Berlin, Deutsche Oper Berlin, Premiere Lohengrin- Klaus Florian Vogt und Petra Lang erobern das Publikum, IOCO Kritik, 15.04.2012
Premiere von Wagners Lohengrin, 15.04.2012
Klaus Florian Vogt und Petra Lang erobern das Publikum.
Nach über 20 Jahren präsentierte die Deutschen Oper Berlin am vergangenen Sonntag eine neue Produktion von Wagners „Lohengrin“ – diesmal in der Inszenierung von dem dänischen Regisseur Kasper Holten, seit dieser Spielzeit auch Direktor des Royal Opera House in London.
Angekündigt hatte Kasper Holten seinen Lohengrin (Dramaturgie von Miriam Konert) als zeitloses, politisches Machtspiel mit aktuellen Bezügen und kritischer Haltung zur offensichtlichen Kriegsbegeisterung Wagners.
Und in der Tat - bei Heben des Vorhangs zeigt sich eine mit lauter Leichen bedeckte und mit Blut beschmierte Bühne. Dazu die Ouvertüre, welche Holten als ein Requiem für die gefallenen Soldaten deutet, die hier durch die aus verschiedene Epochen stammenden Uniformen, zeitübergreifend für alle Kriege zu stehen scheinen.
Lohengrin, der als Lichtgestalt daherkommt, soll als machtpolitische Figur begriffen werden, der es versteht, sich raffiniert mit medialer Geste und mit Hilfe von einem großen Paar weißer Flügel, die er nach Bedarf auf – und absetzt, zu inszenieren, um das Volk zu blenden und zu manipulieren. Auch Telramund wird von ihm mit Einsatz von Nebel und geblendet durch Scheinwerferlicht besiegt… Kein Retter, sondern Überbringer von Tod und Zerstörung.
Das Bühnenbild und die historisierenden, stilisierten Kostüme von Steffen Aarfing passen sich gut diesem Konzept an. Gut strukturierte Flächen – funktionell das große, hängende, begehbare Kreuz (2. Akt), das nach Bedarf heruntergefahren wird. Gekonnt auch die Lichtgestaltung (Jesper Kongshaud). Nicht sonderlich verständlich jedoch die grünen herabhängenden Lichtschläuche, von denen Ortrud magische Kräfte aufsaugt...
Im 2. und 3. Akt ist die Bühne durch die Rückseite eines roten Theatervorhangs in Vorder- und Hinterbühne geteilt. Hinter einem Theaterportal erhebt sich die Kathedrale als sichtliche Theaterkulisse und Teil der Inszenierung für das Volk.
Vom Ansatz sicher kein schlechter Einfall, bleibt jedoch als Bild dann eher kraftlos. Der Inszenierung liegt sicher ein interessantes Konzept zugrunde.
Die einfachen und klar strukturierten Bilder erscheinen jedoch manchmal zu plakativ und stereotypisch. Auch der öfter präsente Theatergestus der Darsteller kommt der Regie nicht zugute.
Als zum Schluss Lohengrin von dem Volk wie ein Heiliger auf Knien angehimmelt wird, ist die Ironie, welche dem Konzept nach wohl gemeint ist, nicht klar genug zu erkennen. Ebenfalls als Elsa den mickrigen (Puppen-)Leichnam ihres zurückverwandelten Bruders aufdeckt, ist man etwas peinlich berührt. Trotz mancher guter Ideen, bleibt die Inszenierung den angekündigten Intentionen schuldig und besticht nicht durch Originalität.
Das Orchester, unter dem Dirigat von Donald Runnicles, dem Generalmusikdirektor der Deutschen Oper Berlin, bot wunderschöne Momente musikalischen Genusses. Vortrefflich und mit schönem, vollem Klangkörper sang der von William Spaulding einstudierte Chor.
Unter den Sängern glänzten besonders Klaus Florian Vogt als Lohengrin und Petra Lang als Ortrud.
Klaus Florian Vogt, der kurz vor der Premiere für den Kollegen Marco Jentzsch eingesprungen ist, lieferte eine routinierte und bravouröse Leistung. Meisterhaft und mühelos natürlich sang er den Lohengrin mit seiner, nicht sehr großen, aber glasklaren Stimme und begeisterte das Publikum. Besonders nennenswert auch seine deutliche Diktion. Darstellerisch hingegen etwas weniger überzeugend.
Überragend auch Petra Lang. Mit großer Bühnenpräsenz und mit dramatischem Biss bot sie überzeugend eine heuchlerische und nach Macht strebende Ortrud. Die zahlreichen Höhen kamen ihr mühelos.
Gekonnt und mit warmer Stimme (mit etwas zu viel Vibrato darin) sang Ricarda Merbeth die Elsa – insgesamt etwas blass, steigerte sie sich im 3. Akt.
Leider textlich oftmals unverständlich (gut, dass es Übertexte gibt) sang Gordon Hawkins den Telramund mit schönem rundem, dunklem Bariton, in den Höhen aber etwas kraftlos.
Albert Dohmen sang den König Heinrich routiniert und mit schönem pastosem Timbre, schwächelte jedoch auch in den Höhen.
Besonders hervorzuheben auch Bastiaan Everink. Mit schöner, ausgewogener Stimme und sicherem Auftreten sang er gekonnt den Heerrufer des Königs.
Alles in allem ein erfolgreicher, auch wenn nicht überwältigender Premierenabend mit viel schöner Musik und zum Schluss Ovationen für alle Beteiligten (mit Ausnahmen von ein paar Buh-Rufen).
Im Publikum saßen auch die Bundeskanzlerin Merkel mit Ehegatte, sowie die Enkelin von Richard Wagner, Verena Lafferentz-Wagner.
IOCO / Gilberto Giardini / 15.04.2012
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