Hamburg, Ernst Deutsch Theater, DIE GROSSHERZOGIN VON GEROLSTEIN - Jacques Offenbach, 08.01.2023
DIE GROSSHERZOGIN VON GEROLSTEIN - Jacques Offenbach
- Daniela Ziegler ist Großherzogin - überwältigende Bühnenpräsenz und glamouröser Mittelpunkt -
von Wolfgang Schmitt
In den Sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts befand sich Jacques Offenbach im Zenit seines Ruhms, als er 1867 Die Großherzogin von Gerolstein komponierte und nach einigen Bearbeitungen anlässlich der Pariser Weltausstellung mit dieser satirischen Operette Triumphe feiern konnte, in der er überhebliche Regenten und säbelrasselnde Militaristen ironisch augenzwinkernd aufs Korn nahm.
Herrliche Melodien, sprudelnder Witz, musikalische Eleganz und erotische Anspielungen zeichnen dieses Werk aus, mit dem das Hamburger Ernst-Deutsch-Theater derzeit das 50jährige Bühnenjubiläum der aparten, charismatischen Schauspielerin und Musical-Sängerin Daniela Ziegler begeht. Nach Musical-Gesangsrollen wie Evita (u.a. am Theater an der Wien), Norma Desmond in Sunset Boulevard (u.a. in Wiesbaden-Niedernhausen), Mutter Oberin in Sister Act im Hamburger Operettenhaus, Sophie von Habsburg in Elisabeth im Wiener Raimund-Theater, die Zarenmutter in Anastasia in Stuttgart, oder „Maria Callas – Meisterklasse“ und vielen anderen mehr hat sie nun mit der Großherzogin von Gerolstein von Jacques Offenbach eine weitere Gesangspartie ihrem Repertoire zugefügt, die ihr wie auf den Leib geschrieben scheint.
In der witzig-spritzigen Inszenierung von Anatol Preissler, besuchte Vorstellung 4.1.2023, der auch das Libretto – im Original von Henri Meilhac und Ludovic Halévy – für diese Produktion teilweise neu übersetzt und bearbeitet sowie mit einigen tagespolitischen Ereignissen gewürzt hat, bot Daniela Ziegler als Großherzogin von ihrem ersten Auftritt an mit der Arie „Ich liebe das Militär“ ein eindrucksvolles Portrait dieser nicht mehr ganz so jungen Herzogin, die nicht nur das Militär, sondern insbesondere die jungen Soldaten mit Schnauzern und in feschen Uniformen liebt. Mit überwältigender Bühnenpräsenz und technisch nahezu makellosem Einsatz ihrer dunklen, oftmals erotisch flirrenden Stimme, gewandet in roten und blauen Abendroben, zartgelber Hosenkreation oder blau-goldenem Uniform-Outfit, war sie in jeder ihrer Szenen der strahlende glamouröse Mittelpunkt. Hinreißend war ihr Ritt auf der riesigen goldenen Kanone oder die Art, wie sie sich auf dem rot-goldenen Prunksofa räkelte.
Heiko Mönnich schuf ein wunderschön anzusehendes, unaufdringliches Bühnenbild mit blauem oder rotem Hintergrund, davor eine Art Viadukt, auf dem der musikalische Leiter und Arrangeur Tjaard Kirsch mit seinen Musikern platziert waren, die mit Keyboard, Posaune Tuba, Euphonium und Kontrabass detailreich durch die verschlankte Partitur musizierten und mit temporeicher Rhythmik einen mitreißenden, temperamentvollen Klang erzeugten. Auch am Esprit, dem Witz und der Ausgelassenheit in dieser facettenreichen „Offenbachiade“ ließen sie es nicht fehlen.
Für die phantasievollen schrill-bunten Kostüme der weiteren Solisten zeichnete Ulli Kremer verantwortlich. So trug Wanda zu ihrer roten Perücke eine bunt gemusterte Bauerntracht, Soldat Fritz und General Bumm blaue Uniformen, während Baron Puck und Graf Grog in eher dezente dunkle Kostüme gekleidet waren. Prinz Paul dagegen, der für die Großherzogin zum Gemahl ausgewählt wurde, war hier ein tuntiges „Prinzesschen“ mit rosa Perücke, rosa Strumpfhosen und Schuhen, hellblauer Oberbekleidung oder auch im weißen Brautkleid.
Damit die Großherzogin womöglich aus Langeweile nicht auf die Idee kommt, sich in die Politik und in ihre Regierungsgeschäfte einzumischen, beschließen ihre Untergebenen Baron Puck (Frank Jordan) und General Bumm (Daniel Schütter), sie mit Prinz Paul (Jan Rogler) zu verheiraten. Doch dieser kommt für sie eigentlich nicht infrage, vielmehr hat sie ein Auge auf den einfachen Soldaten Fritz (Mark Weigel) geworfen und befördert ihn flugs zum General, was Baron Puck und General Bumm gar nicht gefällt und so planen sie Fritz irgendwie zu beseitigen. Sie zetteln einen kleinen Krieg gegen den Nachbarstaat an, den „General“ Fritz jedoch gewinnt, indem er die feindlichen Soldaten betrunken macht. Den Avancen der Großherzogin widersteht Fritz, dessen Herz für Wanda schlägt. Daraufhin wird Fritz von ihr wieder degradiert und sie wendet sich dem interessanten Grafen Grog zu (Oliver Warsitz), der allerdings von Prinz Pauls Vater gesandt worden ist, um endlich die Ehe zwischen der Großherzogin und Prinz Paul zu forcieren, was ihm schlussendlich auch gelingt.
Gesungen wurde in diesem Rahmen vorzüglich, und auch die charmanten, revueartigen Choreographien von Kerstin Ried trugen ein Übriges zum Gelingen dieser brillanten Inszenierung bei. Die genannten Solisten gingen vollends auf in ihren Partien, kosteten die humoresken Seiten ihrer Rollen gekonnt amüsant aus und sangen perfekt. Insbesondere das Verschwörerterzett – Jan Rogler als Prinz Paul mit heller Tenorstimme, Daniel Schütter als General Bumm mit geschmeidigem Bass-Bariton, und Frank Jordan als Baron Puck mit gut geführtem Bariton – verfehlte seine Wirkung nicht.
Auch Dagmar Bernhard als vergnügte, lebenslustige und in einer Tour quasselnde Wanda gefiel nicht nur in ihren Gesangsnummern mit kräftiger lyrischer Sopranstimme. Mark Weigel als Soldat Fritz, der am Ende arge Prügel einstecken mußte, glänzte mit seinem in allen Lagen gut geführten lyrischen Tenor.
Nicht enden wollenden Applaus gab es am Schluß dieser zweistündigen, wunderbar umgesetzten „Opéra bouffe“ für sämtliche Mitwirkenden, besondere Ovationen gab es für Daniela Ziegler