Dresden, Semperoper, DIE JÜDIN VON TOLEDO - Detlev Glanert, IOCO Kritik

Die Ereignisse von 1846 bis 1847 im Bayerischen Königshaus um König Ludwig I. mit Lola Montez veranlassten Grillparzer offenbar, zwischen 1848 und 1855 Die Jüdin von Toledo um das Toledo der zwölften Jahrhundertwende, welches ein Schmelztiegel dreier Glaubensrichtungen war zu schreiben .......

Dresden, Semperoper, DIE JÜDIN VON TOLEDO - Detlev Glanert, IOCO Kritik
SEMPEROPER Dresden @ Matthias Creutziger

Uraufführung - Hochpolitische Oper von Detlev Glanert in der Semperoper von Dresden

von Thomas Thielemann

Das Toledo der zwölften Jahrhundertwende war ein Schmelztiegel dreier Glaubensrichtungen. Die Grenzsituation zwischen dem muslemischen südlichen Teil der Iberischen Halbinsel und dem christlich geprägten nördlichen Teil führte zu einer Bevölkerung, die aus muslimischen Mauren, Christen und Juden bestand. Jede dieser Gruppen hatte neben ihren religiösen Grundlagen auch eigene wirtschaftliche und kulturelle Prägungen, die sich mit einem seltsamen Ineinandergreifen mit viel Toleranz dank gegenseitigen Abhängigkeiten gegenseitig beeinflussten. Juden waren in Toledo seit langer Zeit zu Hause. Sie lebten ihren Glauben und bereicherten das intellektuelle und künstlerische Leben. Während der geteilten Herrschaft der Muslime aus Nordafrika im südlichen und der Macht christlicher Könige im nördlichen Teil der Iberischen Halbinsel vermittelten sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten innerhalb von Muslimen und Christen.

TRAILER - Detlev Glanert - »Die Jüdin von Toledo // youtube Semperoper Dresden

Zwischen den Christen und den Muslimen tobte allerdings der vom Papsttum befeuerte Verdrängungskampf um die Machtverschiebung auf der iberischen Halbinsel. Mit der sich von 722 bis 1492 hinziehenden „Reconquista“ wurde die maurische Besiedelung des jetzigen Spaniens im Rahmen von Kreuzzügen äußerst zäh rückgängig gemacht. Eine in der Crónica General des Alfonso el Sabio (1223-1284) historisch gut gesicherte Episode in diesem sporadisch verlaufenden Prozess war das Verhältnis des Königs Alfonso VIII. von Kastilien (1155-1214) mit der Tochter seines jüdischen Ersten Ministers, der Rahel Esra la Fermosa (um 1165-1195). Der österreichische Dramatiker Franz Grillparzer (1791-1872) erkannte Parallelenzwischen der historischen Überlieferung der problematischen Beziehung der beiden und dem skandalträchtigen Verhältnis des Bayerischen Königs Ludwig I. (1786-1868) mit der irischen Tänzerin Lola Montez (1821-1861). Obwohl die tragische Episode nicht nur Lope de Vegas früher bereits inspirierte, hatte sich Grillparzer im Jahre 1812 schon mit dem Sujet, zunächst ohne den aktuellen Bezug, beschäftigt. Die Münchner Ereignisse von 1846 bis 1847 im Bayerischen Königshaus veranlassten Grillparzer offenbar, zwischen 1848 und 1855 das Trauerspiel Die Jüdin von Toledo zu schreiben. Er hielt aber das Ergebnis seiner Recherchen und Schlussfolgerungen bis zu seinem Tode unter Verschluss, so dass eine Uraufführung seines Werkes erst 1872 möglich wurde. Für die Opernkomposition Detlev Glanerts nutzte der Germanist und Schriftsteller Hans-Ulrich Treichel gemeinsam mit dem früheren Dramaturgen des Hauses Kai Weßler Grillparzers Arbeit als Leitfaden ihres Librettos: