen Heimat, und durch den Minimalismus eines Philip Glass, denn auch seine Kompositionen implizieren eher schlichte Melodien und sich häufig wiederholende Strukturen.

Das Dschungelbuch ist seine erste Opernkomposition. Sie klingt eingängig, harmonisch, manche Passagen wirken exotisch, orientalisch. Für Mogli hat er einige schöne Koloratur-Arien geschrieben, in denen Natalya Bogdanova mit ihrem glasklaren lyrischen Sopran und vielen makellosen, funkelnden Spitzentönen brillierte.

Das Philharmonische Orchester der Hansestadt Lübeck, besuchte Vorstellung 24.6.2023, wurde umsichtig geleitet von Jan-Michael Krüger, der gleich mit Schwung und Temperament loslegte und eine niemals nachlassende Spannung über die insgesamt knapp 65 Minuten Spieldauer bravourös durchhielt. Dröhnende Urwald-Trommeln, eine Flöte wie bei einer indischen Schlangenbeschwörung, dazu die Streichinstrumente, mal sanft, mal forsch, manchmal Klänge wie von einer Sitar, und die Bläser, die dramatische Akzente setzen. All dies, in einer gewissen Schlichtheit und dennoch aufwühlend, machte diese Darbietung zu einem ganz speziellen Klangerlebnis.

Die aufregende Inszenierung stammte von Pier Francesco Maestrini, der auch das Libretto schrieb (die deutsche Übersetzung besorgte Ulrich Frey). Den auf der Bühnenrückwand laufenden herrlich bunten Comicfilm, der uns in den grünen Urwald führt, bevölkert von Rotfell-Makaken, mit Palmen und Lotusblumen, einem Seerosenteich, hohen Bananenstauden, oder in die Verlorene Stadt mit den Müllhalden, entwickelte der Cartoonist Joshua Held und die Kostüme entwarf Luca dall'Alpi. Die Sänger, gekleidet in bunte indische Anzüge mit Turban, hatten die beweglichen mannshohen Tierfiguren vor dem Körper geschnallt und waren gleichzeitig die Puppenspieler.

Theater Lübeck, DAS DSCHUNGELBUCH hier das Ensemble © WOLFGANG RADTKE
Theater Lübeck, DAS DSCHUNGELBUCH hier das Ensemble © WOLFGANG RADTKE

Gesungen wurde ausgezeichnet, nicht nur von der bereits erwähnten Natalya Bogdanova, die den Mogli auch hinreißend darstellte, auch die weiteren Solisten gingen hoch engagiert in ihren Rollen auf. Der Bariton Andreas Lettowsky als gutmütiger Bär Balu, die Mezzosopranistin Milena Juhl als der um Mogli besorgte schwarze Panther Baghira, der Bariton Beomseok Choi als der bösartige Tiger Shir Khan, der Bariton Laurence Kalaidjian als Gurilla, der Anführer der Affen und Herrscher über die Verlorene Stadt, der von Mogli erfahren will, wie die Menschen das Feuer beherrschen; der lyrische Tenor Noah  Schaul zunächst als der Leitwolf Akela, dann als die Schlange Kaa, schließlich die beiden Luft-Akrobatinnen Clara Brauer und Caroline Stein als Makaken, Rotfell-Affen, die nicht nur Kunststücke an den Seilen vorführten, sondern auch wild um sich schreiend den gesamten Dschungel aufmischten.

Und die Moral von der Geschicht', so heißt es im Text: „Vieles hat der Mensch erschaffen, dieser Seltsamste der Affen. Doch es liegt an uns allein – an unseren Herzen, unseren Händen, wie das Feuer wir verwenden“.

Diese wunderbare Dschungelbuch-Inszenierung, diese „Oper für Groß und Klein“, ist eine Koproduktion der Theater Kiel und Lübeck sowie dem Teatro Regio di Parma und dem Teatro Coccia Onlus in Novara, Italien. Die Uraufführung fand am 2. Oktober 2020 in Kiel statt. Nachdem die Produktion nun auch in Theater Lübeck abgespielt ist, wird Parma die nächste Station sein.

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