Dresden, Kulturpalast, Krzysztof Penderecki - Dresdner Philharmonie, IOCO Kritik, 02.03.2020
Krzysztof Penderecki - Concerto grosso für drei Violoncelli
Dresdner Philharmonie mit drei Gast-Cellisten
von Thomas Thielemann
Es ist schon eine Besonderheit, zu einem Konzert geladen zu werden, in dem eine Musiklegende eine eigene Komposition dirigieren möchte. Am 1. März 2020 wollte der 86-jährige polnische Komponist Krzysztof Penderecki in den Konzertsaal des Dresdner Kulturpalastes kommen, um sein Concerto grosso für drei Violoncelli und Orchester mit drei bereits profilierten jungen Cellisten daselbst vorstellen. Außerdem wollte er seine Auffassung von Antonin Dvoráks 8. Sinfonie interpretieren.
Wir hatten uns auf das Wiedersehen nach über vierzig Jahren Penderecki-Abstinenz gefreut. Als wir Penderecki kennen lernten, galt er als unorthodoxer Querkopf und die personifizierte Konterrevolution, als der berühmteste Abtrünnige und Provokateur. Für Krzysztof Penderecki war sein Stil eine Synthese aus Tradition und Innovation; für seine Mitstreiter aber war es schlichtweg Verrat.
Jahre später, 2001, griff Penderecki mit seinem Concerto grosso für drei Celli und Orchester Merkmale der Barockmusik, das Prinzip des Kontrastes und Ausspielen klanglicher Gegensätze auf, indem er die ausführenden Musiker in Gruppen unterschiedlicher Besetzung aufteilte. Penderecki erklärte zu seiner Komposition, dass nur wenige Instrumente für den exklusiven Einsatz in einem Dreifachkonzert geeignet seien. Das Cello mit seiner Tonleiter von sechs oder sogar sieben Oktaven sei für ihn das perfekte Instrument; es sei unglaublich, was man für Celli schreiben könne. In einem Interview zur Komposition, gab Krzysztof Penderecki pragmatisch zu Protokoll, dass er das Konzert eigentlich gern für sechs Solo-Celli geschrieben hätte, aber die zwölf erforderlichen Flugtickets würden die ohnehin begrenzten Aufführungsmöglichkeiten weiterhin zu stark einschränken.
Aber wie das bei den Dirigenten des fortgeschrittenen Alters ist, gelegentlich kränkeln sie. Und so hatte das Management der Dresdner Philharmonie den polnischen Dirigenten Maciej Tworek von der Krakauer Capella Cracoviensis gewonnen, das schwere Amt des Dirigats des Concerto Grosso zu übernehmen.
Der Dirigent des Abends Maciej Tworek, der bereits mehrfach mit Penderecki zusammen arbeitete, leitete eine sanfte und eher forschende Aufführung, die das Concerto Grosso als ein reichhaltiges tragisches Werk erscheinen ließ.
Die Solo-Violoncelli greifen in verschiedenen Kombinationen in das musikalische Geschehen ein und wurden für das jeweilige konzertante Moment verantwortlich, während sich in dessen Verlauf andere Instrumente u.a. Horn, Oboe, Flöte und Klarinette ihnen anschlossen. Damit nahm das Werk den Charakter eines Orchesterkonzertes an. Die drei Solisten wurden gleichermaßen wie der Dirigent für den Konzertverlauf verantwortlich. Die Komposition ist mit sechs Vortragsbezeichnungen angelegt, wurde aber einsätzig dargeboten.
Als Solisten des Konzertes konnten drei hochkarätige Cellisten der jüngeren Generation gewonnen worden:
Zunächst die 1977 im russischen Nowosibirsk geborene Tatjana Vassiljeva, die 2001 den First Grand Prix de la Ville de Paris gewann und 2005 beim Rostropowitch-Wettbewerb als internationale Neuentdeckung des Jahres gefeiert worden war.
Dann der 1994 im rumänischen Bukarest geborene Andrei Ionita, der 2013 den 1. Preis des "Khatschaturian International Competion" erzielte, und 2014 im ARD –Wettbewerb den 2. Preis sowie den 1. Preis für die Interpretation eines Auftragswerkes erreichte. Im Moskauer Tschaikowski-Wettbewerb 2015 gewann er den 1. Preis und erhielt 2016 den Luitpolt-Preis des Kissinger Sommer. Inzwischen ist er mit einem Cello von Giovanni Battista Rogeri von 1671 weltweit tätig.
Außerdem vor allem der 1975 in Ungarn geborene László Fenyö, der seit dem Gewinn des Pablo Casals Wettbewerb 2004 zur Weltelite der Cellisten zählt und mit seinem „Matteo Goffriller Cello von 1695“ zu den gefragtesten Solisten seines Faches gehört.
Die Interpretation war prachtvoll von dem erstklassischen Trio der Solisten geprägt. Technisch glänzend und in ihren rhapsodischen Solopassagen frei und ausdrucksstark erwiesen sie sich als zusammenhängendes frisch musizierendes Team. In den knapp 36 Minuten wird das Spiel allen Hochs und Tiefs, elegischen und rhythmischen Momenten gerecht. Man weiß nie, was im nächsten Moment passiert, aber alles war im Fluss, folgte dem von Tworek mit sparsamen Bewegungen vorgegebenem Faden und verschafften ihm sowie dem Orchester zu einem schönen Erfolg.
Nach der Pause dirigierte er die Dresdner Philharmonie mit sichtlichem Vergnügen die so nicht recht ins Programm passende achte Sinfonie von Antonin Dvorák. Aber bei diesem Dirigat blieb noch Luft nach oben, obwohl die Zuhörer recht begeistert waren.
---| IOCO Kritik Kulturpalast Dresden |---