Desden, Kulturpalast, Moritzburg Festival Orchester - Édouard Lalo, IOCO Kritik, 13.10.2022
30. Moritzburg Festival - Sonderkonzert im Dresdner Kulturpalast
Jan Vogler interpretiert Cello-Konzert von Édouard Lalo
von Thomas Thielemann
Der französische Komponist Édouard Lalo (1823-1892) und sein Werk gehören nicht zu den populären Aspekten des Musiklebens. Das dürfte neben seinem eher schmalen vor allem Kammermusik umfassenden Gesamtwerk in erster Linie an seiner wenig spektakulären Lebensführung liegen. Lalo war kein Komponist, der musikstilistische Grenzen berührte oder gar verschob. Seine Anlehnung an die deutsche Frühromantik bereitete ihm in den 1870er Jahren in Frankreich sogar politische Probleme. In seinem Heimatland beruht sein Nachruhm kurioserweise auf seiner einzigen Oper Le Roi d´Ys. In der Welt sind seine „Symphonie espagnole“, eigentlich ein Violinkonzert, und ein Cello-Konzert verbreiteter.
Trotz unserer ziemlich intensiven und breit aufgestellten Konzertbesuche hatte ich das Lalo-Cellokonzert bisher nur einmal, und zwar vor ziemlich exakt 25 Jahren, kurioserweise in Schanghai, gehört.
Deshalb war es von Jan Vogler verdienstvoll, dass er das vergleichsweise unbekannte „Konzert für Violoncello und Orchester d-Moll“ aus dem Jahre 1877 in das Sonderkonzert des 30. Moritzburg Festival, alle Informationen link HIER, vom 12. Oktober 2022 im Konzertsaal des Dresdner Kulturpalast aufgenommen hatte.
Vogler, der das Cello-Konzert auch im Studio „Lukaskirche“ für SONY-Classical einspielen wird, musizierte mit 49 Teilnehmern des 30-Jahre-Jubiläums-Moritzburg-Festivals und dem Dirigat von Josep Caballé Domenech. Jan Vogler speilt auf einem Stradivari-Cello „Castelbarco / Fau“ von 1707.
Der Geiger Édouard Lalo spielte neben Bratsche gelegentlich auch Cello, so dass er über das Verständnis für die besonderen Ausdrucksmöglichkeiten des Instrumentes verfügte.
Romantische Schwärmereien, Ekstasen, Leidenschaften und große Gesten waren von Jan Vogler zu kreieren. Dabei musste er sein virtuoses Können einsetzen, wenn er das durch alle Lagen ausgreifende Passagenwerk zu bewältigen hatte und den vollen Tonumfang seines Instruments ausnutzen musste. Neben Bewegungen in den hohen Lagen forderte Lalo vom Solisten bevorzugt seine technische Souveränität in den warmen und dunkleren tiefen Lagen.
Nach der langsamen Einleitung folgte im ersten Satz ein heroisches Thema, das vom Orchester mit energischen Schlägen, von der Pauke sowie dem Blech fast etwas zu grob, begleitet wurde. Jan Vogler holte sich die Initiative zurück und führte den Kopfsatz ziemlich unvermittelt in elegische Bereiche.
Besonders faszinierend empfand ich das im zweiten Satz von langsamen Stellen mit dem Scherzo Verwobene, zumal der Spanier Eduardo Machado seine Schlegel ruhen ließ und die Streicher und die Flöten des Orchesters den Solisten begleiteten.
Begeisternd dabei der Tonumfang des von Vogler gespielten Cellos aus der Werkstatt Antonio Stradivaris (1644-1737). Stradivari hatte um 1700 begonnen, mit kleineren Celli, der sogenannten Forma-B, zu experimentieren und damit die heute gebräuchliche Größe des Violoncellos entwickelt. Die Namensgeber des Instruments „Ex-Castelbarco, Fau“ waren Sammler. Intensiver gespielt hat das Instrument die Ehefrau des berühmten Cellisten Alberto Ginastra (1916-1983), Aurora Natalo-Ginastra.
Auch der dritte Satz forderte von Jan Vogler zunehmende Fingerfertigkeiten und Kondition. Nach der langsamen Einleitung nahm das Geschehen noch ordentlich Fahrt auf.
Das Orchester bot eine ausgezeichnete Partnerschaft des Solisten, war präsentabler Mitgestalter der symphonischen Ausgestaltung des Konzertes und blieb in keiner Phase nur Hintergrund der Cello-Darbietung. Eingerahmt war Èdouard Lalos Cello-Konzert von Rossinis Ouvertüre zur Oper Wilhelm Tell und der Symphonie Nr 1 von Johannes Brahms.
---| IOCO Kritik Kulturpalast Dresden |---