Bremerhaven, Stadttheater Bremerhaven, MACBETH - Giuseppe Verdi, IOCO Kritik, 22.11.2022
MACBETH - Giuseppe Verdi
- Sternstunde im Norden - phänomenale Stimmen in schaurig mitreißendem Drama -
von Michael Stange
Giuseppe Verdis Oper Macbeth ist im Kern die Geschichte der Verleitung, der Machtgier und des Mordens um zur Herrschaft zu gelangen und später um eigene Taten zu verdecken. Dem geachteten Feldherrn Macbeth wird gewonnener Schlacht von Hexen prophezeit, dass er König von Schottland sein werde. Um dies umzusetzen, tötet er den König, angestachelt auch durch die Einflüsterungen seiner Frau. Zur Kaschierung des ersten Verbrechens und Sicherung des Erfolges seiner Taten folgt Macbeth weiter dem Pfad der Gewalt. Immer drängendere Schuldgefühle treiben das Herrscherpaar schließlich in Wahnsinn und so werden sie am Ende Opfer ihrer Taten und der ihnen zugrundeliegenden Machtgier.
Verdi hat sich mit Macbeth einen großen Schritt von seinen Frühwerken entfernt und ist zu einer differenzierten szenischen musikalischen Dramatisierung gelangt. Expressive Arien, Duette und mächtige Chöre hat er dramatisch verknüpft, die Nummernoper hinter sich gelassen und ein beklemmendes blutiges Psychogramm komponiert.
Philipp Westerbarkeis Inszenierung nimmt dieses düstere Drama mit dunklen Farben auf. Die Akteure sind bis auf Macbeth und Lady Macbeth dunkle gekleidet. Dadurch und auch durch die Personenführung wirkt das Drama wie eine Einheit dämonischer Gestalten und nicht wie eine Täter-Opfer-Beziehung. So entsteht ein gemeinsames Schicksal aller Beteiligten, das blutig endet. Personenregie, Maske und Kostüme erzeugen unter die Haut gehende verstörende Bilder. Durch das auf das Wesentliche konzentrierte Spiel entsteht eine mitreißende Erzählung und eine dramatisch dichte Handlung.
Signe Heiberg verfügt über einen ungemein betörenden lyrisch dramatischen Sopran mit warmer Mittellage und leuchtender Höhe. Sie verleiht der Lady Macbeth, auch durch die ihre involvierte Modulation, die fahlen Stimmfarben und die dramatische Attacke eine glutvolle Intensität. Mit dramatisch dunklem Ton und leuchtender Höhe ist sie zum einen die lockende Sirene, die Macbeth um den Finger wickelt aber auch die blutrünstige Mörderin. Mit immensem stimmlichen Einsatz und eindrucksvollem Spiel geht sie völlig in der Rolle auf. So ist Signe Heiberg ist ein wahrer Glücksfall für die Rolle der Lady Macbeth. Ein grandioses Portrait.
Juan Orozco kam aus Freiburg als Einspringer. Er war ein furchteinflößender Macbeth mit prächtiger stimmlicher Pracht, der von der Tonfarbe und Gestaltungskraft an große Vorbilder wie Giuseppe Taddei erinnerte. Mit dunkler Farbe, warmen vollen und voluminösem Stimmklang und strahlender metallischer Höhe verfügt er über die alle Mittel dieser anspruchsvollen Partie. Gestalterisch ging er in der Rolle auf und bot ein involviertes Rollenportrait mit fulminanter vokaler Gestaltung.
Konstantinos Klironomos hatte als Macduff seinen Gegnern einiges entgegenzusetzen. Sein warmer, klangschöner heldisch gefärbter und durchschlagskräftiger Tenor war ein weiterer Glanzpunkt des Abends. Mit ihm wurde Macduff zu einem mächtigen und glaubwürdigen Rächer der Taten Macbeths.
Opernchor und Extrachor des Stadttheaters Bremerhaven, Leitung: Mario El Fakih Hernández, trugen durch gesangliche Präzision und involviertes Spiel erheblich zur Wirkung bei.
Marc Niemann leitet das Philharmonische Orchester Bremerhaven mit musikalischer Wucht und einem immensen Gespür für dramatische Wirkung. Dem Orchester entlockte er einen enormen Reichtum an Farben und so gelang ihm und seinen Musikern ein beeindruckende orchestrale Darstellung des Dramas.
Das Stadttheater Bremerhaven hat mit Macbeth wieder eine musikalische Spitzenleistung geboten. Stimmlicher Glanz, mächtiges Orchesterspiel und packende Regie machten den Abend zu einem Ereignis. Mit großem Jubel dankte das Publikum.