Bremen, Theater Bremen, L’elisir d’amore - Gaetano Donizetti, IOCO Kritik, 28.02.2022
L’elisir d’amore - Gaetano Donizetti
- Wiederaufnahme: Liebestrank vom Broadway - Glitzernd komische Produktion am Theater Bremen -
von Michael Stange
Michael Talke hat seinen Liebestrank aus dem Italien des neunzehnten Jahrhunderts auf den New Yorker Broadway des zwanzigsten Jahrhunderts verpflanzt und lässt den Showglamour der dreißiger Jahre auferstehen.
Dadurch wird die Oper noch mehr zu einem bunten Spaß. Adina ist ein durchgeknallter Show-Star mit roter Rita Hayworth-Perücke. Der Bauer Nemorino, mimt einen Buchhalter im Jerry Lewis-Stil mit Fliege und schwarzer Brille. Belcore sieht einem schwarz-silbernen Superhelden Kostüm aus, als sei er einem alten Marvel Film entsprungen. Zusätzlich posiert wie ein durchgeknallter mit Hormonen zugedröhnter Bodybuilder. Der Händler Dulcamara ist ein Show-Moderator mit Glitzerjacket und schmierigem Habitus. Auch szenisch geht es bunt zur Sache. In der Welt Adinas regieren Lametta, Trash und die große Show. Ensemble und Chor sind außer Rand und Band und tauchen quietschvergnügt in Donizettis Welt ein.
Zunächst ist der in Adina verliebte Nemorino bei ihr chancenlos. Adina lebt in ihrer Show-Welt, ist grell bis zur Unkenntlichkeit geschminkt und ihren Illusionen verhaftet. So kann nur Dulcamara mit seinen Wunderdrogen Nemorino helfen. Leider legt der ihn aber aufs Kreuz. Statt des rauschhaften Liebestranks, der Adina verzaubern soll, verkauft er ihm eine Flasche Rotwein. Davon verleibt sich Nemorino einiges ein und plötzlich ist bei den Showgirls der Hahn im Korb.
Dies mag auch daran liegen, dass Gianetta kurz zuvor den Tod seines reichen Onkels und die damit hereingeschneite Erbschaft verkündet hat. Auch Adina wird, ohne von der Erbschaft zu wissen, des Glamours überdrüssig und besinnt sich nach einigen Verirrungen. Sie erkennt ihre Liebe zu Nemorino, wirft das Glitzerkostüm fort und erscheint in Brille, Jeans und Pullover. So nimmt die Sache ihr wohlverdientes gutes Ende.
Für Sänger und Publikum ist das Werk mit dieser Inszenierung und seinen Arien, Duetten und Ensembles ein Fest.
Marysol Schalits strahlende leuchtende Stimme hat an Wärme; Umfang und Volumen ungemein gewonnen. Mit packender Bühnenausstrahlung und involviertem Spiel geht sie stimmlich und darstellerisch mitreißend in der Rolle auf. Perlende Koloraturen, seelenvoller Gesang und mitreißende Darstellung machen ihr Portrait der Adina zum großen Ereignis.
Als Gianetta begeisterte Maria Martin Gonzalez. Mit ihrem lyrischem schön timbrierter Sopran, leuchtender Höhe und ihrem involvierten Agieren unterstützt sie beherzt Nemorino und schanzte ihm die Sympathie der anderen Mädchen zu. Hyojong Kim punktete als Nemorino mit seinem klangschönen lyrisch timbrierten Tenor mit leuchtender Höhe und großer Klangschönheit. Die mit schwierigen hohen Noten gespickte Rolle gestaltete er mit intensiver Rollenidentifikation.
Elias Gyungseok ist ein Belcore mit edlem italienischen Heldenbariton und leuchtender Höhe. Seine Stimme führte er agil und mit großer Sicherheit. Mit Elan und einer großen Portion Selbstironie spielte er einen beeindruckenden Superhelden. Stephen Clark brachte mit lyrisch, klangschönem Bariton einen pfiffig schmierigen Dulcamara auf die Bühne.
Alice Meregaglia, die auch den Chor leitete, war eine großartige Interpretin dieser Komischen Oper. Mit Feinsinn, Eleganz aber auch zupackendem Elan führte sie mit dem Opernchor des Theater Bremen und den fulminant spielenden Bremer Philharmoniker eine rauschhaft bunte Komödie auf.
Großer Beifall des Publikums für die Dirigentin und das Ensemble für einen Opernabend der Extraklasse
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