Hamburg, Hamburger Kammeroper, DER BARBIER VON SEVILLA - Gioacchino Rossini, IOCO Kritik, 08.03.2023

Hamburg, Hamburger Kammeroper, DER BARBIER VON SEVILLA - Gioacchino Rossini, IOCO Kritik, 08.03.2023
Allee Theater Hamburg / Kammeroper und Theater für Kinder © Dr Joachim Flügel
Allee Theater Hamburg / Kammeroper und Theater für Kinder © Dr Joachim Flügel

Allee Theater Hamburg

DER BARBIER VON SEVILLA - Gioacchino Rossini

- ein Krimi: Rosinas Vater, Boss der spanischen Mafia, wird erschossen .... -

von Wolfgang Schmitt

Die Inszenierung der Oper in der Kammeroper Hamburg beginnt wie im Krimi mit einem Mord: Rosinas Vater wird erschossen, er war der Boss der spanischen Mafia. Sein Mafia-Komplize Bartolo wird jetzt der neue Mafia-Boss und zugleich Vormund von Rosina, die er zu heiraten erwägt, um an ihr geerbtes Vermögen  heranzukommen.

Die tödlichen Schüsse wurden offenbar abgegeben von Fiorillo und einem Adjutanten, die im Dienst von Graf Almaviva stehen, einem aus der Hauptstadt angereisten Polizeibeamten und Mafia-Jäger.

Soweit die Intentionen von Regisseur Marius Adam, der sich diese phantasievolle Geschichte für seine Neuinszenierung einfallen ließ und sich von Barbara Hass das deutsche Libretto hat bearbeiten und anpassen lassen. Am Ende heiraten Rosina und Almaviva, während Bartolo seine ihm treu ergebene  Haushälterin Berta zum Traualtar führt.

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Daß sich die gesamte Geschichte so entwickelt wie vorgesehen, dafür ist der pfiffige Barbier zuständig, der nicht nur Haare und schneidet, Fingernägel manikürt, sondern auch Zähne zieht und ganz nebenbei auch noch die Handlungsfäden zieht mit Hilfe kleiner Intrigen und raffinierter Machenschaften, die er zu seinem großen eigenen Vergnügen inszeniert.

Herausgekommen ist ein überaus vergnüglicher, detailfreudiger Abend mit engagiert singenden und agierenden Solisten, gekleidet in teils originelle Kostüme, entworfen von Lisa Überbacher, in einem zweckmäßig gestaltetem Bühnenbild von Jürgen Kirner mit verschiebbaren in Pastellfarben gestreiften Wänden, mit denen beispielsweise Rosinas Szenen, während ihrer großen Arie in der mit Schaum gefüllten Badewanne liegend, oder ihren Gesangsunterricht im eigenen Tonstudio absolvierend, ideenreich gestaltet werden konnten.

Kammeroper / Der Barbier von Sevilla hier Scenefoto © Joachim Flügel
Kammeroper / Der Barbier von Sevilla hier Scenefoto © Joachim Flügel

In der Titelrolle war Robert Elibay-Hartog ein absolut souveräner, geschmeidiger Figaro, der mit seinem kernigen Kavaliersbariton die zungenbrecherische Auftrittsarie makellos meisterte und der die Lebenslust und die Gerissenheit seiner Partie in jeder seiner Szenen herrlich auszukosten verstand.

Titus Witt als Bartolo ist in dieser Inszenierung nicht der alte verliebte Arzt, sondern ein resoluter, berechnender Mann, der die ihm anvertraute junge Frau aufgrund ihres Vermögens heiraten will. Stets im dunklen Anzug gekleidet mit Hut, Sonnenbrille und Zigarre im Mund gibt er sich autoritär, dominant, manchmal cholerisch trotz aller Komik dieser Partie, und seine Bravour-Arie im ersten Akt gelang ihm meisterhaft.

Die Partie der Rosina, die von Bartolo kontrolliert und sogar beim Gesangsunterricht überwacht wird, wurde von Iva Krusic mit ihrem dunklen lyrischen Mezzosopran ansprechend gestaltet. Gesanglich kann sie als Rosina überzeugen, die Koloraturläufe gelangen, die Höhe strahlte, die Mittellage klingt warm und ausdrucksvoll.

Mit einem markanten dunklen Bass wartete Pedro Ometto als Basilio auf. Die  Verleumdungsarie ist stets einer der Höhepunkte des ersten Akts, und so war es auch hier. Mit seiner profunden, klangvollen Stimme und dezenter Komik, gepaart mit seiner starken Bühnenpräsenz war dieser Auftritt ein überaus gelungenes Hausdebüt für den Künstler.

Die Partie des Grafen Almaviva erfordert einen lyrischen Tenor mit sehr gutem Höhenregister und ausgezeichneter Koloraturtechnik. Bartosz Jankowski, ein junger Tenorino mit hellem Timbre und weicher Stimmgebung, hatte leichte Anlaufschwierigkeiten, jedoch war er bemüht, den diffizilen Anforderungen dieser Partie gerecht zu werden.

Als Berta sah sich Feline Knabe genötigt, in manchen Szenen zu outrieren, schließlich sang sie eindrucksvoll ihre Arie vom alten Mann, der eine Frau sucht, und zu guter Letzt bekam sie den Dr. Bartolo, in den sie schon lange heimlich verliebt war.

Kammeroper / Der Barbier von Sevilla hier Ensemble zum Schlussapplaus © Wolfgang Radtke
Kammeroper / Der Barbier von Sevilla hier Ensemble zum Schlussapplaus © Wolfgang Radtke

Hernán Atilio Vuga als Fiorello und Nicolai Katalenic als Ambrogio und Adjutant erfüllten ihre von der Regie geforderten Aufgaben amüsant.

Ettore Prandi als musikalischer Leiter hatte es wieder einmal meisterlich verstanden, Rossinis Partitur für sein kleines Kammerorchester einzurichten, welches sich in Bestform präsentierte und durch Flöte, Klarinette und die Streicher an Schwung, Spritzigkeit, Präzision und klanglicher Farbigkeit keine Wünsche offen ließ.

Für Bartolos Auftritt wurde das Motiv aus dem Film „Der Pate“ („Speak softly Love“) eingefügt, und für die Doppelhochzeit Rosina - Almaviva und Bartolo - Berta am Ende hatte man sich bei Rossinis Finale aus La Cenerentola bedient.

Einhelligen Jubel gab es am Ende für den Dirigenten, das Regie-Team und für alle Solisten.

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