Hamburg, Staatsoper Hamburg, DER FLIEGENDE HOLLÄNDER - Richard Wagner, IOCO Kritik, 27.10.2022

Hamburg, Staatsoper Hamburg, DER FLIEGENDE HOLLÄNDER - Richard Wagner,  IOCO Kritik, 27.10.2022
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Staatsoper Hamburg

Staatsoper Hamburg © Kurt Michael Westermann
Staatsoper Hamburg © Kurt Michael Westermann

DER FLIEGENDE HOLLÄNDER - Richard Wagner

- abstrakt: Bühne schwarz, leer - kein Schiff, kein Spinnrad, kein Portrait -

von Wolfgang Schmitt

Die Bühne ist schwarz und leer, von der Decke hängen Plastikschnüre, silbrig angestrahlt. Es sieht aus als würde es regnen. Inmitten dieser Plastikschnüre, dieses „Regens“, steht ein schwarzer Müllsack, in diesem kauert Senta. Während der Ouvertüre befreit sich Senta mühevoll aus diesem Sack, irrt mit eigenartigen Verrenkungen über die Bühne. Überhaupt muß sich Senta während der gesamten Oper  merkwürdig bewegen, schiefe Haltungen einnehmen, ihre Beine verdrehen, alles sieht verkrampft und ungesund aus. Allein schon dafür muß man Jennifer Holloway eine gewisse Bewunderung aussprechen, daß sie sich auf diese Art der Darstellung der Senta eingelassen hat.

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Die Protagonisten bewegen sich nahezu pantomimisch über die Bühne oder halten sich an den Schnüren fest wie Marionetten an ihren Strippen.

Bis auf diese Plastikschnüre bleibt die Bühne schwarz und leer. Es gibt kein Schiff, kein Spinnrad, kein Portrait, die Bühne bleibt dunkel, einzig die Lichtregie (Stefan Bolliger) setzt hier und da einige Akzente. Der Seemannschor strahlt seine Gesichter von unten her mit Taschenlampen an, der Geisterchor tritt auf, feiste halbnackte ältere Männer mit hellen Plastiktüten über den Köpfen. Ebenfalls nicht recht verständlich ist, warum die Damen des Chors der Spinnerinnen, die sich um Senta scharen, sich ständig kratzen müssen, als hätten sie eine Hautkrankheit.

Staatsoper Hamburg / Der fliegende Holländer hier Th. J. Mayer als Holländer © Hans Joerg Michel
Staatsoper Hamburg / Der fliegende Holländer hier Th. J. Mayer als Holländer © Hans Joerg Michel

Viele Fragen bleiben offen in dieser abstrakten Inszenierung von Michael Thalheimer, der am Ende gemeinsam mit seinem Bühnenbildner Olaf Altmann einen wahren Buh-Orkan über sich ergehen lassen mußte. Entschädigt wurde das Premierenpublikum durch die sängerischen Leistungen, allen voran Thomas Johannes Mayer, als Holländer, mit profundem, dunklen Heldenbariton, perfekter Diktion, dämonischer Ausstrahlung und starker Bühnenpräsenz mit grauem Bart, graublonder Haarmähne und in Leder gekleidet vollbrachte er in diesem Rahmen eine großartige Leistung. Jennifer Holloway hatte in der letzten Spielzeit als Chrysothemis und als Tannhäuser-Elisabeth nicht wirklich überzeugen können. Ihre Stimme klingt eher neutral und wenig farbenreich, die Partie der Senta sang sie nun als Rollendebüt jedoch mit meist einfühlsamer Tongebung, in der Ballade von Strophe zu Strophe immer intensiver und dramatischer werdend. Ein Vibrato ist im lyrischen Bereich noch immer vorhanden, die Spitzentöne kamen nicht allzu grell.

Benjamin Bruns sang den von Senta verschmähten Jäger Erik mit strahlendem, geschmeidigen Tenor, der Bass Kwangchul Youn gab dem Daland, mit Goldstaub um sich werfend, eine humorige Note, Peter Hoare sang den verschlafenen Steuermann mit ansprechendem, hellen lyrischen Tenor, und Katja Pieweck mit hell timbrierten Mezzo war die Mary im orangefarbenem Kleid, so hob sie sich von den Spinnerinnen in ihren weinroten Schürzen ab (Kostüme von Michaela Barth).

Staatsoper Hamburg / Der fliegende Holländer © Hans Joerg Michel
Staatsoper Hamburg / Der fliegende Holländer © Hans Joerg Michel

Der von Eberhard Friedrich einstudierte Staatsopernchor brillierte natürlich zu Beginn des dritten Aktes bei „Steuermann laß' die Wacht“, ebenso der Geisterchor, hierfür wurden extra die Choristen des Opernhauses Kiew mit ihrem Chorleiter Bogdan Plish eingeladen.

Das Philharmonische Orchester hatte eigentlich einen guten Abend, wenngleich man sich vom Dirigat des GMDs Kent Nagano oftmals ein bißchen mehr Tempo und Dramatik gewünscht hätte. Diese dunkle, monotone Inszenierung hätte zumindest von der musikalischen Seite gern etwas mehr Spannung und Dynamik vertragen können.

Nach der umstrittenen Saisoneröffnungspremiere Carmen muß man leider konstatieren, daß auch diese zweite Premiere der Spielzeit nicht gerade ein großer Wurf  gewesen ist.

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