Hamburg, Opernloft, TOSCA - Giacomo Puccini, IOCO Kritik, 29.03.2023
TOSCA - Giacomo Puccini
- Tosca führt ein eigenes Restaurant, die „Trattoria Tosca“ -
von Wolfgang Schmitt
Die Aufführungen klassischer Werke der Opernliteratur im Hamburger Opernloft an der Elbe direkt am Kreuzfahrt-Terminal sind immer für spezielle Sichtweisen und interessante Überraschungen gut. Spannende, außergewöhnliche und unterhaltsame Abende sind hier stets garantiert.
Trailer - TOSCA in der Trattoria - eine Einführung youtube OPERNLOFT Hamburg [ Mit erweitertem Datenschutz eingebettet ]
Und so war es auch an diesem Abend, am 26.3.2023, an dem man Giacomo Puccinis Tosca in einem völlig neuen „Gewand“ erlebte. Regisseurin Inken Rahardt hat sich zu Puccinis wundervoller Musik eine phantasievolle neue Geschichte ausgedacht: Tosca ist hier keine gefeierte Sängerin, sondern sie führt ein eigenes Restaurant, die „Trattoria Tosca“ mit ihrem Ehemann Cavaradossi, der abends die Gäste mit neapolitanischen Liedern wie „O sole mio“ und „Mattinata“ unterhält. Bei ihnen gibt es „die beste Pizza der Stadt“, bis eines Tages die Signora Scarpia, eine Controllerin vom Gesundheitsamt erscheint, das Lokal genauestens inspiziert und natürlich so einige Beanstandungen hat. Nebenbei verliebt sie sich in Cavaradossi und wäre unter gewissen Umständen bereit, von der Schließung des Lokals abzusehen. Mit Tosca tritt sie dann in einen Wettstreit, wer wohl die bessere Pizza zubereiten kann. Sehr vom Verdruß von Tosca gewinnt Madame Scarpia, woraufhin sie diese mit dem Messer ersticht. Und wenn man die Video-Projektionen auf der Bühnenwand richtig interpretiert, zerstückeln Tosca und Cavaradossi ihren Leichnam hinter dem Tresen und verarbeiten ihn zu Hackfleisch und Mortadella. Die Reste werden in einem Müllsack entsorgt, danach lassen Tosca und Cavaradossi die Gläser klingen, und so hat die Oper hier ein Happy-End.
Inken Rahardt hatte auch die Ausstattung der Bühne sowie die gesamte Szenerie entworfen und eine typische italienische Atmosphäre geschaffen. Der lange Tresen nimmt die gesamte Bühnenbreite ein, dahinter ist die Restaurant-Küche aufgebaut. Auf die Bühnenrückwand wird alles projiziert, was die italienische Küche so hergibt: die Tricolore - Salat, Pasta und Tomaten als die Farben der italienischen Flagge, aber auch Schinken, Salami, Beeren, Limetten, Minze – ein herrlich buntes und abwechslungsreiches Hintergrundbild. Im vorderen Bereich des Zuschauerraumes vor der Bühne sind Tische und Stühle aufgestellt wie in einer Pizzeria, und die Besucher, die dort Platz gefunden haben, werden auch mit Brot und Pizza verköstigt.
Die exzellente Pianistin Makiko Iguchi war die musikalische Leiterin des Abends, und es war erstaunlich und faszinierend zu erleben, wie werkgetreu sie Puccinis umfangreiche Partitur nur mit Klavier und ihrem Violinisten André Böttcher – der in einer Szene auch als Stehgeiger im Restaurant fungierte und „Funiculi funicula“ zum Besten gab – zu Gehör brachte, so daß man ein großes Orchester gar nicht vermißte. Die Oper ward auf 90 Minuten gekürzt, einige Szenen und Arien wurden umgestellt, auch wurden einige zur Handlung passende Passagen aus Puccinis früher Oper Edgar eingefügt. Die drei Protagonisten sangen italienisch – auf die Nebendarsteller wurde hier verzichtet – und ein deutscher Text, der die Handlung skizzierte, wurde auf den oberen Teil der Bühnenrückwand projiziert.
Gesungen wurde an diesem Abend wieder höchst eindrucksvoll. Aline Lettow war eine Tosca von starker persönlicher Ausstrahlung und imponierender Darstellung. Ihr kräftiger lyrischer Sopran verfügt über ein warmes Timbre,. Im Zusammenspiel sowohl mit ihrem Cavaradossi als auch mit Madame Scarpia und besonders in ihrer großen Arie „Vissi d'arte“ überzeugte sie mit schön gestalteten Gesangsbögen.
Richard Neugebauer war ein sympathischer Cavaradossi, der sich locker und natürlich zwischen den Gästen bewegte und nicht nur die beiden Arien des Cavaradossi und die Duette mit Tosca, sondern auch die neapolitanischen Lieder mit seinem wohlklingenden Tenor souverän und mit zarten Lyrismen ertönen ließ.
Pauline Gonthier in der Partie der Signora Scarpia präsentierte ihren schönen farbenreichen Mezzosopran und war eine imponierende Darstellerin insbesondere in der Verführungsszene mit Cavaradossi. Das „Te Deum“ klang von einem Mezzo gesungen recht ungewöhnlich, aber in diesem Rahmen nicht minder interessant.
Insgesamt gesehen war es ein herrlicher Puccini-Abend – Tosca einmal anders, mit leichtem Augenzwinkern und mit schwarzem Humor dargeboten, so fand die Signora Scarpia ein makabres Ende – aber alles in allem höchst vergnüglich.