Hamburg, Staatsoper Hamburg, EUGEN ONEGIN - Peter I. Tschaikowsky, IOCO Kritik, 28.02.2023
EUGEN ONEGIN - Peter I. Tschaikowsky
- 44 Jahre alt und noch immer wunderbar anzusehen diese exemplarische Inszenierung von Adolf Dresen -
von Wolfgang Schmitt
Mittlerweile 44 Jahre alt und noch immer wunderbar anzusehen ist an der Staatsoper Hamburg diese exemplarische Eugen Onegin-Inszenierung von Adolf Dresen in den schlichten, rustikalen Bühnenbildern von Karl-Ernst Herrmann und mit den eleganten, geschmackvollen und zünftigen Kostümen von Margit Bárdy.
In der von Christoph von Dohnanyi im Februar 1979 geleiteten Premiere sangen damals Bernd Weikl den Eugen Onegin, Anja Silja die Tatjana, Elisabeth Steiner war die Olga, David Randall der Lenski, Karl Ridderbusch war der Fürst Gremin, Olive Fredericks sang Larina, Marga Höffgen die Filipjewna und Peter Haage war Monsieur Triquet.
Über die Jahre und Jahrzehnte hinweg spielte sich eigentlich jede Aufführungsserie von Eugen Onegin an der Staatsoper solistisch stets auf hohem Niveau ab, und so war es auch am 25. Februar 2023.
Das Besondere dieser besuchten Vorstellung am 25. Februar war die Begegnung mit Lidyia Yankovskaya, einer jungen amerikanischen Dirigentin mit russischen Wurzeln, die in den letzten paar Jahren eine beachtliche Karriere in den USA vorweisen kann, wo sie an bedeutenden Opernhäusern und Orchestern tätig ist. Die Eugen Onegin-Aufführungsserie bedeutet für sie zugleich ihr Deutschland- und Europa-Debüt.
Unter ihrer Leitung hatte das Philharmonische Staatsorchester einen sehr guten Abend. Es musizierte mit beachtlicher Intensität und Präzision, blühte auf in den dramatischen Momenten und bei den Ausbrüchen während zwischenmenschlicher Konfrontationen wie im letzten Bild. Aber auch zarte Lyrik, schwelgerischer Schmelz und verhaltene sinnliche Passagen konnte Lidyia Yankovskaya dem Orchester, und hier besonders den Streichern entlocken bis hin zu einer gewissen Sentimentalität, jedoch ohne daß diese aufgesetzt wirkte. Auch den exzellenten Solisten war sie eine aufmerksame Begleiterin.
Alexey Bogdanchikov hatte wieder einmal einen überzeugenden Abend als überheblicher, sich gelangweilt gebender Landedelmann, der die ganze Szenerie eher distanziert und ironisch betrachtet. Sein wohlklingender, technisch sauber kontrollierter Kavaliersbariton funktioniert in allen Lagen einwandfrei und beeindruckte zudem durch stilistische Sicherheit.
Die junge armenische Sopranistin Ruzan Mantashyan glänzte als Tatjana mit ihrem warmen lyrischen Sopran, dem sie eine Vielfalt von Farben abgewinnen konnte und in ihren Szenen stets eine gewisse Melancholie verströmen ließ. Tatjanas Briefszene stellt immer einen Höhepunkt der Aufführung dar, so auch hier, und ihr Duett mit Onegin im letzten Bild krönte sie mit dramatischer Darstellung und wunderbaren Spitzentönen.
Dovlet Nurgeldiyev bot als Lenski mit seinem makellos geführten Tenor allerschönste Lyrik gleich im ersten Bild beim Duett mit Olga, während im Laufe des vierten Bildes bei Tatjanas Geburtstagsfest seine Stimme auch in den dramatischen Momenten bei den Forte-Attacken wunderbar klar und gleichmäßig im Höhenregister klang. Seine innig empfundene Arie im fünften Bild „Kuda Kuda“ sicherte ihm den nicht enden wollenden Szenenapplaus.
In der Partie des Fürsten Gremin ist Alexander Tsymbalyuk seit vielen Jahren ein gern gesehener Gast. Auch an diesem Abend führte er seinen markanten voluminösen Bass mit schöner edler Mittellage und sonorem Tiefenregister vor. Seine Arie im sechsten Bild wurde wiederum mit lang anhaltendem Szenenapplaus bedacht und auch am Ende konnte er zu Recht einen Großteil der Ovationen für sich beanspruchen.
Gutes gesangliches Niveau boten auch die weiteren Mitwrkenden: Marta Swiderska als fröhliche lebenslustige Olga mit frischem Mezzosopran, Katja Pieweck mit tiefem Sopran als distinguierte Gutsherrin Larina, Janina Baechle als füllige Amme mit pastosem Alt, Peter Galliard mit seinem Tenor-Couplet als Monsieur Triquet, sowie Hubert Kowalczyk als Hauptmann, Han Kim als Saretzki und Dimitar Tenev als Vorsänger. Auch der von Christian Günther hervorragend einstudierte Staatsopern-Chor sang ausgezeichnet und erfüllte seine szenischen Aufgaben wie die von Rolf Warter ausgearbeiteten heiklen Choreographien im ersten, vierten und sechsten Bild vortrefflich.
Diese Eugen Onegin-Inszenierung wird hoffentlich noch recht lange im Spielplan der Hamburger Staatsoper erhalten bleiben.