Hamburg, Staatsoper, LA CENERENTOLA - G. Rossini, IOCO

Die herrlich bunte, betagte Inszenierung von Rossinis zweiaktiger Aschenputtel-Oper  –  Opera buffa, Dramma giaccoso  –   aus dem Jahre 2011 lockte an diesem Sonntag in 2024 zahlreiches Publikum in die Staatsoper. Das Haus schiennahezu ausverkauft.

Hamburg, Staatsoper, LA CENERENTOLA - G. Rossini, IOCO
Hamburger Staatsoper @ Michael Westermann

 von Wolfgang Schmitt

Diese herrlich bunte, abgedrehte Inszenierung von Rossinis zweiaktiger Aschenputtel-Oper  –  Opera buffa, Dramma giaccoso  –   aus dem Jahre 2011 lockte an diesem Sonntag das Hamburger Publikum in die Staatsoper, so daß das Haus nahezu ausverkauft schien.

Gioacchino Rossini in Paris @ IOCO

La Cenerentola war die erste Hamburger Produktion des genialen Regie-Teams Renaud Doucet (Inszenierung und Choreographie) und André Barbe (Bühnenbild und Kostüme), die aufgrund der begeisterten Resonanz, die ihre Cenerentola erfuhr, von der Hamburger Staatsoper in späteren Spielzeiten mit zwei weiteren Inszenierungen, „Il Turco in Italia“ und „Die Fledermaus“, betraut worden waren, die dann ähnlich euphorisch vom Publikum aufgenommen wurden.

Die märchenhafte Handlung von La Cenerentola, besuchte Vorstellung 3.3.204, wurde von Doucet/Barbe verlegt in das utopisch anmutende Ambiente eines Bankhauses, verziert mit Dollar-, Euro- und Sterling-Zeichen. Eine Stahlkonstruktion mit einem protzigen Entrée, schrägen Schiebetüren, einem offenen Fahrstuhl, dann im zweiten Akt eine „Metropolis“-Architektur, am Ende schließlich eine Rakete, mit der der Prinz und Angelina ihre Hochzeitsreise anzutreten gedenken.

STAATSOPER HAMBURG - La Cenerentola - youtube Theater TV

Das alles ist herrlich anzusehen, ebenso die futuristischen Kostüme der Sänger mit drolligen Kopfbedeckungen, zu denen man sich vermutlich von den Tele-Tubbies inspirieren ließ.

Überrascht wurde man immer wieder von einer ausgefeilten Personenregie, einer spielend aussehenden Choreographie auch für den in violette Westen gekleideten Herrenchor, einem aus acht Tänzern bestehenden Ballett in silbernen Astronauten-Anzügen, vier davon mit Rollschuhen ständig auf der Spielfläche kreisend und akrobatische Leistungen vollbringend. Auch zwei große bemannte Roboter rasten im zweiten Akt  wie fremdgesteuert über die Bühne.

Aber nicht nur optisch, auch musikalisch war dieser Abend ein Hochgenuß. Das Philharmonische Staatsorchester präsentierte sich in Bestform und bot unter der rasanten Leitung von Francesco Lanzillotta einen frischen, spritzigen und schwelgerischen Rossini-Klang, spielte hervorragend transparent und unterstützte wunderbar das fröhliche Geschehen auf der Bühne. Allerdings hatte man manchmal den Eindruck, daß die Solisten und der Chor bei dem atemraubenden Tempo, das Francesco Lanzillotta oftmals anlegte, nicht immer so ganz mithalten konnten. Doch das tat dem turbulenten Treiben keinen Abbruch, denn im Ganzen gesehen hielt er trotz seiner schnellen Tempi das Ensemble stets perfekt zusammen.

La Cenerentola hier das Ensemble zum Schlussapplaus @ Wolfgang Ratdke

Auch gesanglich ließ dieser Abend keinerlei Wünsche offen.

Ihr Debüt an der Hamburger Staatsoper gab die junge Italienerin Raffaella Lupinacci in der Partie der Angelina. Ihr Kostüm war eher schlicht gehalten, nicht so futuristisch wie die Kostüme der anderen. Fast sah sie aus wie eine Vorzimmer-Sekretärin, trug eine Brille, saß an einem Schreibtisch und ertrug geduldig die Bösartigkeiten ihrer beiden Schwestern. Mit ihrem dunklen Mezzosopran beeindruckte sie gleich in ihrer träumerischen Arie „Un volta c'era un re“, war darstellerisch stets präsent und krönte den Abend schließlich in ihrer Schlußszene grandios mit ihrer Koloraturarie „Naqui all'affano“ - „Non piu mesta“.

Ihr Prinz, Don Ramiro, war Anton Rositskiy, ein weiterer Debütant an der Staatsoper. Sein hell timbrierter „Tenore di grazia“ klingt absolut höhensicher, wenn auch bei den beeindruckenden  Spitzentönen oftmals recht grell. Dennoch konnte er mit seinen Arien „Pegno adorato e caro“ und besonders mit „Si di trovarla io giuro“ Glanzlichter setzen. Er verfügt über eine sympathische Ausstrahlung und machte in seinem Astronautenkostüm eine gute Figur.

Als sein Diener Dandini gab der amerikanische Bariton Efrain Solis ebenfalls sein Hausdebüt an der Hamburger Staatsoper und dieses war zugleich sein Europa-Debüt. Sein warm timbrierter Bariton klang in allen Lagen perfekt, besonders schön gelang ihm seine Arie „Come un'ape“. Auch darstellerisch konnte man ihm trotz seiner unbequem aussehenden roten oder gelben Kostüme sein Temperament und seine Spielfreude nicht nehmen.

La Cenerentola hier das Ensemble zum Schlussapplaus @ Wolfgang Ratdke

Erwin Schrott blieb in der Partie des Philosophen Alidoro ungewohnt statuarisch aufgrund seines ausladenden Gewandes, was er allerdings stimmlich wett machte mit seinem virilen Bass-Bariton, den er differenziert einsetzte mit schönen nuancierten Abstufungen in seinen Arien “La del ciel“ und „Qui nel mio codice“.

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