Kulturpolitik in Zeiten von Corona - Prof. Ullrich Mehlich, IOCO Interview Teil 2, 19.01.2021

Kulturpolitik in Zeiten von Corona - Prof. Ullrich Mehlich, IOCO Interview Teil 2, 19.01.2021
Corona & Kulturpolitik © Süddeutsche Zeitung / Max-Planck-Geselschaft
Corona & Kulturpolitik © Süddeutsche Zeitung / Max-Planck-Geselschaft
Kulturpolitik in Zeiten der Coronakrise - Interview Teil 2 

Prioritäten der Regierung - das Recht der Bürger zum Widerstand - im Rahmen von Recht und Verfassung

Oxana Arkaeva spricht mit Prof. Ullrich Mehlich, Professor an der Hochschule für Verwaltung Kehl, über die Staatsgewalt zum Kulturgeschehen in den Zeiten von Corona

Die Autorin des Interviews legt Wert auf die originäre, authentische Art und Stil im sprachlichen Ausdruck der Interviewpartner*in. Daher sind stilistische und sprachliche Besonderheiten möglich.

Teil 1 des Interviews erschien am 13.1.2021 bei IOCO, link HIER!  

zu Staatsgewalt, Einzigartigkeit der deutschen Verwaltungssystems, Überforderung der Gesundheitsämter, Relevanz und Anordnung der Kultur in der kommunalen Verwaltung und das Ermessenshandeln der Regierung.

Oxana Arkaeva befragt im hier folgenden Teil 2 des Interviews Professor Ullrich Mehlich zur (Un-)Möglichkeit einer Umwandlung von freiwilligen Kulturabgaben in Pflichtabgaben, Verletzung der Grundrechte, den Staat als Kultur-Schulmeister, den Erfolg einer Verfassungsklage in München, die Theater als Bildungsstätte und Prognose für die kommenden Monate.

Professor Ullrich Mehlich, Professor an der Hochschule für Verwaltung Kehl © Hochschule für Verwaltung Kehl
Professor Ullrich Mehlich, Professor an der Hochschule für Verwaltung Kehl © Hochschule für Verwaltung Kehl

Interview Teil 2: Professor Ullrich Mehlich - im Gespräch mit Oxana Arkaeva

Zurück zu der Thematik der freiwilligen Abgaben für die Kultur. Vor paar Tagen habe ich von einem Kollegen gehört, dass nach der Wende, in Sachsen, diese freiwilligen Abgaben für die Kultur in einem Gesetz als nicht mehr freiwillige Abgaben festgehalten werden.

9. Warum sind diese Abgaben eigentlich freiwillig? Wäre es möglich diese Abgaben nach dem Beispiel des Kulturraumgesetzes aus Sachsen in die Pflichtabgaben umzuwandeln, und zwar deutschlandweit? Wenn nein, warum und wenn ja, was soll dafür geschehen?

Eine sehr komplexe Fragestellung. Das Abgabenrecht ist eine ganz spezielle Rechtsmaterie. Da bin ich jetzt nicht der ganz große Experte. Aber es ist so, wir bräuchten dafür (NB: für Kultur) erstmal eine entsprechende Gesetzgebungskompetenz, eine, die so etwas festlegen würde; hier das Recht Pflichtabgaben zu erheben, die die parlamentarischen Hürden in Deutschland nicht überwinden würden. Zum einem, weil sich die Kommunen, die Gemeinden, Landkreise gegen eine solche Verpflichtung wahrscheinlich in größtem Maße wehren würden. Zum anderem, weil es ihren Spielraum, ihre kommunalen Selbstverwaltung – die heilige Kuh der Städte und Gemeinden - berühren würde, wenn man hier vorschreiben würde. Rein theoretisch wäre sowas durchaus denkbar. Man müsste die Gesetzgebungskompetenz im Grundgesetz bzw. in den jeweiligen Landesverfassungen entsprechend ändern. Meines Erachtens würde das politisch nicht funktionieren, weil es die Spielräume der Gemeinden einschränken würde.

Vor kurzem wurde auf der Webseite des Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg ein Promo-Video rausgebracht, dass mir fast wie ein Propagandavideo erschien. In diesem Video, nicht mehr verfügbar, wird ein 26-jähriger Balletttänzer aus Zürich gezeigt, der während der Pandemie zu seinem ursprünglich gelernten Beruf als Arzt zurückgekehrt ist. Weil er als Tänzer eben nicht mehr arbeiten konnte.

Oxana Arkaeva, Autorin © Oxana Arkaeva
Oxana Arkaeva, Autorin © Oxana Arkaeva

10. Ist es ihrer Meinung nach eine durch die Blume Ansage, ein dezenter Hinweis an die Kulturschaffenden, sich einen neuen, einen sicheren Beruf zu suchen? Was hat sich die Landesregierungen dabei gedacht?

Es steht der Politik meines Erachtens in keinster Weise an, sich in diesen Zeiten schulmeisterlich den Menschen, die in Bedrängnis sind, solche Ratschläge zu geben. Das muss jeder für sich selber entscheiden. Wenn dieses Video so tatsächlich im Umlauf war, grenzt es fast an Geschmacklosigkeit. Dafür ist Politik nicht da, den Menschen in irgendeiner Weise, durch die Blume oder wie auch immer, den Weg zu weisen in einer Art und Weise, die meines Erachtens nicht akzeptabel ist. Also, da haben sie sich ordentlich verhoben.

Grundrechte. Recht auf Berufsausübung und Kunstfreiheit: beide sind in Art. 5 und Art. 12 BGB festgehalten.

11. Liegt hier ihrer Meinung nach, eine rechtlich begründbare Verletzung dieser Grundrechte vor und insbesondere bei Selbständigen? Ist das Theater, als staatlich subventionierte öffentliche Einrichtung, in der Pflicht zu Handeln und diese Künstler zum Beispiel unterstützen? Kann das Theater dazu gezwungen werden? Wenn ja, durch wen? Wenn nicht, warum?

Ich habe bereits erwähnt, dass durch die Pandemie und Maßnahmen, insbesondere aufgrund des Infektionsschutzes und der Corona Verordnung, massive Grundrechtsbeschränkungen erfolgt sind. In dem von Ihnen angesprochenen Bereich Art. 5 BGB, die Kunstfreiheit, und Art. 12 BGB, sind die Berufsausübungsfreiheit auch massiv beschränkt. Es geht so weit, dass wir gerade bei den Kulturschaffenden, aber gleichermaßen bei den Gastronomen, Hoteliers, in der Tourismusbranche praktisch ein sogenanntes faktisches Berufsverbot haben. Dies ist, rechtlich gesehen, nur in sehr eingeschränktem Maße, und nur in Bezug auf eine bestimmte Zeitdauer überhaupt zulässig; wie die Gerichte, die sich mittlerweile mit solchen Sachen beschäftigen, auch die Bundeskanzlerin in ihren Interviews, wie auch die Ministerpräsidenten immer wieder in Bezug auf die Entscheidungen, die sogenannte Verhältnismäßigkeit als wichtigstes Regulativ erwähnen. Man kann sich jetzt fragen, ob das Ziel des Staates, den Gesundheitsschutz so hoch zu bewerten, dass alle anderen, Kunst, Gastronomie etc. massive Einschränkungen bis hin zu einem faktischen Berufsverbot erleben, rechtlich zulässig ist. Ich würde sagen, dass im Moment, insbesondere vor dem Hintergrund der zweiten Pandemiewelle, das dies wohl noch in verhältnismäßigem Maße möglich ist. Man kann darüber streiten, und es wird Gerichtsurteile diesbezüglich geben. Unter diesen Umständen aber sind diese Rechte beschränkt. Dies ist grundsätzlich zulässig, wenn die Bedingungen, die Umstände und die Einschränkungen verhältnismäßig sind. Und davon ist im Moment noch auszugehen.

Sie sagen, dass jeder einzelne Bürger in Deutschland sich gegen die Staatsgewalt zu Wehr setzen kann. Gerade hat die Regierung einen neuen härteren Lockdown beschlossen; vor paar Tagen hat eine Gruppe international renommierter Musiker und Musikerinnen gegen die pauschale Schließung von Konzert- und Opernhäusern eine Verfassungsklage erheben wollen. Am 7. Dezember 2020 sollte hierzu beim Bayerischen Verwaltungshof in München ein Antrag eingehen, welcher mittlerweile aus organisatorischen Gründen zurückgezogen wurde; u.a., weil die Pandemie sich sehr schnell entwickelt und eine andere gesetzliche Grundlage sich etabliert hat.

12. Ihrer Meinung nach, wird es überhaupt zu einer Klage kommen? Kann oder wird diese Klage ein Erfolg haben?

Wir haben in dem Vorspann schon angesprochen, dass die Bundesrepublik Deutschland ein Verwaltungsgerichtsystem hat, welches in Europa, möglicherweise weltweit seinesgleichen sucht. In keinem Mitgliedstaat der Europäischen Union können die einzelnen Bürger sich so effizient gegen staatliche Entscheidungen bei Gericht zur Wehr setzen wie bei uns. Ich bin ein bisschen ein Fan dieses Verwaltungsgerichtsystems, weil es wirklich hervorragend funktioniert. Da wurde wirklich an alles gedacht. Ich habe es vorhin schon gesagt, dass es mich gewundert hat, dass die Bürger im ersten Lockdown nicht mehr die Gerichte angerufen haben. Denn die Verwaltungsgerichte haben die Funktion, als neutrale Instanz die Staatsgewalt einzudämmen. Sie überwachen die Ausübung der Staatsgewalt. Das machen sie sehr gut. Im zweiten Lockdown haben wir schon deutlich mehr Anrufungen der Verwaltungsgerichte. Es gibt verschiedene Verfahrensarten wie man gegen die Corona-Entscheidung vorgehen kann. Es kommt darauf an, um was für Entscheidungen es sich handelt. Es gab bereits eine Gerichtsentscheidung, wo, Corona Verordnungen der einzelnen Länder teilweise aufgehoben wurden. Ich nehme an, dass eine solche Klage beim Verfassungsgericht - da müsste man genau die Details kennen - im Moment wegen der Beschränkungen der Kultur, beziehungsweise Berufsausübungsfreiheit, nur bedingt Erfolg haben kann. Weil, wie ich es vorhin sagte, aufgrund der derzeitigen Entwicklung der Infektionsschutz doch vorrangig ist.

Letztendlich ist das für die Gerichte egal welche es sind, das Verfassungsgericht oder  Verwaltungsgericht, nichts anderes wie eine Abwägung. Sie wägen ab, ob es verhältnismäßig ist, dass dem Gesundheitsschutz unter diesen Bedingungen sozusagen die Berufsausübung, die Kultur, die Kunstfreiheit, ich sag es mal so,  geopfert oder zeitweilig so eingeschränkt werden, dass es im Ergebnis einem faktischen Berufsverbot gleichkommt. Im Moment hat diese Klage, meiner Einschätzung nach, noch nicht große Aussicht auf Erfolg. Das kann sich aber ändern, je länger dieser Zustand dauert. Je mehr sich auch die Umstände verändern, kann es durchaus so sein, dass die Gerichte zum Ergebnis kommen, dass jetzt diese Maßnahmen nicht mehr verhältnismäßig sind. Im Moment würde ich sagen, hat eine Klage relativ wenig Aussicht auf Erfolg.

Es ist insbesondere schade, weil gerade Theater, die Veranstaltungsorte, Gastronomie, und Hotels alles Mögliche  getan haben die Hygieneauflagen nicht zu 100 sondern zu 200 Prozent zu erfüllen. Viele Theater sagen: "Wir haben uns diesbezüglich so eingerichtet, dass wir unser Haus als eines der sichersten Orte überhaupt ansehen".

https://youtu.be/s8mgLPLB1Fc

Corona und die Relevanz der Kultur – Oxana Arkaeva im Gespräch mit  Ullrich Mehlich ArkNet Ein YouTube Channel von Oxana Arkaeva [ Mit erweitertem Datenschutz eingebettet ]

13. Falls die Klage Erfolg haben sollte, wie kann so ein Erfolg aussehen? Kommen da Entschädigungen an die Betroffenen?

Ich sehe es ähnlich wie Sie, dass die Gastronomie-, Theater-, die Kinobetreiber mit ihren durchdachten Konzepten sehr viel getan haben. Ich bin kein Virologe, aber ich glaube, dass man sich unter dieser Voraussetzung in einem Hotel, in einem Theater, bei diesen Abständen nicht anstecken kann. Es ist eben eine politische Entscheidung gewesen. Ob es richtig abgewogen worden ist, damit werden Gerichte sich beschäftigen. Obwohl ich es im Moment nicht glaube, kann es durchaus sein, dass die Gerichte diese einseitige Bewertung (der Situation) möglicherweise als nicht rechtens ansehen, zumindest dauerhaft nicht rechtens sein kann. Im Prinzip kann man da letztlich nur abwarten. Es wäre sinnvoll, dass die Klagen eingereicht werden, um diese Frage wirklich zu klären, bis hin auch zum höchsten Gericht. Entschädigungen wird es wohl nicht geben, weil es natürlich keine schuldhafte Geschichte war. Ich gehe immer noch davon aus, dass die Politik nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt hat. Es wird wohl keine zusätzlichen Schadenersatzansprüche geben. Aber der Staat tut, meines Erachtens, bereits relativ viel im finanziellen Bereich (gemeint ist die Überbrückungshilfen z. B.). Ob wir uns dies in dieser Form überhaupt leisten können, weiß ich nicht. Ob es immer die Richtigen erwischt, dass wage ich zu bezweifeln. Da wird mit der Gießkanne ausgekippt. Das werden Fragen sein, die man später wirklich im Detail noch überprüfen muss; inwiefern hier diese Subventionierung, diese Unterstützung bestimmter Berufszweige zielführend, verhältnismäßig, gerecht waren.

Ich habe Sie bereit davor gefragt, ob die Theater als öffentliche Einrichtungen verpflichtet sind, zu handeln. Zum Beispiel gegenüber den selbständigen Künstlern, die dort als Freischaffende arbeiten und an vielen Häusern, für bereits geleistete Arbeit, teilweise auch für noch nicht geleistete Arbeit überhaupt keine Entschädigung bekommen haben. Weil es dieses berufliche Verbot gibt.

14. Wenn wir an das Recht einzelner Bürger in Deutschland, sich gegen diese Staatsgewalt gerichtlich wehren zu können, zurückdenken, wäre es möglich für einen einzelnen Künstler oder einen einzelnen Selbständigen sich auf diese Art und Weise gegen diese Staatsgewalt, gegen den Berufsverbot zu wehren? Welche Konsequenzen könnte das für den Staat aber auch die betroffenen Selbstständigen haben?

Man soll differenzieren. Für die Künstler, die angestellt sind, zum Beispiel in einem Sinfonieorchester, ändert sich nichts. Sie werden letztendlich weiterbezahlt wie Beamte, bzw. in die Kurzarbeit geschickt; die Selbständigen nicht. Ich bin zu wenig ein Arbeitsrechtler, aber ich würde sagen, sie(die Selbständigen Anm. Autor) haben keinen Rechtsanspruch. Sprich: Wenn die Arbeit nicht geleistet werden kann, warum auch immer, entstehen auch keine Vergütungsansprüche. Den Rest muss das Arbeitsgericht klären. Als Selbständiger ist man in einer extrem schlechten Position. Und daran wird sich wahrscheinlich auch nicht allzu viel dran ändern.

Das Einzige, was wirklich hilft, sind staatliche Subventionen. Diese aber kommen häufig nicht an, weil die bürokratischen Hürden zu hoch sind. Ich glaube eher, dass es, je länger es dauert, doch schlimmer wird. Auf Dauer wird man sich diese Subventionierung nicht mehr leisten können. Der Haushalt wird einfach überstrapaziert und es wird es so sein, dass diese Schulden, noch nie hat der Staat so eine Neuverschuldung gehabt wie dieses Jahr aufgrund von Corona, auf die zukünftige Generation abgeladen werden. Es wird in Zukunft, wenn diese Pandemie noch weiter so läuft, noch deutlich enger werden. Der Staat wird auch nicht mehr in der Lage sein, dass, was er bisher - vielleicht nicht besonders -zielgenau - finanziell geleistet hat, zu erbringen. Also, wir können alle wirklich nur hoffen, wirklich nur hoffen, dass dieser Zustand in absehbarer Zeit endet.

Sie haben die Kultur als einen Freizeitbetrieb definiert. Der Deutsche Kulturrat hat es geschafft, in neuen Ergänzungen zum Infektionsschutzgesetz, die Theater und kulturellen Veranstaltungsorte aus der Sparte der Freizeitbetriebe herauszunehmen und in der Sparte Bildungseinrichtungen zuzuordnen.

15. Rechtlich gesehen öffnet diese Anpassung u. U. neue Handlungsperspektiven für Städte, Kommunen, Theater, Kulturschaffende und sonstige Verantwortliche und Akteure. Bedeutet dies, dass man bald wieder spielen darf?

Dies ist schon eine interessante Aussage. Meines Erachtens ist es schon so, dass eben die Kultur im weitesten Sinne doch eher in Richtung Bildung geht als nur in den Bereich Freizeitbeschäftigungen wie Fußball spielen. Oder, wenn ich wieder vorher sportliche Betätigung unterstrich, glaube ich trotzdem nicht, dass es an der grundsätzlichen Bewertung gegenüber dem Infektionsschutz viel ändern wird; egal ob das jetzt eine Freizeitbeschäftigung ist, die auch wichtig ist, das menschliche Dasein oder eine Bildungs-Einrichtung beziehungsweise die Bildung fördert. Unterm Strich wird man sagen müssen und auf den Ausgangspunkt zurückkommen, je stärker das Infektionsgeschehen, je höher der Gesundheitsschutz gefordert ist, je mehr werden alle anderen Belange, nicht nur Kultur nachrangig behandelt werden. Das ist wirklich der Knackpunkt   dieser Abwägungsentscheidungen.  Was ist aus Sicht der politisch Handelnden im Moment wichtiger? Dass man damit einen ganzen Berufszweig oder mehrere Berufszweige möglicherweise dauerhaft vernichtet? Es ist wohl im Moment noch so, dass dies auch eben in Kauf genommen wird. Davon gehe ich jetzt mal aus.

16. Würden Sie zum Schluss an dieser Stelle vielleicht eine Art Prognose wagen? Wie es mit der Kultur und der kulturellen Verwaltung nach der Pandemie weitergehen wird?

Ich gehe davon aus, dass je länger diese Pandemie anhält, je länger werden die Einschränkung anhalten. Je länger dieses, in Anführungszeichen, faktische Berufsverbot für den Kulturschaffenden besteht, werden viele nach dem Ende der Pandemie wohl nicht mehr in der Lage sein werden, ihren Beruf auszuüben, weil die Grundlage weggebrochen ist. Das wird sicherlich so sein. Es wird die Gastronomie und Tourismus gleichermaßen treffen. Es wird alles anders aussehen. Das Kulturleben wird meines Erachtens etwas eingeschränkt sein, weil bestimmte Akteure möglicherweise nicht mehr dabei sind. Eine positive Seite hat aber diese Pandemie. Nämlich, in diesen trüben Zeiten, in denen wir uns gerade bewegen, merken doch meines Erachtens alle Menschen, dass ohne die Kultur das Leben deutlich trister ist, dass dies ein Lebensbestandteil ist. Dass man zukünftig die Kultur deutlich mit höherer Wertigkeit betrachtet. Wenn wir sie dann wieder haben, vielleicht in etwas anderer Form und mit weniger Akteuren, dann glaube ich, dass wir eine deutlich höhere Wertschätzung der Kultur haben werden. Und, möglicherweise, bestimmte rechtliche, gesetzliche Änderungen, die diesen höheren Status durchaus untermauern. Denn wenn etwas mal weg war, wenn man es vermisst hat, ist es wie sonst im Leben, man ist hinterher, wenn man es wieder hat, deutlich dankbarer und weiß es viel besser wertzuschätzen.

Oxana Arkaeva: Lieber Herr Professor Mehlich, für dies umfangreiche und informative Interview danke ich Ihnen.

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