Kristian Benedikt - Otello, Canio, Samson..., IOCO CD-Rezension, 10.10.2019

Kristian Benedikt - Otello, Canio, Samson..., IOCO CD-Rezension, 10.10.2019
Kristian Benedikt, CD Cover © Delos productions
Kristian Benedikt, CD Cover © Delos productions

Kristian Benedikt - Tenorvulkan - CD Debut bei Delos productions

- IOCO stellt große Stimmen vor -

von Michael Stange

Überzeugende Interpreten von Verdis Otello waren rar und sind es auch heute. Ein heute führender Rollenvertreter - der Litauer Kristian Benedikt - hat nun seine erste Recital CD bei Delos vorgelegt.

Seinem Stammhaus in Vilnius ist eng verbunden. Seit Jahren steht er auch international in dramatische Rollen von Otello, Canio, Samson, Ernani, Manrico und Herrmann in Pique Dame auf den Bühnen der Welt. Als Herrmann ist er an der Metropolitan Opera in New York im November und Dezember 2019 zu hören, wo er bereits im Frühjahr als Samson debütierte.

Seine Heimat Litauen hat eine seit dem neunzehnten Jahrhundert eine ausgeprägte und vielfältige klassische Musiktradition. Eigentümlich urwüchsige Künstler wie der Komponist und Maler Mikalojus Ciurlionis, der gleichfalls spannende Komponist Mikas Petrauskas und eine überreiche Volksmusik lassen aufhorchen und laden zu spannenden Entdeckungen ein.

Die reiche litauische Opernkultur brachte im vergangenen Jahrhundert mit Kipras Petrauskas und Virgilijus Noreika bereits zwei große Rolleninterpreten des Othello hervor. Deren Tradition setzt Kristian Benedikt fort und knüpft mit seiner dramatisch ausladenden Stimme an die Rolleninterpretation der großen Tenorkollegen seiner Heimat an.

Kristian Benedikt verfügt er über einen mächtigen, dramatischen Heldentenor von ausladenden Volumen und profunder baritonaler Tiefe. Sein urwüchsiges rauhes Timbre und die durchschlagskräftige Höhe beeindrucken. Dadurch sind im Rollen wie Otello, wo er mit seiner mächtig auftrumpfenden Stimme immense Wirkung entfaltet, auf den Leib geschrieben. In dieser Rolle ist er auf der Opern- und Klangbühne ein Interpret, der durch stimmliche Wucht, mächtig tönenden Gesang und dramatische Intensität beindruckt. So steht er in der Nachfolge der baritonalen Otellos wie Ramon Vinay und Carlos Guichandut.

Die größten Momente erreicht er so in den Partien, wo er Stimmvolumen und Dramatik und Leidenschaft vereint. In der Otello Szene, bei Samson und Dalila, bei Pagliacci und  Pique Dame überzeugt er durch diese Paarung, seinen Einsatz und sein enormes Stimmmaterial. Das Gesungene nimmt man ihm auch auf der Klangbühne ab und hört einen heute selten gewordenen Heldentenor von großer Intensität und Qualität.

Auch bei Chenier und La Juive gelingen ihm Interpretationen, die jedem Galakonzert zur Ehre gereichen. Gestaltung und Stimmführung hinterlassen aber keinen bleibenden Eindruck. Benedikts Tenor verfügt nicht über ein betörendes italienisches Timbre oder eine immense Farbpalette. So entfaltet er in diesen Rollen eine schwächere Wirkung und bleibt eher unverbindlich, weil es an einer packenden Rollenauseinandersetzung fehlt. Wagners Siegmund hingegen erklingt düster und melancholisch. Mit einer Arie aus Ponchiellis „Kreuzritteroper“ I Lituani und aus Vytautas Klovas Pilenai werden noch zwei Arien mit litauischem Bezug geliefert.

Das Lithauische Nationale Philharmonie Orchester und der Dirigent Modestas Pitrenas spielen feinfühlig und glutvoll in den dramatischen Momenten. Sie treffen Farben und Dramatik des unterschiedlichen Repertoires vollendet.

Kristian Benedikt ist einer der derzeitigen großen wichtigen Interpreten dramatischer Partien, der durch Feuer, stimmliche Potenz und dramatischen Einsatz überzeugt. Ein wichtiger und großer Sänger hat seine Visitenkarte für das dramatische Fach und ein sehr hörenswertes Recital vorgelegt.

Die CD ist klanglich hervorragend, räumlich präsent und die Balance zwischen Sänger und Orschester ausgezeichnet.

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