Bayreuth, Bayreuther Festspiele, Andreas Schager, Heldentenor - Im Interview, IOCO, 10.08.2022
Bayreuther Festspiele 2022 - Andreas Schager, gefeierter Heldentenor im Interview
Andreas Schager ist Siegfried und einer der angefragtesten in dieser Rolle. Auf dem Grünen Hügel triumphiert er im Rahmen der Bayreuther Festspiele 2022 im Premieren-Ring-Zyklus.
IOCO-Redakteurin Ingrid Freiberg (IF) spricht noch am Premierenabend 3. August 2022 mit dem gefeierten Wagnertenor.
Ingrid Freiberg (IF): Herr Schager, herzlichen Glückwunsch zu Ihrem Debüt als Siegfried im Premieren Ring-Zyklus der Neuinszenierung des Ring des Nibelungen in Bayreuth. Der Applaus war frenetisch! Das Publikum überschlug sich förmlich mit Lobeshymnen! Ich danke Ihnen, dass Sie mir trotz des Festspieltrubels unmittelbar nach der Vorstellung hier im Bürgerreuth die Gelegenheit geben, ein Gespräch mit Ihnen zu führen.
Sie sind, Herr Schager, der derzeit angefragteste Siegfried der Welt! Hat Ihr Auftritt in Bayreuth da noch ein Sonderstellungsmerkmal?
Andreas Schager (AS): Bayreuth ist natürlich etwas Besonderes für jeden Wagnersänger. Das Publikum ist hier sehr wissend und erwartet natürlich auch extrem viel.
IF: Wann hat Sie Bayreuth für diese Rolle angefragt?
AS: Puh, das ist schon ein paar Jahre her. Ich kann mich daran erinnern, dass in irgendeiner Zeitung schon früh kolportiert wurde, wer singen, dirigieren und Regie führen wird. Von all den genannten Personen bin letztlich nur ich auf der Bühne gestanden.
IF: Wann und wo haben Sie das erste Mal Siegfried gesungen?
AS: Das erste Mal Siegfried war für mich im Jahr 2012 in Halle an der Saale in einer wunderbaren Inszenierung von Hansgünther Heyme unter der Leitung von Karl Heinz Steffens. Also habe ich dieses Jahr mein 10 jähriges Ring-Jubiläum, wenn man so will.
IF: Welche Voraussetzungen benötigt ein Heldentenor?
AS: Natürlichkeit, Offenheit, Neugier und natürlich eine gute Stimme, welche über ein großes Orchester strahlen kann, aber auch die leisen Töne beherrscht.
IF: Was tun Sie für Ihre Stimme bzw. körperliche Fitness ?
AS: Ich versuche ein möglichst normales Leben zu führen. Für die Stimme sind Ruhephasen das Wichtigste, und für die Fitness ist es gut, wenn man im Tagesablauf Dinge integriert, wie Treppe steigen, statt den Aufzug zu nehmen. Das hilft schon sehr. In Berlin fahre ich täglich mit dem Fahrrad von meiner Wohnung in Charlottenburg zur Staatsoper Unter den Linden. Das sind hin und retour immerhin 12 km.
IF: Von welchen Faktoren werden Zeitablauf und Vorbereitungen am Aufführungstag bestimmt? Gibt es ein Ritual?
AS: Mein wichtigster Faktor ist Ruhe. In der Ruhe liegt die Kraft!
IF: Welche Schwierigkeiten gibt es für einen Sänger, wenn kurzfristig das Dirigat umbesetzt wird?
AS: Nun, eigentlich sollte es kein Problem sein, denn am Abend musiziert man ja stets gemeinsam. Aber natürlich hat jeder Dirigent seine eigenen Vorstellungen von Tempi und Dynamik.
IF: Wie herausfordernd ist es, einer immer wieder neuen Inszenierung folgen zu müssen, z. B. der von Valentin Schwarz, der in Bayreuth einem radikal neuen Regieansatz folgt?
AS: Natürlich sehr herausfordernd, aber auch hochinteressant.
IF: Die Freude, mit Arnold Bezuyen, dem Mime auf dem Grünen Hügel, zu spielen, sprang unmittelbar auf das Publikum über! Ist es für einen Sänger leistungssteigernd, ein Ensemble um sich zu haben, in dem er sich wohlfühlt?
AS: Ja, absolut. Mit Arnold konnte ich herrlich blödeln und beide durften wir unsere Operettenvergangenheit auch auf der Bühne von Valentin Schwarz ausleben.
IF: Was empfanden Sie in dem Moment, als Sie zum Schlussapplaus vor den Vorhang traten?
AS: Überwältigung und tiefe Dankbarkeit. Auch hatte ich diesen Abend meinem so plötzlich und viel zu früh verstorbenen Bruder gewidmet. Also war der Schlussapplaus hoch emotional für mich.
IF: Welche Auftritte bzw. Termine sind für 2023 geplant und hat die gesamtpolitische Lage Einfluss auf die Planungen zukünftiger Produktionen?
AS: 2023 und die darauffolgenden Jahre werden sehr herausfordernd sein, aber auch schön. Meine Anfragen reichen ja schon bis ins Jahr 2029. Meine Agentur könnte Ihnen da sicher bessere Auskünfte geben, als ich selbst. Was die gesamtpolitische Lage betrifft, so hoffe ich aus tiefstem Herzen, dass dieser unsägliche Krieg bald beendet wird und wieder Friede und Normalität für alle Menschen eintritt. Aufgrund der aktuellen Lage, werde ich jetzt in Russland nicht auftreten und auch keine Engagements annehmen.
IF: Noch eine abschließende Frage: Sie engagieren sich mit Ihrem Verein Opera meets nature für unsere Umwelt, Nachhaltigkeit, Klimaschutz, die Erhaltung unseres Ökosystems und kämpfen gegen die Klimaerwärmung. Gibt es da Neuigkeiten?
AS: Ja, es freut mich außerordentlich, dass die konsequente Arbeit unseres Vereins weitergeht. Am 10. Juli d. J. fand zugunsten Opera meets nature ein wunderschönes Open-Air-Konzert auf Schloss Laubach, gemeinsam mit Michael Volle, Gabriela Scherer und meiner Frau, Lidia Baich, statt. Dieses Konzert war enorm erfolgreich, und wir werden wohl an die 10.000 weitere Bäume pflanzen können. Das macht mich stolz und glücklich!
IF: Herr Schager, ich danke Ihnen für dieses Gespräch, wünsche Ihnen weiterhin großen Erfolg und hoffe, Sie auf einer der Bühnen dieser Welt wiederzuhören.
---| IOCO Interview |---