Berlin, Komische Oper Berlin, BALL IM SAVOY – Eine Operette kehrt zurück, IOCO Kritik, 09.06.2013

Berlin, Komische Oper Berlin, BALL IM SAVOY – Eine Operette kehrt zurück, IOCO Kritik, 09.06.2013
Komische Oper Berlin © IOCO
Komische Oper Berlin © IOCO

Komische Oper Berlin

BALL IM SAVOY – Eine Operette kehrt zurück 

Mit großem Publikumserfolg fand am 09.06.2013 die Premiere der Operette „Ball im Savoy“ von dem ungarisch-jüdischen Komponisten Paul Abraham („Viktoria und ihr Husar“ und „ Blume von Hawaii“) in der Regie von Barrie Kosky und unter dem Dirigat von Adam Benzwi statt.

1932 in Berlin umjubelt uraufgeführt, stellte diese Revueoperette damals etwas Neues dar, da sie sich musikalisch durch die Mischung aus Berliner Jazzrhythmen, ungarischer Zigeunermusik und jüdischer Klänge, von der bis dahin bestehenden Wiener oder der Pariser Operette à la Offenbach absetzte.

Gespickt mit viel Wortwitz, frivoler Doppeldeutigkeit und wildem Tanz, ist sie Sinnbild für die zügellose Lebenslust und kulturelle Vielfalt der Berliner goldenen zwanziger Jahre. Eine Vielfalt und Lebenslust, der jedoch bereits kurz nach der Premiere, durch die Machtübernahme Hitlers und der Nationalsozialisten, ein Ende gesetzt werden sollte. Die meisten Werke jüdischer Autoren bekamen Aufführungsverbot, und durch die sich immer mehr ausbreitende antisemitische Hetzte mussten zahlreiche jüdische Künstler ins Ausland fliehen. So verließ auch Paul Abraham, einst gefragter, erfolgreicher und von der Berliner Gesellschaft umworbener Komponist, Deutschland und nach zahlreichen und wenig erfolgreichen Etappen in Budapest, Wien und Paris ging er nach Kuba und anschließend nach New York, wo er als gebrochener und verwirrter Mann schließlich in Vergessenheit geriet.

Nun hat Barrie Kosky, Intendant der Komischen Oper Berlin, die spritzige Operette des Komponisten „Ball im Savoy“, passend zum Berliner Themenjahr „zerstörte Vielfalt“, nach 80 Jahren wieder an seinen Entstehungsort Berlin zurückgebracht.

Mit viel Hingabe und Leidenschaft hat Kosky hier in seiner schillernden Inszenierung gekonnt das besondere Flair der Berliner 20er Jahre auf die Bühne gebracht. Gleich zu Beginn originelle und witzige Schattenspiel-Projektionen (Video: Klaus Grünberg und Anne Kuhn). Das Bühnenbild von Klaus Grünberg, von eher schlichter, jedoch kluger Ästhetik, ergibt zusammen mit den glitzernden Revue-Kostümen von Esther Bialas eine schöne und stimmige Szenerie.

Durch die richtige Mischung an Ironie, Erotik und abwechslungsreicher Tanz- und Steppeinlagen (Choreographie von Otto Pichler) ist hier, trotz der zwar witzigen jedoch nicht sonderbar originellen Handlung, eine heitere und sehr unterhaltsame Inszenierung gelungen.

Glanzvoll spielt das Orchester der Komischen Oper Berlin unter der bravourösen musikalischen Leitung des amerikanischen, seit Jahren in Berlin ansässigen  Pianisten und Dirigenten Adam Benzwi.

Gestalterisch und sängerisch überzeugen Dagmar Manzel und der frisch ernannte Kammersänger Christoph Späth als Ehepaar Faublas.

Köstlich auch die Interpretation von Helmut Baumann (Tänzer, Choreograf, Schauspieler und Musicalregisseur) als türkischer Botschafter Mustafa Bey.

Als Star des Abends erwies sich die Schauspielerin und Sängerin Katharine Mehrling, bekannt aus der Musical- und Kleinkunstszene, als Jazzkomponistin Daisy Darlington. Hervorragend gesanglich wie darstellerisch und von bezaubernder Bühnenpräsenz. Großartig verkörperte die polnische Mezzosopranistin Agnes Zwierko die argentinische Tänzerin Tangolina, in dieser Produktion als polnische (Drag Queen)Tango-Diva angelegt. Gesanglich zwar etwas flackernd in der Höhe aber beeindruckend in ihrem tiefen Register.

Bestens besetzt auch die weiteren Rollen: Peter Renz als Kammerdiener Archibald und als Ober im „Savoy“, Pomerol; Christiane Oertel als Zofe Bébé; Frank Baer als Monsieur Albert, Matthias Spenke als Réné und das Lindenquintett Berlin als Die Savoy Boys.

Mit viel Beifall für alle Mitwirkenden und dem zum Abschluss noch in Andacht an den Komponisten im Chor sanft eingestimmten Lied „Reich mir zum Abschied noch einmal die Hände“ (aus seiner Operette „Viktoria und ihr Husar“), endet ein zauberhafter Abend und ein erfolgreiches Comeback.

Unter dem freudig applaudierendem Publikum zahlreiche prominente Gäste der Theater- und Musikszene, u.a. Helen Schneider, Gitte Haenning, Gayle Tufts, Thomas Hermann, Ulrike Folkerts und Irm Hermann.

IOCO / Gilberto Giardini / 09.06.2013

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