Hamburg, Opera Stabile, DOLLHOUSE - Clemens K. Thomas, IOCO
29. 11.2024 Uraufführung
Der Komponist Clemens K. Thomas (Jahrgang 1992) erzählte in einem Interview, daß ihn Puppen schon immer begeistert haben, und so kam ihm irgendwann die Idee, eine Puppen-Oper zu schreiben, oder wie er es bezeichnet, eine cute Oper, eine „niedliche“ Oper. Und irgendwie niedlich sahen die vier Puppen-Figuren auch in der Tat aus in ihren von Pia Preuß entworfenen Kostümen, die ein bißchen an die Teletubbies erinnerten.
Worum geht es in „Dollhouse“? Die Absicht des Komponisten und seines Librettisten war es, „die empowernde Kraft der 'Cuteness' und des Spiels darzustellen“. Wir sollen „in eine flauschige Welt eintreten, in der alles möglich ist. In der Puppen zum Leben erwachen. In der Fleisch zu Plastik werden will“. Nun denn …
Die von Alicia Geugelin inszenierte illusorische Handlung in Kürze: Ein Mädchen wacht morgens in ihrem mit pink-farbenem Teppichboden ausgelegten Kinderzimmer mit Kleinmöbeln in Pastelltönen auf (Ausstattung von Letycia Rossi), schaltet ihr Smartphone ein, erhält erste Nachrichten von einer Freundin, schaut eine per Video eingespielte Familien-Sitcom, in der es um veganes Essen geht. Ihre Mutter – die nicht auftritt – erkundigt sich durch die geschlossene Zimmertür nach dem neuen Nachbarn, der ihr wohl zu gefallen scheint, denn er lädt zur Grillparty ein, ausgerechnet am Tag ihres 16. Geburtstages. Der Nachbar tritt auf, ebenfalls im Puppenkostüm. Er nervt das Mädchen und ihre Puppen, so daß sie ihn schließlich durch den Fleischwolf drehen und zu Würstchen verarbeiten. Am Ende bereiten die vier Puppen dem Mädchen eine Geburtstagsparty mit einer Orangentorte.
Was die Komposition angeht, so ist hierfür die Bezeichnung 'Oper' denn doch ein wenig hoch gegriffen. 'Musiktheater', geeignet eher für Kinder und Jugendliche, wäre für dieses „niedliche“ Werk die passendere Bezeichnung. Umgesetzt wurde es von Musikern des Philharmonischen Staatsorchesters unter der Leitung von Rupert Burleigh, und wir hörten neben sanft dahinplätschernden Melodien und ausgiebigen Pop-Klängen auch mal etwas Marschmusik, eine von dem Mädchen schön gesungene Vocalise, eine kurze euphonische Cello-Passage, vor allem aber vorproduzierte und elektronisch per Mischpult eingespielte, hauptsächlich sphärische, utopisch anmutende, Computer-animierte Lautmalereien – atonale Geräuschkulissen, manchmal auch Babygeschrei und die verzerrten Sprechstimmen der Puppen.
Großes Lob gebührt den sechs jungen Protagonisten aus dem Internationalen Opernstudio der Staatsoper, die sich auf die Realisierung dieses Stückes, sehr engagiert in Spiel und Gesang, eingelassen haben. In erster Linie gilt dies für den lyrischen Tenor Aaron Godfrey-Mayes in der Rolle des einsamen Nachbarn, der Operetten liebt und der seinen Gesang mit verzerrt wiedergegebenen kurzen Passagen aus der „Lustigen Witwe“, dem „Zarewitsch“ oder dem „Vetter aus Dingsda“ aufpeppte.
Auch die junge lyrische Sopranistin Marie Maidowski in der Rolle des Mädchens, die sich gern in eine Avatarin verwandeln würde, glänzte in ihren Szenen und gab ihr Bestes, ebenso wie die vier Puppen Keith Klein, Aebh Kelly, Naáma Shulman und Sipho Nodlyiya, die gegen Ende des Stückes noch mit einem ansprechend gesungenen Quartett aufwarten konnten.
Nach knapp 80 Minuten war das Spektakel vorüber, und in den freundlichen Schlußapplaus reihte sich auch der Komponist ein, 'cute' gestylt in flauschigem Jäckchen und Glitzerhöschen.