Berlin, Berliner Dom, GROSSE MESSE IN c-moll - "Große Messe" - Mozart, IOCO
MOZART - c-Moll Messe im Berliner Dom: In der C-Moll Messe hat sich Mozart leidenschaftlich an seine Vorgänger angelehnt und ein glorios klingendes Werk komponiert. Die Selbstzweifel, die er durch Studien der Kompositionen Bachs gehegt hatte .... mehr im Artikel
Fulminante Aufführung - Große Messe in c-Moll, KV 427 - Wolfgang Amadeus Mozart
von Michael Stange
In der C-Moll Messe hat sich Mozart leidenschaftlich an seine Vorgänger angelehnt und ein glorios klingendes Werk komponiert. Die Selbstzweifel, die er durch Studien der Kompositionen Bachs gehegt hatte, konnte er so bravourös abschütteln. Das vielschichtige und berührende Werk ist zugleich der Wegbereiter der sinfonischen Messen des neunzehnten Jahrhunderts. Beethovens Missa Solemnis aber auch die großen Messen und Oratorien von Felix Mendelssohn-Bartholdy fußen auch auf ihr, so dass diese Messe die Brücke zwischen Bach und der Kirchenmusik des neunzehnten Jahrhunderts bildet.
Ergreifend durch seine Innigkeit und die wuchtigen Momente wurde am 9.3.2024 in der einzigartigen Atmosphäre des Berliner Dom eine berückende Aufführung dargeboten.
Mit ihren Chören, Ensembles und Arien gehört die Messe zu den schönsten und wirkungsvollsten Kompositionen Mozarts.
Die Junge Philharmonie Berlin ist seit 2013 ein fester Bestandteil des Berliner Konzertlebens. Sie wurde vom Dirigenten und Komponisten Marcus Merkel gegründet, der seit 2022 Chefdirigent am Theater Koblenz ist. Das Orchester besteht aus jungen, erfahrenen und hochtalentierten Instrumentalisten. Bei ihnen lag die Mozarts Messe in besten Händen. Sie musizierten begeistert, jauchzend frisch, pastellfarben und lebendig. Ihre Virtuosität und Spielfreude waren ein wesentlicher Motor dieser überragenden Aufführung. Musikalität und Leidenschaft sind in solcher Qualität selten zu hören.
Der Ernst Senff Chor unter Steffen Schubert bewies erneut, dass er Mozart meisterlich beherrscht und eine Institution im Berliner Konzertleben ist. Filigran, polyphon und mit bestrickender Dynamik gestaltete das Ensemble die Chorpassagen.
Trotz der schwierigen Akustik des Berliner Doms war es insbesondere Marcus Merkels Dirigat zu danken, dass die Aufführung eine Sternstunde wurde. Infolge seiner rhythmischen Präzision und exakten Zeichengebung konnten Solisten, Chöre und Orchester im steten Dialog fein aufeinander abgestimmt musizieren. Kraftvoll, glänzend, bewegt aber auch anrührend und inwendig entfachten das Feuer und die Kraft, die dem Werk innewohnt. Neben ruhiger Erhabenheit mit innigen Momenten standen furiose Ausbrüche. Eines der Markenzeichen von Marcus Merkel ist die Fähigkeit, dem Orchester einen ausgefeilten romantisch tönen goldenen Klang zu entlocken, bei dem man sich oft an das Spiegeln der Sonne in einem sich mäßig bewegenden Fluss erinnert fühlt. Seine immense Meisterschaft war ein wichtiger Faktor dieser packenden Aufführung.
Erlesen waren die Solisten. Ihre Musikalität und Hingabe und setzen dem Abend die Krone auf.
Barbara Krieger sang die 1. Sopranpartie mit unglaublicher Intensität, atemberaubendem stimmlichen Umfang und berückendem Timbre. Im „Kyrie“ und im „Agnus Die“ verströmte sie aus der Tiefe bis in die höchsten Lagen stets einen berückend goldenen Stimmklang. Mit großer Teilnahme, völlig natürlich und gelöst erklang ihr Stimmfluss unter die Domkuppel. Sie fesselte die Zuschauer so sehr, dass in den Zwischenpausen begeisterter Applaus ertönte. Die Koloraturen des Kyrie meisterte sie mit Präzision, Hingabe, leuchtendem Feuer. Ihre perfekte Gesangstechnik und verband sie mit betörender Klangschönheit und einer immensen Palette an Stimmfarben. In der mit Koloraturen und weiten Bögen gespickten Arie „Et incarnatus est“ kannte die Stimme keine Grenzen. Alle Töne waren wie eine glänzende Perlenkette aneinandergereiht und strahlten durch den Raum. Tiefe, Mittellage und Höhe gingen bruchlos ineinander über und die Stimme behielt stets ihre Sonorität und ihre überwältigende Klangschönheit. Ein umwerfender jugendlich dramatischer Sopran. In ihrer freien und unforcierten Stimmentfaltung erinnerte sie an die große Gesangstradition von Elisabeth Rethberg vor hundert Jahren.
Barbara Krieger ist durch die zweimal jährlich im Berliner Dom veranstalteten Konzerte eine feste Größe im Berliner Konzertleben. Die stets nahezu ausverkauften Konzerte prunken mit hoher Qualität und verfügen über ein großes Stammpublikum. Staunenswert, dass sie neben diesem lyrisch virtuosen Portrait vor kurzem die Titelpartie in Richard Strauss Elektra einstudiert hat und die Rolle in Kürze auf der Bühne verkörpern wird.
Rachel Redmond sang den 2. Sopran. Ihre lyrische Stimme punktete mit leuchtend süßem mediterranem Timbre und war ein weiterer Höhepunkt. Im „Laudamus“ zeigte sie eine zarte blühende Mittellage und bestach mit innig sinnlichen Koloraturen. Ausgezeichnet die Wortdeutlichkeit und die beseelte Anteilnahme am Gesungenen. Ihrem Part verlieh sie so Glanz als auch Tiefe.
Rachel Redmond feierte damit ein überaus gelungenes Debut in Berlin. Geboren wurde sie in Glasgow und begann mit sieben Jahren zu singen. Als Teenager festigte sich der Wunsch Sängerin zu werden und sie studierte an der Musikschule der Douglas Academy Flöte, Klavier und Gesang. Ihr Studium schloss sie ian der Guildhall School of Music & Drama in London ab. Sie wurde mit dem Florence-Veitch-Ibler-Preis für Oratorienaufführungen ausgezeichnet. Als Mitglied der „Les Jardin des Voix“, der Akademie für junge Sänger von „Les Arts Florissants“ nahm sie an Konzerttourneen in Frankreich, Spanien und New York teil. In Frankreich arbeitete sie auch mit zahlreichen weiteren Ensembles arbeitete. Ihre Musikalität, Begeisterung und Neugier half ihr, sich in kurzer Zeit ein großes Repertoire zu erarbeiten.
Wortgestaltung, Fluss der Musik und überzeugende und beseelte Interpretation sind ihr dabei besondere Anliegen. Sie vertieft sich mit Begeisterung in ihr unbekannte Kompositionen. Ihr Studium beginnt sie, indem sie sich die Texte übersetzt, sie verinnerlicht und dann die Werke für sich am Klavier einstudiert. Für sie ist dabei auch die Religion und das zu seiner Anbetung Gottes Gesungene ein wichtiger Faktor für das Erreichen einer ihrem Anspruch genügenden Interpretation. Das Erschließen und Vermitteln des Wortes beim Singen ist ihr ein großes Anliegen. Aktuell bereitet sie sich auf Aufführungen von Vivaldis L´Olympiade an der Irish National Opera vor, mit der sie auch auf Tour gehen wird. Eine neue CD mit ihr wird in Kürze erscheinen. In Kooperation mit dem Label Linn wird sie eine Hommage an den die 1773 verstorbene schwarze Sängerin und Unterhaltungskünstlerin Rachel Baptist einspielen, die überwiegend in Dublin tätig war. Begleitet wird sie vom Irish Baroque Orchestra und seinem musikalischen Leiter Peter Whelan.
Im Dominus paarten sich Rachel Redmond und Barbara Krieger in glänzender Weise. Durch die individuellen aber sehr verschiedenen Klangfarben beider Soprane bot sich ein polyphoner, durch Kontraste geprägter Klang. Durch diese Differenzen des Stimmklangs stellte sich der Eindruck ein, dass auch unterschiedliche Menschen sich seelig im Glauben vereinen. So formten sie ein faszinierendes Duo mit beglückenden Klangfarben.
Ferdinand Kellers Tenor verfügt über ein lyrisch bestrickendes Timbre und leuchtende Höhen. Frei und klangschön strömte die Stimme und verlieh den Ensembles tenoralen Glanz.
Ulf Mädler zeigte im Benedictus seinen klangvollen Baritons. Prächtige Tiefe paarte sich mit glänzenden, mühelos strahlenden Höhen.
Staunenswert, wie erlesen das Ensemble zusammengestellt war und mit welcher Hingabe und Meisterschaft alle musizierten. Ein großer Mozart Abend.
Ein beglücktes Publikum dankte mit lange anhaltendem Applaus.
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Weitere Termine mit Barbara Krieger:
24.05., 26.05. und 01.06.2024, Brandenburger Theater, Brandenburg an der Havel, R. Strauss, Elektra, Barbara Krieger (Elektra) u. a.
31. August 2024, Operngala beim Classic Open Air auf dem Dresdner Neumarkt mit Marcus Merkel (Dirigat)