Bremen, Theater Bremen, I Pagliacci - Ruggero Leoncavallo, IOCO Kritik, 08.11.2021
I PAGLIACCI - Ruggero Leoncavallo
von Wolfgang Schmitt
In normalen Zeiten sind I Pagliacci (Bajazzo) und Cavalleria rusticana zwei Einakter, die stets im „Doppelpack“ serviert werden. In den Zeiten der Corona-Pandemie ist alles anders geworden, und so mußte das Bremer Publikum sich mit nur einer dieser “Zwillingsopern“ begnügen. Allerdings wurde die Oper mit einem „Entr'acte“ im Mittelteil etwas verlängert, in dem Nedda und Canio zur Klavierbegleitung ein stimmungsvolles, dem Rezensenten unbekanntes „Schlaflied“ zur Klavierbegleitung sangen. Leider war bei dieser Premiere kein erklärendes Programmheft erhältlich, laut Auskunft einer Bediensteten war die Druckerei mit der rechtzeitigen Lieferung zur Premiere nicht nachgekommen. Nun ja.
Die Bremer Philharmoniker unter der Leitung von Killian Farrell klangen bestens disponiert. Schon zu Beginn beim Vorspiel konnte man hören, wie präzise er diese herrliche Verismo-Oper mit dem Orchester einstudiert hat. Alle Motivteile wurden klangschön herausgearbeitet, auch in den kürzesten Momenten erlebte man, welch wunderbare Musik in dieser Partitur Leoncavallos zu finden ist. Dies gilt insbesondere auch für die Passagen des von Alice Meregaglia perfekt einstudieren Chores, der sich zwischen Bühne und zweitem Rang aufgeteilt hatte.
Die Inszenierung besorgte Ulrike Schwab, ihre erste Regie an einem größeren Theater. Gemeinsam mit ihrer Bühnen- und Kostümbildnerin Rebekka Dornhege Reyes entwickelte sie ein Konzept teilweise interessanter, wenn auch nicht sogleich nachvollziehbarer Ideen. So sehen wir Nedda schon vor Beginn der Handlung in einer Art von Schneewittchen-Sarg (in welchem sie seit Öffnung des Zuschauersaals lag und etwa eine halbe Stunde lang darin verharren mußte), während sie am Ende der Oper wie ans Kreuz genagelt hoch über der Bühne hängt. In einer Szene muß sich Nedda von unten bis oben in Plastikfolie einwickeln, um sich im nächsten Augenblick wieder daraus zu befreien. Es wird mit sehr viel Bühnenhydraulik gearbeitet, eine zweite Bühnenebene wird schräg gestellt und aus Klappen in dieser Ebene kommen dann die bunt gekleideten Choristen zum Vorschein.
Mit allen diesen bühnentechnischen Aktionen wirkte die Inszenierung allerdings recht überfrachtet. Besonders Marie Smolka wurde akrobatisch sehr gefordert, auch während der Handlung mußte sie schon mal in den Seilen hängen. Daß sie dabei noch wunderbar gesungen hat, und daß ihr warm timbrierter lyrischer Sopran bei aller geforderter Artistik noch so perfekt funktionierte ist bewundernswert. Ihr engagiert spielender, von ihr hintergangener Ehemann Canio war Luis Olivares Sandoval, ein angenehm klingender jugendlicher Heldentenor, allerdings mit Problemen bei den dramatischen Ausbrüchen im oberen Register.
Claudio Otelli verleih dem Tonio mit seinem kraftvoll eingesetztem Bariton dramatischen Ausdruck sowohl in der Stimme als auch in seiner Darstellung, Der lyrische Bariton Elias Gyungseok Han konnte mit seiner gefühlvollen Arie des Silvio und der Szene mit Nedda überzeugen, warum er allerdings für den Rest der Handlung mit Affenmaske und albernen Affenbewegungen über die Bühne hampeln mußte bleibt unverständlich.
Diego Silva sang den Beppo/Harlekin mit wunderschönem Tenor und tadelloser Stimmführung. Jörg Sändig und Sunwoong Park als die beiden Bauern rundeten das engagiert spielende, die Regieanweisungen willig ausführende Ensemble ab.
Der Schlußapplaus des Premierenpublikums war lang und verteilte sein positives Echo über alle Mitwirkenden
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