Berlin, Berliner Ensemble, Peter Pan von James Matthew Barrie , IOCO Kritik, 24.06.2013
Von Gilberto Giardini - Aufführung vom 24.06.2013
„Peter Pan, oder das Märchen vom Jungen der nicht groß werden wollte“ ist die faszinierende aber auch traurige Geschichte aus der Feder des schottischen Schriftstellers und Dramatikers James Matthew Barrie (1860-1937). Sie handelt von einem Kind, das niemals erwachsen werden will und auf ewig unverändert in einer Fantasiewelt der unbegrenzten Möglichkeiten lebt. Sicher ein verlockender Gedanke, von dem jeder Erwachsene schon mal sehnsüchtig nach der Leichtigkeit und Sorglosigkeit aus vergangenen Kindertagen heimgesucht wurde. Dies einer der Hauptgründe, warum die Geschichte von Peter Pan an Anziehungskraft und Beliebtheit bei Groß und Klein seit seiner Erschaffung nichts eingebüßt hat, und neben dem Buch und dem Theaterstück, immer wieder als Vorlage zahlreicher Verfilmungen und anderer literarischer wie musikalischer Adaptionen diente und auch immer wieder dient.
Nun hat sich auch der erfolgreiche texanische Regisseur, Theaterautor und bildende Künstler Robert Wilson dieses Stoffes angenommen und hat das Theaterstück von Barrie, in der deutschen Übersetzung des Schriftstellers und Drehbuchautors Erich Kästner (1899-1974) in einer Produktion des Berliner Ensembles letzten April am Theater am Schiffbauerdamm auf die Bühne gebracht.
In Zusammenarbeit mit den amerikanischen Schwestern, Sierra und Bianca Casady, und ihrer 2003 gegründeten Musikgruppe „CocoRosie“, von denen die Musik und die Songtexte für das Stück komponiert wurden, schafft Wilson einen magischen, in blaues Licht und Nebel getauchten Kosmos von witzig-skurrilen Kunstfiguren mit weißen Gesichtern und überzeichneten Augen (Kostüme von Jacques Reynaud), zwischen Comic und Marionettentheater. Nach gewohnter Art erzählt er in stilisierten, präzise bis ins kleinste Detail choreographierten und durchgestellten Bildern, von der Familie Darling, von Wendy und deren Brüdern und entführt uns mit Peter Pan ins fantasievolle Nimmerland, mit seinen Feen, Meerjungfrauen, Piraten und dem tickenden Krokodil.
Die Musik von CocoRosie, gespielt von „The Dark Angels“ unter der musikalischen Leitung von Stefan Rager und Hans-Jörn Brandenburg, ist von Glockenspielen und Rasseln, Spieluhren, Fahrradklingeln und Jahrmarktklängen geprägt und verleihen dem Stück, ergänzend zu den Bildern, den passenden musikalischen Rahmen. Träumerisch verzaubert und fantastisch entrückt, erinnern die musikalischen Kompositionen mit ihren verschiedenen Songs in Stil und Atmosphäre an die Musik von Tom Waits oder an die bizarre Klangwelt der Lieder von Meret Becker.
Gut besetzt ist auch das spiel- sing- und tanzfreudige Schauspielerensembles, wobei es schade ist, dass gerade die eigentlich so charismatische Titelfigur des Peter Pan, gespielt von Sabin Tambrea, etwas entzaubert und blass in den Hintergrund rückt. Um so überzeugender die köstliche Darbietung von Anna Graenzer mal als freche, mal als rührende Wendy oder die besonders herausragende Interpretation von Christopher Nell als durchgeknallte, im grünen Tutu zuckende, hüpfende und mit Sopranstimme singende Fee Tinkerbell, vom Publikum begeistert bejubelt.
Insgesamt eine sehr ästhetische, illustrative Inszenierung nach Wilson’scher Manier mit schönen Ideen, interessantem Sound, netten Songs. Zum Schluss viel Beifall für Darsteller und Musiker von einem zufriedenen Publikum.
Weitere Vorstellungen von Peter Pan:- 01.07.2013 um 20:00 Uhr, 02.07.2013 um 18:00 Uhr, 27.08.2013 um 20:00 Uhr
- 28.08.2013 um 19:30 Uhr, 29.08.2013 um 19:30 Uhr, 30.08.2013 um 16:00 Uhr
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