Hamburg, Bechstein Centrum, JOY TO THE WORLD - Weihnachtskonzert Leon Gurvitch, IOCO

Hamburg, Bechstein Centrum, JOY TO THE WORLD - Weihnachtskonzert Leon Gurvitch, IOCO
Leon Gurvitch copyright Wolfgang Radtke

von Wolfgang Schmitt 

Der inzwischen auch international renommierte Komponist und Pianist Leon Gurvitch hat in den vergangenen Jahren insbesondere die Hamburger Kulturszene mit seinen Konzerten bereichert, und so gab es auch in diesem Jahr wieder ein Weihnachtskonzert, diesmal in dem intimen Konzertsaal des Bechstein-Zentrums im Chile-Haus direkt in der Hamburger Innenstadt.

Daß Leon Gurvitch ein begnadeter Pianist – und nebenbei ein charmanter Moderator ist, konnte er bei diesem Solo-Konzert wieder einmal unter Beweis stellen, für welches er ein interessantes und vielseitiges weihnachtliches Programm zusammengestellt hatte, das uns für zwei Stunden von der momentanen unschönen Weltlage und der bedrohlichen Kriegssituation in Südosteuropa und dem Nahen Osten ablenken sollte.

Eröffnet wurde der Abend mit „Jesus bleibet meine Freude“ von Johann Sebastian Bach, ein bewegendes und dennoch sehr melodiöses Stück, welches sich durch in eingängiges, fast tänzerisches Motiv auszeichnet und vom Künstler zur Einstimmung schön und innig interpretiert wurde.

Im Mai 2024 wurde Leon Gurvitchs neueste CD, „Musique Mélancholique“, aus der Taufe gehoben. Aus dieser CD folgten zwei Stücke, zunächst „Silent Waves“, eine sanfte, munter und lebhaft fließende Melodie, danach die heitere und fröhliche „Melody from Childhood“, die eine freudige Erwartung der Kinder auf das bevorstehende Weihnachtsfest assoziieren könnte.

In seiner Moderation sprach Leon Gurvitch davon, daß jeder Komponist sehr gerne seine eigenen  „Vier Jahreszeiten“ komponieren würde, und er erinnerte daran, daß Vivaldi seine „Vier Jahreszeiten“ 1725, vor nunmehr fast 300 Jahren schrieb. Hier nun präsentierte Leon Gurvitch seinen „Winter“, ein hochdramatisches, aufwühlendes Stück, bei dem man beinahe die Schneelawinen ins Tal stürzen oder das Eis knirschen und die Eisbrecher sich den Weg durch den zugefrorenen Fluß bahnen hören konnte. Wir dürfen gespannt sein auf seinen „Frühling“, „Sommer“ und „Herbst“.

In seinen Anfangsjahren war Leon Gurvitch auch Leiter einer Jazz-Band; die Liebe zum Jazz wird ihn immer begleiten. Und so spielte er als nächstes ein spannendes – verjazztes – Medley, in welchem er Georg Friedrich Händels „Tochter Zion“ (aus „Judas Maccabaeus“) mit Irving Berlins „White Christmas“ und „Winter Wonderland“ des amerikanischen Komponisten Felix Bernard kombinierte und welches von seinem Publikum begeistert aufgenommen wurde.

Leon Gurvitch copyright Wolfgang Radtke

 

Nach einer Pause ging es weiter im Weihnachtsprogramm mit dem „Christmas Song“. Auch diesen  interpretierte Leon Gurvitch in einer schmissigen Jazz-Version. Dieser Song, geschrieben von Mel Tormé und Robert Wells, erstmals 1946 von Nat King Cole gesungen, zählt ebenso wie „White Christmas“ und „Winter Wonderland“ zum Standard-Weihnachtsrepertoire amerikanischer Show-Größen, angefangen bei Bing Crosby und Frank Sinatra, über Diana Ross und Aretha Franklin, bis hin zu den Four Tops und den Temptations.

Aus seiner Komposition „12 Monate“ folgte nun, natürlich passend zur Jahreszeit, „Dezember“, ein sehr besinnliches, sanftes Stück, bei dem man mit etwas Phantasie an fallende Schneeflocken denken konnte.

„Leise rieselt der Schnee“ wurde in einer wunderschönen verhaltenen Pop-Version gespielt mit einem Intro, welches stark an „Cast your Fate to the Wind“ erinnerte.

„Carol of the Bells“ ist ursprünglich ein altes ukrainisches Neujahrslied, geschrieben ca. 1914 von Mykola Leontovych, auf dem Flügel von Leon Gurvitch silbrig zart interpretiert, während er gleichzeitig die Melodika bediente und damit leicht rauhe, auch herbe Töne erzielte. Diese Mischung ergab ein durchaus ansprechendes Klangergebnis.

„Joy to the World“, das Lied, welches diesem Konzertabend den Titel gab, ist eigentlich ein Traditional, 1719 von dem Amerikaner Isaac Watts geschrieben, fand jedoch 1742 Einzug in Händels „Messias“, so daß Händel nun stets als der Komponist angegeben wird. Leon Gurvitch bot hier eine flüssige, stimmungsvolle Interpretation, womit das eigentliche Programm beendet war, doch ohne ein paar Zugaben entließ man den Künstler natürlich nicht.

Seine erste Zugabe war eine feierliche „Stille Nacht, heilige Nacht“, das deutsche Weihnachtslied schlechthin. Es wurde mittlerweile in über 300 Sprachen übersetzt und in Bearbeitungen von Klassik, Pop und Soul  auf den Schallplatten- bzw. CD-Markt gebracht, ob Domingo, Carreras, Ella Fitzgerald, oder Florence Ballard mit den Supremes. Nahezu jeder Künstler, der eine Weihnachts-CD auf den Markt bringt, singt darauf natürlich auch "Silent Night“.

Der Song „Have yourself a merry little Christmas“ fand stets große Beliebtheit bei Weltstars wie Frank Sinatra, Bette Midler oder Kathy Kirby, Stevie Wonder oder auch Michael Jackson. Erstmals gesungen von Judy Garland in dem Film „Meet me in St. Louis“ von Regisseur Vincente Minelli (den sie später heiratete), wurde dieses ein verbreiteter Weihnachts-Song besonders unter amerikanischen Künstlern. Leon Gurvitch spielte ihn hier in einer flotten Swing-Version.

Mit seiner letzten Zugabe, Johannes Brahms' Wiegenlied „Guten Abend, gute Nacht“, mit leichten Ragtime-Anklängen dargeboten, ging dieses wunderschöne Weihnachtskonzert schließlich zu Ende. Die Freude über das Gehörte und der Jubel für diesen Ausnahmekünstler waren groß, der Beifall lang anhaltend. Was in diesen ernsten Zeiten bleibt ist die Hoffnung auf  Peace on Earth, Peace and Joy to the World.

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