Eutin, Festspiele, JESUS CHRIST SUPERSTAR - Musical, IOCO

EUTINER FESTSPIELE - Andrew Lloyd Webber, Jahrgang 1948, gilt als der erfolgreichste Musical-Komponist der Gegenwart. Mit seinen Musicals Cats, Evita, Starlight Express, Sunset Boulevard und besonders Das Phantom der Oper erlangte er Weltruhm ....

Eutin, Festspiele, JESUS CHRIST SUPERSTAR - Musical, IOCO
Eutiner Festspiel Bühne - NEU @ ef/daniel lagerpusch

 von Wolfgang Schmitt

Andrew Lloyd Webber, Jahrgang 1948, gilt als der erfolgreichste Musical-Komponist der Gegenwart. Mit seinen Musicals Cats, Evita, Starlight Express, Sunset Boulevard und besonders Das Phantom der Oper erlangte er Weltruhm. Einige Songs aus seinen Musicals wurden Welt-Hits wie z.B. „Memory“ von Barbara Streisand oder „Don't cry for me Argentina“ von Madonna. Auch der britische Schauspieler Murray Head konnte die internationalen Hitparaden erobern mit dem Song „Jesus Christ Superstar“ aus Lloyd Webbers 1970 geschriebenem Musical. Murray Head war der 'Judas' in der Uraufführung des Musicals. Auch Yvonne Elliman, die Originalbesetzung der 'Mary Magdalene', konnte mit dem Song „I don't know how to love him“ Hitparaden-Erfolge erzielen.

JESUS CHRIST SUPERSTAR - Eutin youtube Eutiner Festspiele

Nachdem die Eutiner Festspiele im vergangenen Jahr 2023 in der üblichen Form ausfielen wegen der umfangreichen – und wie man sich nun überzeugen konnte – überaus gelungenen Umgestaltung der Spielstätte mit erweiterter Bühne, vergrößertem und überdachtem Orchestergraben, der erheblich modernisierten und erweiterten, nunmehr beinahe 2.000 Plätze fassenden Zuschauertribüne mit darunterliegender Restauration und großzügigen sanitären Anlagen sowie einer Promenade direkt am Wasser des Großen Eutiner Sees, standen für die diesjährigen Sommerspiele nun Jesus Christ Superstar und Der Freischütz auf dem Programm.

Regisseur Till Kleine-Möller schuf gemeinsam mit dem Bühnenbildner Jörg Brombacher, dem Video-Künstler Grigory Shklyar und dem Lichtdesigner Rolf Essers ein modernes, beeindruckendes, in die Jetztzeit versetztes Rock-Spektakel, von den Machern als „Retro-Futurismus“ bezeichnet. Und so staunt der überraschte Zuschauer während des gesamten Abends nicht nur über den heutzutage wohl unvermeidlichen Einsatz von Smartphones und Bühnenkameras, sondern ebenfalls über das farbenreiche Lichtdesign und über die auf ein großes Triptychon sowie sechs weitere kleinere Leinwände projizierten Video-einspielungen sowohl von biblischen Motiven als auch einiger zeitgenössischer Persönlichkeiten wie Lady Diana, Mutter Teresa oder auch Lenin. Die ausgefeilte Choreographie von Timo Radünz – der ebenfalls für die phantasievollen Kostümentwürfe verantwortlich zeichnete – trug ganz erheblich zum optischen Gesamteindruck der Inszenierung bei. Besonders sei hier die Szene des Herodes (Joachim Kaiser herrlich grotesk anzuschauen in silbernem Anzug mit schwarzem Hemd und rosa Krawatte) mit seinem Ragtime-Song „Try it and see“ erwähnt, begleitet von einer Gruppe in rosafarbenen Body-Stockings gekleideten tanzenden Show-Girls.

JESUS CHRIST SUPERSTAR - Eutin - Szenefoto @ Wolfgang Radtke

Die Handlung des Stücks als solches dreht sich um die letzten sieben Tage des Jesus Christus, vom Palmsonntag, seinem Einzug nach Jerusalem, bis zu seiner Kreuzigung am Karfreitag. Judas Ischariot, sein Freund und Jünger, aber auch sein Verräter, wird hier als sympathischer Charakter dargestellt, während Jesus' Göttlichkeit hier infrage gestellt wird, man ihn sowohl als Bedrohung empfindet, seine „Follower“ ihn jedoch als Heilsbringer, als Superstar, feiern. Judas ist die eigentliche Hauptfigur dieses Musicals, und daß er hier als „der Gute“ dargestellt wird, erzürnte bei der Erstaufführung sowohl Kirche als auch Kritiker, während das Publikum schon damals begeistert war und Andrew Lloyd Webber mit diesem Werk den Grundstein für seinen späteren Weltruhm legen konnte.

Musikalisch blieben keine Wünsche offen. Unter der Leitung von Christoph Bönecker spielte die Kammerphilharmonie Lübeck rasant und kontrastreich, setzte Lloyd Webbers Komposition, eine  raffinierte Mischung aus Rock, Pop-Anklängen, Blues- und Soul-Elementen, verstärkt und klanglich perfekt ausbalanciert durch exzellente Tonsteuerung um, trug die Solisten bei den gefühlvollen Balladen ebenso wie die großen Ensembles bei den monumentalen Chorpassagen.

JESUS CHRIST SUPERSTAR - zum Schlussapplaus - vorne Jesus Christus (l) und Judas Ischariot (r) - Copyright Wolfgang RADTKE

Eine glückliche Hand hatten die Eutiner Festspiele bei der Auswahl des Solisten-Ensembles. Sämtliche Rollen waren optimal besetzt, sowohl was die stimmliche Leistung als auch die darstellerischen Anforderungen betraf.

Emilio Moreno Arias war ein sehr schlanker, androgyner Jesus Christus mit blauer Langhaar-Perücke, der mit seiner sehr hellen, weichen Tenorstimme, die fast wie ein Sopran klang, seine Partie souverän bewältigte und seine stärksten Momente in der recht blutigen Kreuzigungs-Szene hatte.

Sein Gegenspieler Judas Ischariot war Florian Minnerop, der seinem Bariton eine Vielzahl von Farben abgewinnen konnte und die Zerrissenheit seiner Rolle auch durch heiser klingende und heraus geschriene Töne unterstrich. Beeindruckend war seine Interpretation des bekannteste Songs, „Jesus Christ Superstar“, sowie seine Todesszene mit dem Seil um den Hals.

Antonia Kalinowski war eine ausdrucksstarke Maria Magdalena mit kraftvollem Mezzosopran, den sie aber durchaus gefühlvoll und zart einsetzen konnte wie in ihrer großen Arie „I don't know how to love him“ oder auch im Terzett mit Judas und Jesus,“Everything is alright“.

Die weiteren Partien wurden ebenfalls perfekt und intensiv dargestellt und gesungen von Tobias Blinzler als Kaiphas, Pedro Reichert als Pilatus, Maximilian Aschenbrenner als Petrus, Florian Heinke als Simon, Julius Störmer als Annas, und dem bereits erwähnten Joachim Kaiser als bizarre Show-Star-Parodie des Herodes.

Der Wettergott zeigte sich gnädig, die Sonne schien bis in die späten Abendstunden, und am Ende sparte das begeisterte Publikum dann auch nicht mit lang anhaltenden Ovationen für alle Mitwirkenden dieser durchaus beeindruckenden Inszenierung.

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Odessa - Ukraine, Opernhaus Odessa, La Traviata - Odessa zu Kriegs- und Friedenszeiten, IOCO Aktuell, 18.11.2024

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