Hamburg, Staatsoper Hamburg, SIMONE BOCCANEGRA - Giuseppe Verdi, IOCO Kritik, 09.04.2023
SIMONE BOCCANEGRA - Giuseppe Verdi
- eine etwas wirre Familientragödie in Genua -
von Wolfgang Schmitt
Im Rahmen der diesjährigen „Italienischen Festwochen“ an der Hamburger Staatsoper wurde am 1. 4. 2023 auch die Inszenierung Simone Boccanegra von Claus Guth in den Bühnenbildern von Christian Schmidt aus dem Jahre 2006 wiederaufgenommen.
Die Bühne verfügt über zwei Handlungsebenen. Auf der hinteren Ebene, durch einen großen Goldrahmen sichtbar, sollen als Prolog die Ereignisse von vor 25 Jahren retrospektiv dargestellt werden, mit einer Statistin als Maria und einem jüngeren Boccanegra-Double.
Die etwas verworrene Handlung dreht sich, kurz gefasst und in groben Zügen, um den Korsaren Simone Boccanegra, der die Stadt Genua von Piraten befreit hatte und zum Dogen ernannt wurde. Mit Maria, der Tochter des Genueser Patriziers Fiesco, hat er ein Kind, Amelia. Fiesco verweigert ihm die Zustimmung zur Ehe mit seiner Tochter. Er sperrt Maria ein und nach kurzer Zeit stirbt sie. Das Kind gibt er in fremde Obhut nach Pisa. Nach 25 Jahren trifft Boccanegra seine Tochter wieder, er erkennt sie an einem Amulett, welches einst Maria gehörte. Amelia soll den intriganten Höfling Paolo Albiani heiraten, doch sie liebt den Edelmann Gabriele Adorno. Paolo Albioni vergiftet Boccanegra und Adorno wird zum Dogen von Genua ernannt.
George Petean in der Titelpartie des Simone Boccanegra präsentierte seinen kraftvollen Heldenbariton mit klangvoller Mittellage und beeindruckendem Tiefenregister. Besonders in seiner Arie „Plebe. Patrizi, Popolo“, wenn er seine in allen Registern wunderbar perfekt geführte Stimme dramatisch auftrumpfend einsetzt, war er großartig,
Die Partie der Amelia sang die junge italienische Sopranistin Selene Zanetti. Sie verfügt über ein dunkles Stimmtimbre bei warmer Mittellage und gutem Höhenregister. Sie produziert einen zarten Klang in ihrer Auftrittsarie „Come in quest'ora bruna“, bot schön gestaltete Gesangsbögen, nur daß sie bisweilen leichte Intonationstrübungen hatte und oftmals etwas zu tief sang, beeinträchtigte den ansonsten positiven Gesamteindruck ihrer Darbietung.
Auch Ramon Vargas als Gabriele Adorno konnte wieder einmal mit seinem warm timbrierten, unangestrengt klingenden Tenor, sicher geführt bis ins hohe Register, überzeugen. Seine große Arie „O Inferno“ geriet denn auch zu einem Höhepunkt in diesem an „Opern-Hits“ nicht gerade reich bestücktem Werk.
Alexander Vinogradov gestaltete die Partie des Fiesco mit seinem markanten, voluminösen Bass mit balsamisch schöner Mittellage und sonorem Tiefenregister. Alle diese Vorzüge stellte er in seiner Arie „Il lacerato spirito“ heraus, gepaart mit herrlichen Legati.
Den Bösewicht dieser Oper, Paolo Albioni, verkörperte Blake Denson mit seiner mächtigen rauhen Bass-Stimme, die er in robustem Dauerforte einsetzte.
Hubert Kowalczyk als Pietro, Florian Panzeri als Capitano, und Yeonjoo Katharina Yang als Dienstmagd vervollständigten in ihren kleinen Partien das Ensemble.
Erfreulich war dieser Abend mit einem bestens disponierten Philharmonischen Staatsorchester unter dem Dirigat von Ivan Repusic. Er verstand es, den Verdi-Wohlklang fein nuanciert und mit abgestimmten Tempi herrlich weich und fließend auszukosten und die dramatisch zupackenden Passagen der Partitur mit Leidenschaft und italienischem Feuer strömen zu lassen. Auch der von Christian Günther einstudierte Staatsopern-Chor tat ein übriges zum musikalischen Gelingen dieses Abends, der mit lang anhaltendem Applaus vonseiten des Publikums belohnt wurde.