Hamburg, Hamburger Kammeroper, NORMA - Vincenzo Bellini, IOCO Kritik, 23.05.2023

Hamburg, Hamburger Kammeroper, NORMA - Vincenzo Bellini, IOCO Kritik, 23.05.2023
Allee Theater Hamburg / Kammeroper und Theater für Kinder © Dr Joachim Flügel
Allee Theater Hamburg / Kammeroper und Theater für Kinder © Dr Joachim Flügel

Allee Theater Hamburg

NORMA konzertant – Oper Vincenzo Bellini

- ein stimulierend musikalischer Belcanto-Rausch -

von Wolfgang Schmitt

Vincenzo Bellinis (1801-1835) romantische Oper NORMA mag von der Orchestrierung her vielleicht nicht unbedingt der große Wurf sein, was er jedoch gestalterisch an wunderschönen reinen Melodien geschaffen hat, teilweise eher schlicht und unprätentiös, aber dennoch reich an pathetischem Gefühl, dramatischem Ausdruck und leidenschaftlicher Intensität, zieht den Belcanto-Liebhaber unweigerlich in seinen Bann. Und so gilt Bellini als Schöpfer des „Melodramma Tragico“, der romantischen italienischen Oper. Seine „lirica tragica“ Norma beruht auf einem Drama von Alexandre Soumet. Das Libretto stammt von Felice Romani, der auch die Libretti für Bellinis Il Pirata, Beatrice di Tenda, I Capuleti ed i Montecchi und La Sonnambula schrieb. Auch bei einigen Opern von Donizetti, Rossini und Verdi war er der Librettist. Norma erlebte ihre Uraufführung 1831 an der Mailänder Scala.

Zum Ausklang der Spielzeit 2022-23 hat die  Hamburger Kammeroper nun einige konzertante Vorstellungen der Norma in den Spielplan aufgenommen.

Hamburger Kammeroper / NORMA hier das Ensemble zum Schlussapplaus © Wolfgang Radtke
Hamburger Kammeroper / NORMA hier das Ensemble zum Schlussapplaus © Wolfgang Radtke

Wie bereits in der letzten Spielzeit bei den konzertanten Aufführungen von Lucia di Lammermoor spielte auch jetzt das Hamburger Orchester Rungholt Ensemble unter der Leitung von Ettore Prandi, dem musikalischen Leiter der Kammeroper. Ihm gelang es wieder einmal, auch in Bellinis komplexer Partitur eine ausgewogene Brillanz zu entdecken, diese transparent und differenziert für ein kleineres Orchester zu bearbeiten, sowohl gefühlvoll romantische Farben als auch spannungsgeladene Dramatik zu erzeugen und an diesem Abend zu einem wahrlich musikalischen Belcanto-Rausch zusammenzufügen.

In der Titelpartie bot Luminita Andrei, Foto folgend, mit ihrem hellen lyrischen Koloratursopran eine eindrucksvolle Interpretation der „keuschen GöttinNorma von hinreißender Ausdruckskraft. Eine charismatische junge Sängerin von sympathischer ungekünstelter Ausstrahlung, sang sie die Bravour-Arie „Casta Diva“ empfindsam mit leuchtender Gesangslinie und wunderbaren Zwischentönen, hatte im weiteren Verlauf des Abends noch wertvolle Gestaltungsreserven, glänzte mit perfekten Koloraturen, imposanten Aufschwüngen und makellosen Spitzentönen. Auch die fein austarierten Duette mit Adalgisa gerieten phänomenal, ebenso ihr Duett mit  Pollione in  „Il mia man al fin tu sei“.

Hamburger Kammeroper / NORMA hier Lilia-Fruz Bulhakova als Adalgisa und Luminita Andrei als Norma © Wolfgang Radtke
Hamburger Kammeroper / NORMA hier Lilia-Fruz Bulhakova als Adalgisa und Luminita Andrei als Norma © Wolfgang Radtke

Lilia-Fruz Bulhakova gestaltete die Partie der Novizin Adalgisa berührend mit ihrem dunkel timbrierten, schön gerundetem Sopran von eindrucksvoller vokaler Wärme und individueller Färbung.. Die Zerrissenheit dieser Partie zwischen ihrer Liebe zu Pollione und ihrem schlechten Gewissen als fehlbare Novizin gelangen durch ihre stimmlichen Ausdrucksnuancen, und der Kontrast ihres dunkleren Stimmtimbres im Vergleich zu Normas hellerem Sopran kam besonders in den beiden Duetten “Oh rimimbranza“ und  „Mira, o Norma“ wunderbar zur Geltung und gerieten zu den Höhepunkten des Abends, zumal beide Sängerinnen in ihren edlen weißen Roben ihre Szenen auch darstellerisch unterstrichen.

Mit einer schönen Gesangsleistung überzeugte auch Guillermo Valdès als der von beiden Frauen begehrte römische Konsul Pollione. Er präsentierte seine leuchtende, heldisch tenorale Stimme mit kerniger Mittellage und kraftvoller sicherer Höhe gleich in seiner Auftrittsarie „Meco all'altar di Venre“. Auch in seinen Duetten mit Norma, „Il mia man al fin tu sei“, und mit Adalgisa, „Va. Crudele“, sowie in dem fulminanten Terzett kam sein viril klingender durchsetzungsfähiger Tenor eindrucksvoll zum Tragen.

Titus Witt komplettierte das Solistenquartett und strahlte in der Bass-Partie des Druiden-Oberhaupts und Vaters der Norma, Oroveso, sowohl in den Arien „Ite sul colle, o Druidi“ und  „Ah, del trebo“ als auch in seinen weiteren Szenen und Auftritten dunkle Seriosität aus.  Auf die kleinen Partien Clothilde und Flavio wurde hier verzichtet, ebenso auf den Chor, stattdessen moderierte Lutz Hoffmann den Abend, indem er kurze Erläuterungen zur Handlung gab.

Am Ende gab es Beifallsstürme für die vier Solisten, den Dirigenten und das grandios aufspielende Orchester für diesen beglückenden Abend in der Hamburger Kammeroper.

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