Bayreuth, Bayreuther Festspiele 2022, TRISTAN UND ISOLDE - Richard Wagner, IOCO Kritik, 29.08.2022
TRISTAN UND ISOLDE - Richard Wagner
- Ein Bekenntnis zur Schönheit -
von Karin Hasenstein
Obwohl es zu den Bayreuther Festspielen 2022 endlich den Corona bedingt um zwei Jahre verschobenen neuen Ring des Nibelungen gibt, erscheint mit Tristan und Isolde eine weitere Neuinszenierung. Hintergrund ist, dass man einen Joker haben wollte, falls durch eine hohe Infektionszahl die großen Choropern nicht aufzuführen wären.
So hatte der Regisseur Roland Schwab mit seinem Team auch nur etwa ein halbes Jahr von der Anfrage bis zur Premiere, wie er im Einführungsvortrag berichtet. Ein Bekenntnis zur Schönheit wollte er schaffen und das ist ihm augenscheinlich gelungen.
Roland Schwab verzichtet bewusst auf eine bestimmte Verortung der Handlung in einer bestimmten Umgebung. Es gibt in dieser Inszenierung keine Orte, kein Kareol, kein Schiff, kein Kornwall. Er will sich mit den beiden Hauptfiguren vom aktuellen Geschehen loslösen und folgt damit dem Gedanken des Eskapismus. Obwohl Tristan und Isolde als "Handlung in drei Aufzügen" bezeichnet wird, ist das eigentliche Stück nicht sehr reich an Handlung. Es gibt aber im ersten Aufzug Verweise auf eine umfangreiche Vorgeschichte, woher Tristan und Isolde sich kennen.
Tristan hat Isoldes Verlobten Morold getötet und sein Haupt als Provokation nach Irland geschickt. Er wurde in diesem Kampf verwundet und ausgerechnet Isolde hat ihn gesundgepflegt. Nun soll ausgerechnet Tristan Isolde ihrem zukünftigen Mann, König Marke, zuführen. Das erscheint nicht gerade als ideale Voraussetzung für eine Liebesgeschichte.
Roland Schwab und Piero Vinciguerra haben eine Einheitsbühne geschaffen, die über alle drei Aufzüge im Wesentlichen unverändert ist, lediglich kleine Anpassungen werden vorgenommen. Zum Vorspiel ist der Vorhang im Festspielhaus halb geöffnet und wir sehen ein junges Paar auf der Bühne. Ein junges Liebespaar, Tristan und Isolde symbolisierend, das uns in den folgenden Aufzügen in weiteren Lebensphasen wieder begegnen wird und den Fluss des Lebens verdeutlicht.
Bereits im zweiten Takt des Vorspiels erklingt der berühmte Tristanakkord in den Celli und Holzbläsern, dieser musiktheoretisch so besondere Akkord, der leitmotivisch verwendet wird und überallhin strebt, aber nicht wirklich zur Tonika hin aufgelöst wird. Im Verlaufe der Oper wird er unzählige Male erklingen und steht immer für eine starke Spannung und Reibung. So schwierig er zu deuten ist, so groß ist sein Wiedererkennungswert. Schon mit dem Vorspiel nimmt Dirigent Markus Poschner das Publikum mit in diesen besonderen Klangkosmos. Dynamisch vom zartesten Pianissimo bis zum aufbäumenden Forte hat er das Festspielorchester sicher unter dem Taktstock.
Als sich der Vorhang schließlich ganz öffnet, sehen wir sehen eine flache Scheibe, die auch als Projektionsfläche dient. Sie wird von einer halbrunden gewölbten Wand nach hinten begrenzt und nach oben bietet das Oval den freien Blick in den (Bühnen-) Himmel. Es ist kein konkreter "Raum", eher ein Zustand, der im Verlauf der Aufzüge verändert wird. Ein Sehnsuchtsraum der verschiedenen Gefühlszustände. Wenn man sich darauf einlässt, könnte es im ersten Aufzug auch der Poolbereich eines Kreuzfahrtschiffes sein.
Am Boden befindet sich eine flache Scheibe, auf der eine Wasserfläche zu sehen ist, eine Art Pool. Um den Pool herum sind weiße moderne Liegen angeordnet, die drehbar sind. Im oberen Ausschnitt erscheint blauer Himmel mit weißen Wölkchen, der Pool wirkt wie ein Spiegel des Himmels. Im hinteren Bereich der Wand befindet sich eine Öffnung, ein Durchgang. Sie erinnert sicher nicht zufällig an die "Weltenscheibe" aus Wieland Wagners frühen Inszenierungen.
Isolde und Brangäne halten sich am Pool auf, Isolde trägt einen langen schwarzen Mantel, Brangäne ein schwarzes Kostüm (Kostüme: Gabriele Rupprecht). Tristan befindet sich oben auf dem Oval, wie an einer Reling, ebenfalls in einen langen Mantel gekleidet. Von Ferne erklingt die Stimme des jungen Seemanns (Siyabonga Maqungo) "Westwärts schweift der Blick: ostwärts streicht das Schiff..."
Zunächst spiegelt die "Wasserfläche" im Pool den blauen Himmel wider. Während Isolde vom Todestrank singt "Tod, Tod uns beiden!", breitet sich von der Mitte her ein roter Fleck aus, bis schließlich das ganze Wasser blutrot ist. Dieser Prozess vollzieht sich über einen längeren Zeitraum und lenkt den Blick immer wieder auf das Zentrum der Bühne. Auf einer der Liegen liegt ein langer Brautschleier. Isolde erinnert Brangäne an die verschiedenen Tränke ("Kennst du der Mutter Künste nicht?") und will Tristan einen Todestrank verabreichen. Sie lässt Brangäne ausrichten, dass sie Tristan jetzt empfangen will: "Tristan will ich erwarten... Herr Tristan, trete nah!"
Tristan erscheint unten bei Isolde und zündet sich eine Zigarette an. "Begehrt Herrin, was ihr wünscht." Beide sind nun alleine am Pool. Während der Konversation der beiden verändern sich Himmel und Pool. Das Blau verschwindet nach und nach, die Wolken werden mehr und ziehen schneller. Der Pool färbt sich immer stärker blutrot. Die Videoprojektionen spiegeln das wider, was sich in der Musik vollzieht. Der satte breite Klang der Streicher und des Blechs findet seine Entsprechung im sich verdunkelnden Himmel und im aufgewühlten Wasser. Tristan singt "War Morold dir so wert, nun wieder nimm das Schwert". Isolde jedoch sagt ihm "Wahre dein Schwert" ... "Das Schwert - da ließ ich's sinken. Nun lass uns Sühne trinken!"
Sie hält den Trank in einer kleinen leuchtenden Flasche, Himmel und Pool färben sich schwarz-weiß. Als sie den Trank trinken, verdunkelt sich alles, im Pool entsteht ein Strudel, ein heftiger Sog, zu den rauschhaften chromatischen Klängen im Orchester. Tristan und Isolde begeben sich vom Rand auf die Scheibe und befinden sich somit direkt im Sog, im Zentrum des Strudels. Sie greifen nach einander und verlieren sich wieder. Die klagende Brangäne oben auf dem Oval und die beiden unten im Strudel sind ein sehr starkes Bild, das seine Wirkung nicht verfehlt. Der Strudel dreht sich immer schneller, perfekt auf die strömende Musik abgestimmt und auf das Liebesduett, das eigentlich gar keines ist, weil sie kaum zusammen singen sondern fast immer jeder für sich. Der wirbelnde Sog wird unterbrochen vom Ruf des Herrenchors "Heil! König Marke, Heil!" Am oberen Rand erscheint König Marke (Georg Zeppenfeld) und blickt auf Isolde, die unten steht, mit dem Schleier als Braut geschmückt.
Ein sehr starkes Bild zum Ende des ersten Aufzuges. In der kurzen Applausordnung nach dem ersten Aufzug gibt es bereits zahlreiche Bravi für Foster, Gubanova und Gould.
Im zweiten Aufzug gibt es im oberen Bereich einen schwarzen Sternenhimmel und einer Entsprechung auf der Scheibe. Himmel und untere Projektionsfläche sind schwarz-weiß, jede Farbe ist verschwunden. Isolde trägt nun einen weißen fließenden Anzug. Zu den schwelgenden Orchesterklängen schreitet sie über den Spiegelboden, flackerndes stroboskopartiges Licht erstrahlt. Tristan kommt hinzu, auch er ist in einen ähnlichen weißen Anzug gekleidet. Indem Roland Schwab die Bühne so stark auf das Wesentliche reduziert, lässt er die Musik zu Wort kommen. Fast völlig dunkel, nur von einem Verfolger angeleuchtet, sind beide zu "O sink hernieder, Nacht der Liebe" wieder auf der Scheibe. Oben am Rand des Ovals sitzt wieder das Pärchen vom Anfang, jetzt jedoch nicht mehr so jung wie zu Beginn, sondern in den mittleren Jahren. Als Brangäne oben erscheint, ist das Paar verschwunden.
Das den zweiten Aufzug bestimmende "O sink hernieder, Nacht der Liebe!" gerät musikalisch wie atmosphärisch zum Höhepunkt des zweiten Aufzugs. Starke Momente schaffen Gould und Foster etwa bei "So stürben wir wohl ungetrennt" oder "O bittre Nacht, süße Nacht". Der Rausch der Musik wird wieder von der Projektion aufgegriffen. Bei "Wie sie fassen?" flirren die weißen Punkte auf der schwarzen Fläche immer schneller, der Sog, in den Tristan und Isolde geraten, wird akustisch und optisch erfahrbar.
Als Melot und Marke auftauchen, sind Himmel und Pool verschwunden, das Video setzt aus. Dafür tauchen - man hätte es nicht besser inszenieren können - zwei Fledermäuse im Bühnenturm auf und flattern eine ganze Weile über den Köpfen der Sänger, bis sie wieder im Schnürboden verschwinden.
Der Verrat an König Marke wird offenbar und während Markes Monolog, wunderbar eindringlich und mit großer Noblesse und perfekter Artikulation vorgetragen von Georg Zeppenfeld, verfolgt Melot Isolde mit dem Suchscheinwerfer. Tristan wird gewissermaßen verhört. Marke streckt zu den Worten "Dies wundervolle Weib, das mir dein Mut gewann" die Hand nach Isolde aus. "Die kein Elend sühnt, warum mir diese Schmach? Der unerforschlich tief geheimnisvolle Grund, wer macht der Welt ihn kund?" Hier steht Marke alleine vorne rechts am Portal, von allen anderen abgewandt.
Tristan bleibt ihm die Antwort schuldig "O König, das kann ich dir nicht sagen, und was du frägst, das kannst du nie erfahren." An dieser Stelle senken sich weiße Leuchtstoffröhren in Zeitlupentempo von oben auf Tristan herab. Das sehr langsame Herabsenken geschieht parallel zur Chromatik des Orchesters, die Szene wird immer heller ausgeleuchtet. Tristan weiß, dass er aus dieser Situation nicht heile herauskommt "Wohin nun Tristan scheidet, willst du, Isold', ihm folgen? Dem Land, das Tristan meint, der Sonne Licht nicht scheint." Isolde erklärt, dass sie ihm bis in den Tod folgen will "Wo Tristans Haus und Heim, da kehr Isolde ein: auf dem sie folge treu und hold, den Weg nun zeig Isold'." Catherine Foster singt diese Stelle sehr innig und ausdrucksstark in zartestem Piano. Daraufhin greift Melot Tristan an, mit den Worten "Wehr dich, Melot!" bricht Tristan zusammen. Die Leuchtstäbe, die jetzt fast wie ein Barcode wirken, sind unten zum Stillstand gekommen.
Der Vorhang fällt schnell. (Regieanweisung Richard Wagners) Nach kurzer Stille bricht der Beifall im Publikum los.
Im dritten Aufzug gibt es eine kleine Veränderung am Bühnenbild. Die Grünpflanzen oben am Oval wuchern üppiger und ranken rechts und links der Türöffnung bis auf den Boden beziehungsweise auf die Projektionsfläche. Tristan liegt flach hingestreckt auf der Scheibe inmitten von Kerzen. Kurwenal erscheint mit einem Grablicht. Das Englischhorn-Solo wird nicht aus dem Graben sondern auf der Bühne, oben am Oval gespielt. So kommt es noch besser zur Geltung und rückt den Solisten (Rixon Thomas) ein wenig stärker in den Fokus. Eben nicht geschützt durch den Graben, sondern sehr exponiert auf der Szene, spielte Thomas das Solo perfekt und absolut beeindruckend mit einer großen Ruhe.
Kurwenal ist in Zwiesprache mit dem Hirten. Auch hier beeindruckt Markus Eiche ebenso wie als Wolfram im Tannhäuser mit seinem warmen gut geführten Bariton und deutliche Deklamation des Textes wie zum Beispiel bei "Hei nun! Wie du kamst? Zu Ross rittest du nicht; ein Schifflein führte dich her."
Tristans Fiebermonolog schließt sich an. Passend zum Text und zur rauschhaften Musik verändert sich wieder die Projektionsfläche. Lichter beginnen unten zu tanzen. Der Wahn wird stärker und die Lichter werden kleiner und schneller, Kurwenal fragt Tristan "Siehst du es nicht?" Es ist jedoch noch kein Schiff zu sehe, das Isolde zu ihm bringen könnte. Je stärker Tristan sich in den Wahn hineinsteigert, dass das Schiff mit Isolde bald kommt, desto heller und schneller wird die Projektion. In der Mitte der Scheibe entsteht ein Auge, das immer deutlicher zu sehen ist. Kurwenal hält Tristan an einem Seil, während dieser im Zentrum des Auges liegt.
Zu Tristans Worten "Isolde, wie schön bist du!" wird aus dem Auge ein Strudel. Die Bühnenmusik kündigt das Schiff an. In dieser Szene wirkt das Orchester stellenweise zu laut und deckt Gould etwas zu. Isolde erscheint, die Leuchte verlischt und das Video endet. Zu Isoldes Worten "Isolde kam, mit Tristan treu zu sterben. Bleibst du mir stumm? Nur eine Stunde, nur eine Stunde bleibe mir wach!" liegen beide vor der nun dunklen Scheibe.
Oben auf dem Oval ersticht Kurwenal Melot. König Marke und Brangäne erscheinen und erkennen, dass Tristan tot ist und auch Kurwenal bricht neben Tristan zusammen ("Tot denn alles, alles tot!"). Isolde steht auf und nimmt mit dem Liebestod Abschied von Tristan. Sie singt diesen auf der Projektionsfläche stehend, nahe bei den rankenden Pflanzen.
Zu den letzten Zeilen des Liebestodes kommt das Paar hinzu, inzwischen gealtert, der Lebenskreis hat sich geschlossen. Auf die Worte "höchste Lust" ist das Paar vorne angekommen, ein transparenter Vorhang fährt herunter, die Liebe der beiden geht weiter... Catherine Foster singt ihr "Mild und leise" unglaublich berührend und sorgt noch einmal für zauberhafte und ergreifende Momente im Publikum.
Nach einem Moment der Stille bricht das Publikum in großen Beifall aus.
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Mehr als nur ein "Joker"
Roland Schwab gelingt mit seiner Neuinszenierung des Tristan eine unaufgeregte sehr ästhetische Interpretation der Oper. Die Wirkung der Scheibe als Projektionsfläche ist sehr gelungen. Sie ist immer soghaft, wenn es dramatisch wird, immer sehr eng an der rauschhaften Musik orientiert und entfacht eine große Fokussierung auf die entscheidenden Stellen und unterstreicht die rauschhaften Zustände der handelnden Personen.
Die ganze Zeit über ist auf der linken Bühnenseite ein roter leuchtender Schriftzug in Sanskrit zu sehen. Die Bedeutung des Worte ist "ewig". Ewig hat im Werk und im Text eine große Bedeutung. Ewig, einig, ungetrennt... Die Liebe von Tristan und Isolde soll ewig sein.
Schwab beschreibt Tristan und Isolde als ein Stück der Nachtgeweihten. Für ihn muss jede Handlung in Relation zum Licht stehen. Der Liebestod schluckt alles, das Licht, die Sprache und die Musik. Die Kostüme von Gabriele Rupprecht sind so beschaffen, dass sie changieren, auf Licht reagieren. Auch das Bühnenbild kann sich verändern und ist so ein Seismograph für verschieden Stimmungen. So wählt Schwab auch kein konkretes Setting, eher ein Milieu, das ausdrückt, wie die Handlung ihren Lauf nimmt, analog zur sich verändernden Chromatik der Musik.
Roland Schwab nähert sich von der Musik her, er will ihr maximalen Entfaltungsraum geben und so ein Denkmal schaffen für die Liebe, die über den Tod hinausgeht. Der Legende nach stehen auf den Gräbern von Tristan und Isoldeein Rosenstock und eine Weinrebe, die sich vereinen, ineinander verschlungen sind. Mit dem Liebestod ist nicht alles zu Ende. Dafür steht auch der Schriftzug in Sanskrit.
Ein großer Wagner-Abend
Die erfahrenden Solisten ließen den Abend zu einem Erlebnis werden.
Die englische Sopranistin Catherine Foster beeindruckte mit einer gewaltigen Stimme und brillanter sicherer Höhe. Foster präsentiert beeindruckende Spitzentöne, verfügt aber auch über eine sehr schöne Tiefe. Ihr dramatischer Sopran ist rund, fokussiert und sie gestaltet ein zartes Piano in allen Lagen. Auch im Liebestod verfügte sie über ausreichende Reserven, um diesen wunderbar innig zu gestalten.
Der amerikanische Tenor Stephen Gould hat mit dem Tristan neben Tannhäuser und Siegfried (Götterdämmerung) drei Hauptrollen zu stemmen. Gerade im Tristan hat er mit den Fiebermonologen unglaubliche Textmengen zu bewältigen. Er wird dieser Aufgabe mehr als gerecht. Sein Heldentenor ist strahlend und immer präsent. Scheinbar mühelos füllt er die lange und anstrengende Rolle aus.
Markus Eiche als Kurwenal beeindruckt einmal mehr mit seinem edlen Bariton. Er gestaltet die Rolle von Tristans treuem Freund sehr intensiv und mit großer Spielfreude und Glaubwürdigkeit. Der isländische Bariton Olafur Sigurdarson als Melot erfreut wieder mit seiner dunkel timbrierten Stimme und seinem eindringliches Spiel trotz der relativ kleinen Rolle.
Die russische Sopranistin Ekaterina Gubanova begeisterte bereits als Venus im Tannhäuser. Als Brangäne kann sie noch weitere Facetten ihrer farbenreichen großen Stimme zeigen. Sie singt genauso strahlend und klar wie die Venus, als Brangäne klingt sie aber wärmer und noch runder. Besonders der zweite Aufzug "Einsam wachend in der Nacht" ist sehr packend und ausdrucksstark gestaltet.
Georg Zeppenfeld gibt einen überzeugenden König Marke. Mit seinem wohlklingenden edlen Bass, ausgezeichneter Textverständlichkeit und seiner starken Bühnenpräsenz verleiht er dem König viel Tiefe und Würde. Auch die kleineren Rollen sind mit Jorge Rodriguez-Norton (Ein Hirt), Raimund Nolte (Ein Steuermann) und Siyabonga Maqungo (Junger Seemann) luxuriös besetzt.
Dirigent Markus Poschner hat durch die krankheitsbedingten Umplanungen die Produktion erst zehn Tage vor der Eröffnung der Festspiele übernommen. Trotz der wenigen Proben, die er zur Verfügung hatte, gelang es dem erfahrenen Poschner, das Festspielorchester sicher und souverän durch den langen Abend zu führen. Bereits das Vorspiel ist traumhaft, die Dynamik gekonnt ausgelotet vom zarten Pianissimo bis zum Fortissimo. Souverän führt Poschner das Orchester für die rausch- und soghafte Partitur. Die Abstimmung zwischen Graben und Bühne passt und die Sänger werden bis auf ganz kleine Ausnahmen vom Orchester sicher getragen.
Der Herrenchor, im erster Aufzug aus dem Off, kommt präzise und kraftvoll bei sehr guter Textverständlichkeit.
Insgesamt hat das Publikum mit diesem Tristan und Isolde einen großen Festspielabend erlebt, musikalisch überzeugend und in einer ästhetischen gelungenen Inszenierung, die kein Actiontheater ist sondern eine große Harmonie und Ruhe ausstrahlt. Es dankte allen Beteiligten dafür mit großem lang anhaltenden Applaus und Bravorufen.
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