Dresden, Semperoper, 4. Symphoniekonzert - Daniele Gatti
Mit zwei Ballettmusiken und Robert Schumanns Frühlingssymphonie beendete der designierte Chefdirigent der Sächsischen Staatskapelle, Daniele Gatti, seine seit dem Jahre 2000 fast lückenlose Gastdirigenten-Tätigkeit.
DANIELE GATTI - vom Gastdirigent zum Chefdirigent - nun im letzten Gastdirigat - Beethoven, Stravinsky, Schumann -
von Thomas Thielemann
Mit zwei Ballettmusiken und Robert Schumanns Frühlingssymphonie beendete der designierte Chefdirigent der Sächsischen Staatskapelle, Daniele Gatti, am 17.12.2023 seine seit dem Jahre 2000 fast lückenlose Gastdirigenten-Tätigkeit beim ihm so vertrauten Orchester, bevor er am 1. August 2024 sein neues Amt antreten wird.
Der seit dem November 1792 im Musikleben der Stadt Wien vor allem als Improvisator und Pianist bewunderte Komponist Ludwig van Beethoven (1770-1827) erhielt im Jahre 1800 von dem gefeierten Tänzer und Choreografen Salvatore Viganò (1769-1821) einen Auftrag zur Komposition der Ballettmusik „Die Geschöpfe des Prometheus“. Viganò, der mit seinem kühnen Stil eine neue Epoche des Tanzes in der Kaiserstadt eingeleitet hatte, wollte mit pantomimischen Formen die Geschichte von der Erschaffung und geistigen Erweckung des ersten Menschenpaares erzählen. Da Wien zu dieser Zeit noch keinen Konzertsaal hatte, nahm Beethoven die Möglichkeit für das Theater zu arbeiten, gern an. Nur so konnte er außerhalb der Adelshäuser sein Orchesterschaffen präsentieren. Nahezu parallel zu mit seiner „Ersten Symphonie“ schuf Beethoven die sechzehn Nummern für Orchester umfassende Ballettmusik. Von der ungewöhnlich hohen Zahl der neunundzwanzig erfolgreichen Aufführungen des Balletts wurde berichtet. Die Choreografie Viganòs ist verschollen und die vollständige Ballettmusik Beethovens wird selten aufgeführt. Lediglich die mit einem deutlichen Anklang an den Beginn der „Ersten Symphonie“ versehene Ouvertüre zum Ballett „Die Geschöpfe des Prometheus“ hat bis heute im Repertoire als eigenständiges Werk überlebt. Nach einer Überlieferung des Viganò-Biografen Carlo Ritorni (1786-1860) könnten in der Ouvertüre die beiden Lehmstatuen eine Rolle gespielt haben, die Prometheus mit dem von den Göttern geraubten Feuer zu den seinen Vorstellungen entsprechenden Schöpfungen „Frau und Mann“ formte.
Mit wunderbar ausbalancierten dynamischen Kontrasten und fein gezeichneten Charakteren nutzte Gatti die Ouvertüre als Plattform des 4. Symphoniekonzerts der Saison. So harsch und trocken die Anfangsakkorde daher kamen, so geschmeidig floss die Musik mal lieblich tänzelnd, mal ungestüm wirbelnd weiter.
Der unaufhaltsame Vorwärtsdrang der Spannungen brachte einen regelrecht philosophischen Übergang zu Igor Strawinskys Ballettmusik „Apollon musagète“. Diese Komposition entstand nicht, wie seine früheren Ballettmusiken für die „Ballets Russes“ Djaghilevs, sondern für ein Festival zeitgenössischer Musik in der Washingtoner Libary of Congress amerikanische Truppe. Für „Apollon musagète“ holte sich Strawinsky (1882-1971) eine Vorlage aus der antiken griechischen Mythologie: der Gott der Musik Apollon tanzt mit den Musen der Poesie Kalliope, der Muse der Hymnendichtung Polyhymnia sowie der Muse des Tanzes Terpsichore und führt sie am Schluss zum Parnass-Gebirge.
Strawinsky hatte das Werk 1927 /1928 tonal nur für Streichorchester komponiert und in der Struktur an die Ballettmusiken von Jean Baptiste Lully (1632-1687) angelehnt. Damit gelang ihm wieder einmal, sein Publikum zu verblüffen.
Daniele Gatti kostete die Musik liebevoll und mit zartfühlender Hand aus. Am Beginn hatte man das Gefühl, musikalisch entführt zu werden. Man ließ sich einhüllen, gepackt nur von der Magie der Musik, von der fein dosierten Expressivität und Eleganz, so dass Apoll als Liebling der Musen erkennbar wurde. Eine hervorragende Solovariation des Apollons, von der Gast-Konzertmeisterin Yuki Janke geboten, betonte das auf das Hervorragendste.