Hamburg, Staatsoper, TURANDOT - Giacomo Puccini, IOCO
Derzeit laufen an der Hamburgischen Staatsoper, wie in jedem Jahr im März-April, die TURANDOT, Hamburg: „Italienischen Opernwochen“. Begonnen wurden diese mit Il Trovatore, mit Tosca und Lucia di Lammermoor. Weiter geht es nun mit Turandot, und Cavalleria rusticana / I Pagliacci.
von Wolfgang Schmitt
Derzeit laufen an der Hamburgischen Staatsoper, wie in jedem Jahr im März-April, die „Italienischen Opernwochen“. Begonnen wurden diese mit der Neuinszenierung Il Trovatore sowie mit Aufführungsserien von Tosca und Lucia di Lammermoor. Weiter geht es nun mit Turandot, und Cavalleria rusticana / I Pagliacci.
Die am 31.3.2024 besuchte, recht traditionell wirkende, durchaus spannende Turandot-Inszenierung von der koreanischen Regisseurin Yona Kim in dem schlichten, in schwarz gehaltenen Bühnenbild von Christian Schmidt mit den Schiebewänden zur erhöhten Hinterbühne, auf der sich die prunklosen Räume von Altoum und Turandot befinden, sowie den Video-Projektionen von Philip Bußmann, lebt in erster Linie vom stets dominanten, stimmgewaltigen Chor. Turandot ist eben auch eine Chor-Oper, denn in keiner seiner anderen Opern hat Puccini dem Chor eine derart vorherrschende Rolle zugedacht. In dieser Wiederaufnahme am 31. März war er – gekleidet in Uniformen und schwarzen Abendanzügen – großartig disponiert und von Eberhard Friedrich bestens vorbereitet, sang wunderbar präzise, klangschön und dramatisch auftrumpfend, und trug auch bewegungstechnisch wesentlich zum Gelingen dieser erstklassigen Vorstellung bei.
Unter dem bewährten, glänzend kontrollierten Dirigat von Daniele Callegari lief das Philharmonische Orchester zu absoluter Hochform auf. Es musizierte hochkonzentriert mit unglaublicher Intensität und instrumentaler Differenziertheit, dramatisch packend besonders auch in der Rätselszene. Man merkte, daß die Chemie zwischen diesem Orchester und diesem Dirigenten stimmt, denn nach der Pause gab es minutenlangen frenetischen Beifall nicht nur des Publikums, sondern auch vom Orchester für ihren Dirigenten und von diesem für seine Musiker. So etwas hat man in de Hamburger Staatsoper seit langem nicht mehr erlebt.
Ewa Plonka gab an diesem Abend ihr Hamburg-Debüt als 'eisumgürtete' chinesische Prinzessin Turandot, und sie war höchst beeindruckend gleich in ihrer fast bedrohlich klingenden Arie „In questa Reggia“, die sie mit alles überstrahlendem hellem Sopran und absolut passend mit kaltem, schneidendem, stählernem Ausdruck gestaltete. In der Mittellage und im unteren Bereich konnte sie ihrer dramatischen Stimme dunklere, wärmere Farben abgewinnen, hier insbesondere während der Rätselszene und beim Schlußduett mit Calaf. Gewandet in schwarz-roter oder schwarz-goldener Robe (Kostüme von Falk Bauer) wirkte sie attraktiv, wunderbar anmutig und bühnenpräsent, schauspielerisch von der Personenregie her jedoch eher dezent.
Wie schon bei der Premiere war Gregory Kunde auch jetzt wieder der Calaf, präsentierte seinen noch immer klangschönen kraftvollen Tenor mit strahlender Höhe. Kleinere Intonationstrübungen und ein leichtes Vibrato taten dem ansonsten glänzenden Gesamteindruck seiner Leistung keinen Abbruch, und so erntete er nach „Nessun dorma“ minutenlange Ovationen.
In der Partie der Liu debütierte eine junge Sängerin aus Guatemala, Adriana González, die mit ihrem großen, schön timbrierten lyrischen Sopran von berührender Leuchtkraft und mit zarten schwebenden Tönen vor allem in ihren beiden empfindsam vorgetragenen Arien beeindruckte. Trotz ihres großen grünen Uniform-Mantels gefiel sie durch ihre ergreifende Bühnenpräsenz und durch die gefühlvolle Gestaltung ihrer Szenen mit Timur und Calaf.
Überzeugend wie schon bei der Premiere vor zwei Jahren waren Liang Li als Timur mit seinem klangvollen profundem Bass, und Jürgen Sacher als würdevoller greiser Kaiser Altoum mit gut geführtem Charaktertenor.
Die drei Minister Ping, Pang, Pong – Fredric Mörth, Daniel Kluge und Florian Panzieri – sind stets das komödiantische Element der Oper, grell geschminkt und in Fracks gekleidet. Hier jedoch spielte das Trio auch eine aktive Rolle bei der Unterdrückung des Volkes und bei der Folterung Lius. Gesanglich boten sie in allen ihren Szenen eine optimal Gesangsleistung.
Chao Deng schließlich als Mandarin, der das Gesetz der drei Rätsel verkündet, gestaltete seine Partie mit dunklem, fülligen Bass-Bariton eindringlich bis zum Schluß, wenn er und die Minister Turandot wegen ihres Mordes an Calaf auf Geheiß von Altoum zur Rechenschaft ziehen sollen.
Lang anhaltende stehende Ovationen gab es am Ende für alle Mitwirkenden, insbesondere jedoch für Turandot, Calaf, den Dirigenten und das Orchester.