Berlin, Komische Oper Berlin, Die Oper lebt! Beeindruckender Monteverdi Marathon, IOCO Kritik, 03.10.2012
In einem 12-stündigen Spektakel (ca. 9 Stunden reiner Musik) fand am 03.10.2012 die zweite der insgesamt drei Aufführungen der Monteverdi Trilogie: „Orpheus“, „Odysseus“ und „Poppea“ statt.
Nur schwer lässt sich hier die Fülle der musikalischen und visuellen Genüsse zusammenfassen. Als erstes ein großes Lob für den neuen Intendanten und Regisseur der Trilogie, Barrie Kosky, dem hier in Zusammenarbeit mit der in Usbekistan geborenen Komponistin Elena Kats-Chernin und allen weiteren zahlreichen Mitwirkenden (Musiker, Sänger, Tänzer, Puppenspieler, Statisten) etwas ganz Großartiges gelungen ist.
Die drei Monteverdi Opern, hier von Kosky in einer Trilogie präsentiert, sind in der musikalischen Neufassung der Komponistin Kats-Chernin und der textlichen Neuübersetzung von Susanne Felicitas Wolf/ Ulrich Lenz zu genießen.
Ob Bandoneon, Cimbalom, Banjo, ob Cello, Klavier oder Harmonium bis hin zur E-Gitarre und Synthesizer, es ist eine Fülle neuer Klänge, die hier für die neue Orchestrierung des Monteverdi Kosmos einfühlsam, originell und vielseitig eingesetzt werden. Am Dirigentenpult (mal im Orchestergraben, mal auf der Bühne), in beeindruckender Ausdauer, André de Ridder, ein Dirigent der klassischen und zeitgenössischen aber auch der experimentellen Pop- und elektronischen Musik.
Ob verzaubernd, berührend, ergreifend oder amüsierend, alle drei Opern, die von den verschiedene Arten der Liebe handeln, überzeugen durch detaillierte und präzise Personenregie und szenischem Einfallsreichtum.
Sehr schön die Konzeption des jeweiligen Bühnenraumes und die farbenprächtigen und fantasievollen Kostüme von Katrin Lea Tag und Katharina Tasch. Stimmungsvoll die Beleuchtung von Alexander Koppelmann.
„Orpheus“ besticht durch seine märchenhafte und opulente Paradiesgarten-Welt, mit üppiger Vegetation, Vögeln und Schmetterlingen, bevölkert von Faunen, halbnackten Nymphen und anderen Fantasiegestalten. Mitreißend auch die Tanzeinlagen.
„Odysseus“ gestaltet sich hingegen statischer auf einem grünen Rasen und mehr im Stil eines Kammerspiels mit ergreifenden Momenten und einigen Komik-Einlagen, während „Poppea“ in kahler steiniger Landschaft von Ausschweifung und Dekadenz, Brutalität und Sex geprägt ist.
Die zahlreichen, verschiedenen Rollen sind durch die zum größten Teil jungen Sänger des Ensembles stimmlich wie visuell bestens besetzt. Besonders hervorzuheben sind hierbei jedoch: Dominik Köninger, der mit seinem schönen, warmen Bariton die Figur des Orpheus ausdrucksstark und mit viel Körpereinsatz gestaltet; Günter Papendell, auch Bariton, in der Rolle des Odysseus – mit männlichem Timbre und dramatischer Hingabe; die türkische Mezzosopranistin Ezgi Kutlu mit samtiger Stimme als Penelope; Theresa Kronthaler mit warmem und natürlich klingendem Mezzo als Sylvia/ Proserpina in „Orpheus“ und als Otho in „Poppea“; bemerkenswert auch der Tenor Peter Renz als Amor in allen drei Opern(!), ob als frecher Bub im Kleidchen oder in Marlene Dietrich Robe. Zauberhaft das Puppenspiel der Orpheus und Eurydike Figuren von Frank Soehnle.
Hymnisches IOCO-Fazit: Ein großartiges Beispiel von lebendigem Musiktheater!
Diese Monteverdi-Produktion von Barrie Kosky können Berliner wie Zugereiste, in gleicher Besetzung, noch einmal erleben:
4. November 2012, Beginn 11.00 Uhr !IOCO / Gilberto Giardini / 03.10.2012
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