Hamburg, Kammeroper, COSI  FAN  TUTTE - W. A. Mozart, IOCO

Hamburg, Kammeroper, COSI  FAN  TUTTE - W. A. Mozart, IOCO
Feline Knabe / Dorabella, Mara Maria Möritz / Despina, Oda Lou Johansen / Fiordiligi - Copyright Patrick Sobottka

28. 2.  Premiere

 

Eine vergnügliche Neuinszenierung von Mozarts brillanter Oper über Liebe, Treue, den allzu menschlichen verborgenen Sehnsüchten, Enttäuschung und Verrat hatte am 28. Februar in der Hamburger Kammeroper ihre glanzvolle Premiere.

„Cosi fan tutte“ ist ein Meisterwerk, welches sowohl musikalisch als auch von der Thematik her eine große Herausforderung darstellt und aufgrund seiner Kombination aus Witz, Tragik und Mozarts schöpferischer Grandiosität immer wieder neu entdeckt zu werden verdient. 

Mozarts Talent, die komplexen menschlichen Emotionen in seiner Musik auszudrücken macht diese Oper zu einem zeitlosen unvergänglichen Klassiker. Obwohl diese Oper auch schon mal als frivol und leichtfertig wahrgenommen wird, offenbart sie dennoch die tiefen Widersprüche und Unsicherheiten des menschlichen Daseins.

 

Während es sich im Libretto von Lorenzo da Ponte bei den männlichen Hauptcharakteren um zwei Offiziere handelt, hat sich der spanische Regisseur Alfonso Romero Mora, dem gern gesehenen Gast an der Kammeroper im Hamburger Stadtteil Altona, hier etwas ganz besonderes ausgedacht: Bei ihm sind Guglielmo und Ferrando zwei Herzchirurgen, die sich während einer Herz-Operation über die Loyalität und die Treue ihrer beiden Verlobten unterhalten. Don Alfonso ist hier ein bei der Herz-OP anwesender Anästhesist, der von der Treue der Frauen schlechthin nicht überzeugt ist und mit den zwei Ärzten wetten möchte, daß auch ihre beiden Verlobten nicht anders sind als andere Frauen. Diese beiden Damen sind in dieser Inszenierung bei einer Airline beschäftigt und gerade im Landeanflug: Dorabella ist Pilotin, Fiordiligi Co-Pilotin, und die Dritte im Bunde, Despina, ist Stewardess, alle drei sind in schicken weißen Uniformen gekleidet (Kostüme von Jürgen Kirner).

Die bekannte Handlung nimmt ihren Lauf, die beiden Ärzte werden angeblich zum Kriegsdienst als Militär-Ärzte verpflichtet. Zufällig kommen zwei Freunde Alfonsos zu Besuch, ziemlich karnevalesk maskiert, umgarnen die beiden Damen, die allmählich schwach werden. Doch als die eigentlichen Verlobten aus dem Krieg zurückkehren und der Schwindel auffliegt, retten die beiden Damen sich aus dieser Situation mit der kecken Behauptung, sie hätten das perfide Spiel Alfonsos  von Beginn an durchschaut und nur fröhlich mitgemacht. Wer's glaubt !!

Das von Jürgen Kirner entworfene schlichte, zweckmäßige Bühnenbild besteht aus vielen größeren und kleineren hellen Kästen, aus denen mit etwas Phantasie ein OP-Saal, eine Flughafenhalle, ein Kosmetikstudio, ein elegantes Wohnzimmer mit Accessoires wie dekorative Kerzenleuchter nebst gut gefüllter Hausbar, und sogar ein Duschbad gezaubert werden konnte.

Alfonso Romero Moras Inszenierung ist von einer erheiternden Frische mit einem kräftigen Schuß Erotik. Seine Personenführung sowie die Ausarbeitung der einzelnen Charaktere gelangen vortrefflich, und die sechs spielfreudigen Protagonisten konnten sich in dem stets stimmungsvoll ausgeleuchteten Ambiente mal heiter, mal ernst, oder auch mal parodistisch und wunderbar schwelgerisch entfalten.

Ensemble copyright Parick Sobottka

Berus Komarschela war von seiner sympathischen Ausstrahlung und Bühnenpräsenz her ein perfekter Ferrando, sein lyrischer Tenor strahlt viel Wärme aus und er sang seine Arien mit schönen Phrasierungen und schlanker Tongebung.

Als Fiordiligi gab Oda Lou Johansen ihr erfolgreiches Debüt an der Hamburger Kammeroper, war darstellerisch gewandt und brillierte mit ihrem gut geführten lyrischen Sopran in der Felsenarie und in dem innig empfundenen Rondo. In wunderschönem Wohlklang vereinte sich ihre Stimme in den Duetten mit dem hell timbrierten Mezzosopran von Feline Knabe als Dorabella, die an diesem Abend in ihrer weißen Kostümierung und den kunstvoll geflochtenen Haaren besonders attraktiv wirkte, sowohl in den Ensembles glänzte als auch ihre beiden Arien ebenso achtbar präsentierte.

Cornelius Lewenberg gefiel als Guglielmo mit markantem, in allen Lagen gut funktionierendem Bariton und perfektem, engagierten Spiel.

Eine Despina der Sonderklasse war Mara Maria Möritz, fernab von irgendwelchen Soubretten-Clichés, übrigens ein weiteres Hausdebüt. Groß und schlank, von aparter Erscheinung und starker Bühnenpräsenz bot sie auch stimmlich mit wohltönendem, klaren lyrischem Sopran eine überzeugende Leistung in dieser hier aufgewerteten Partie der Stewardess und gleichwertigen Freundin der beiden Schwestern.

Als Alfonso, der Strippenzieher dieses bösartigen Spiels mit den Gefühlen der zwei Paare, überraschte Titus Witt zunächst in der Eingangsszene des OP-Saals als Anästhesist mit einer punkigen Haartracht. Mit seinem kraftvoll eingesetztem Bass-Bariton stützte er die Ensembles und mit darstellerischer Agilität und ironisierender Gestaltung wirkte dieser Alfonso trotz der offensichtlichen Fragwürdigkeit dieses Charakters dennoch sympathisch.

Der musikalische Leiter Ettore Prandi hatte Mozarts Partitur für sein kleines Kammerorchester wieder einmal gekonnt umgearbeitet, welches unter seiner Leitung frisch und lebendig, spannend und differenziert aufspielte. Gleich die Ouvertüre erklang reizvoll und farbig, wobei die Bläser bemerkenswerte Akzente setzten und die Streicher den ganzen Abend über für eine hohe musikalische Empfindsamkeit sorgten.

Schlußapplaus - Copyright Wolfgang Radtke

Wieder einmal ist der Hamburger Kammeroper mit dieser beeindruckenden Inszenierung ein großer Wurf gelungen, der das Premierenpublikum am Ende zu Beifallsstürmen hinriss. Ein nochmaliger Besuch würde sich allemal lohnen.

                                                                                                                          

 

 

 

 

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