Berlin, Staatsoper im Schillertheater, Erfolgreiche SACRE Premiere, IOCO Kritik, 26.10.2013

Berlin, Staatsoper im Schillertheater, Erfolgreiche SACRE Premiere, IOCO Kritik, 26.10.2013
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Staatsoper im Schiller Theater

Premiere SACRE-Ballett:  Choreographie Sasha Waltz

Mit dem zehnminütigen „L’Après-midi d’un faune“ beginnt am 26.10.2013 der dreiteilige Premierenabend „Sacre“ in der Choreografie von Sasha Waltz und mit Daniel Barenboim am Dirigentenpult.

Staatsoper im Schiller Theater / LE SACRE DU PRINTEMPS / Sasha Waltz und Guests © Bernd Uhlig
Staatsoper im Schiller Theater / LE SACRE DU PRINTEMPS / Sasha Waltz und Guests © Bernd Uhlig

Die wundervoll impressionistische Musik von Claude Debussy erklingt breit und voller Klangdichte aus dem Orchestergraben. Man könnte meinen fast etwas „wagnerianisch“ die Interpretation von Barenboim. Für diesen Abend, und auf Wunsch des Maestros selbst, hat die renommierte Künstlerin die hier in Uraufführung präsentierte Choreografie geschaffen.

Staatsoper im Schiller Theater / L'Apres-midi d'un Faune / Sasha Waltz und Guests © Bernd Uhlig
Staatsoper im Schiller Theater / L'Apres-midi d'un Faune / Sasha Waltz und Guests © Bernd Uhlig

Vor dem geometrisch-abstrakten, bunt bemalten Hintergrund (Ausstattung vom französischen Maler Guillaume Bruère) erscheinen allmählich tierähnliche Fabelgestalten. Spielerisch aufreizend, in ebenfalls geometrisch gemusterten Trikots/Badehosen, rekeln sich die 13 Tänzer allein, als Paar oder in der Gruppe miteinander und aufeinander lasziv zur sinnlichen Musik des Prélude.

Mit Sicherheit nicht eines der stärksten Kreationen von Sasha Waltz, wird dieses hübsche, idyllische Tableau von dem Pas de deux „Scene d’Amour“ gefolgt – Auszug aus der 2007 von Waltz für die Opéra Nationale de Paris choreografierten Produktion „Romeo und Julia“ zur Musik von Hector Berlioz und hier als Deutschlandpremiere zu erleben. Musikalisch ein wahrer Genuss, ist es ein eher im klassisch-traditionellen Stil konventionelles Tanzstück, jedoch bezaubernd zart und mit anmutender Leichtigkeit von den beiden Solotänzern der Mailänder Scala, Emanuela Molinari und Antonio Sutera, dargeboten.

Nach der Pause dann das mit Spannung erwartete „Sacre du Printemps“.

Vor genau 100 Jahren in Paris zur Musik von Igor Strawinsky und in der Choreografie von Vaslav Nijinsky uraufgeführt, löste das Werk, durch die ungewöhnliche orchestrierte Komposition und die drastisch gegen die Regeln der akademischen Tanztechnik verstoßende Choreografie, zunächst einen enormen Skandal aus, wurde aber dann zum Kennzeichen einer neuen Epoche und zum Aufbruch in die künstlerische Moderne. Seitdem hat dieses als Legende in die Tanzgeschichte eingegangene Werk, welches durch die Jahrzehnte weder an Kraft, noch an Modernität und Faszination eingebüßt hat, immer wieder Choreografen weltweit zu neuen, eigenen Auseinandersetzungen mit der überwältigenden Musik und dem inhaltlichen Stoff verführt und zu unzähligen, grandiosen Produktionen gebracht, wie von Bejart und Pina Bausch.

Staatsoper im Schiller Theater / LE SACRE DU PRINTEMPS / Sasha Waltz und Guests © Bernd Uhlig
Staatsoper im Schiller Theater / LE SACRE DU PRINTEMPS / Sasha Waltz und Guests © Bernd Uhlig

Nun hat sich auch Sasha Waltz dieser Aufgabe gestellt und hat zum 100. Jubiläumsjahr ihre choreografierte Version von der „Frühlingsweihe“ vorgestellt – zunächst zur offiziellen Feier in St. Petersburg, mit dem berühmten Marijnski-Ballett, dann am Paris Thêatre des Champs-Elysées, Brüssel und jetzt auch in Deutschland an der Staatsoper in Berlin. Seit 1993 ist Berlin ihre Wahlheimat und auch fester, künstlerischer Standort der von ihr und ihrem Mann, Jochen Sandig, gegründeten Tanzkompanie „Sasha Waltz & Guests“, die somit dieses Jahr ihr 20-jähriges Bestehen feiert.

Die hierfür mit der eigenen Tanzgruppe einstudierte Choreografie ist dynamisch und kraftvoll. Die in erdfarbene Gewänder (Kostüme von Bernd Skodzig) gekleideten 28 Tänzerinnen und Tänzer, unter denen auch die beiden Kinder der Choreografin, bilden Paare und Gruppen, Individuen werden in das Kollektiv aufgenommen und andere wieder ausgestoßen. Spastisches Zucken und rhythmisches Stampfen – sie schlagen sich, geraten in Ekstase. Das Bühnenbild, von Pia Maier in Zusammenarbeit mit Waltz selbst gestaltet, besteht lediglich aus einem Steinhaufen, der im Laufe des Tanzes sich auf der ganzen Bühne verteilt und einem von oben ganz langsam sich senkenden überdimensionalen Dolch oder Schwert.

Staatsoper im Schiller Theater / LE SACRE DU PRINTEMPS / Sasha Waltz und Guests © Bernd Uhlig
Staatsoper im Schiller Theater / LE SACRE DU PRINTEMPS / Sasha Waltz und Guests © Bernd Uhlig

In einem orgiastischen immer wilder werdenden Treiben geht die Suche nach dem Opfer/Außenseiter weiter. Dann wird es allen klar, wer die Auserwählte ist. Sie (Maria Marta Colusi) wird durch ein rotes Kleid gekennzeichnet. Brutal ausgestoßen aus der schnaufenden und keuchenden Gesellschaft versucht sie sich zu wehren – reißt sich dann das rote Kleid vom Leibe und tanz um ihr Leben, bis sie schließlich nackt, erschöpft und kraftlos zu Boden fällt – das Damoklesschwert ist inzwischen am Boden angekommen – es ist das Ende.

Musikalisch ein gewaltiges und packendes Meisterwerk, ist die herrliche Ausführung der Staatskapelle unter dem unermüdlichen Dirigat von Daniel Barenboim wuchtig packend.

Zum Schluss zuerst verhaltene und dann große Ovationen für alle – für die grandiose Leistung der Tänzer, für die Musiker im Orchestergraben und die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Sasha Waltz und Daniel Barenboim. Bisher die erste, jedoch schon bald wird die Tannhäuser-Produktion beide wieder zusammenführen und auch den Worten des Maestros nach kann man noch Weiteres erwarten, denn nach der Premiere sagte er: „Liebe Sasha, solange ich hier bin und noch was zu sagen habe, kannst du hierher kommen, sooft du möchtest, und machen was du möchtest.“ Dankend entgegnete sie daraufhin, ihn beim Wort zu nehmen – wir sind gespannt…

Unter den Anwesenden dieses komplett ausverkauften und erfolgreichen Abends auch viele Prominente aus Politik und Kultur, u. a. Wolfgang Schäuble und der Hollywoodstar Natalie Portman mit Ehemann Benjamin Millepied, designierter Ballettdirektor an der Grand Opéra de Paris.

IOCO / G.G./ 26.10.2013

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