Wien, Volksoper Wien, Wagners Ring an einem Abend, IOCO Kritik, 23.05.2013
Kritik
Wagners Ring an einem Abend
Richard Wagner (1813-1883) mit Zwischentexten von Loriot (1923-2011)
Einen Tag nach seinem zweihundertsten Geburtstag erwies auch die Wiener Volksoper dem Jahresregenten Richard Wagner ihre Reverenz. Was Wagner betrifft, kennt man sich – historisch betrachtet – im Haus am Währinger Gürtel auch aus. Das zeigt eine kleine, aber feine Bilddokumentation im Pausenfoyer, deren Abdruck im Programmheft man schmerzlich vermisst. Demnach haben in diesem Haus insgesamt 1150 Aufführungen von Wagner-Opern stattgefunden. Die Namen vieler berühmter Wagnerinterpreten des vergangenen Jahrhunderts finden sich darunter. Sie traten als Gäste (Leo Slezak) auf oder gehörten dem Ensemble der Volksoper (Maria Jeritza) an.
Zwar wagte man sich jetzt nicht an die Aufführung einer gesamten Oper Richard Wagners, erinnerte sich aber dankenswerterweise an die musikalische Kurzfassung des Rings mit Loriots genialen Zwischentexten, die vor genau zwanzig Jahren – in der musikalischen Fassung von Ernst Märzendorfer – mit Vicco von Bülow als Erzähler in diesem Haus ihre Wiener Erstaufführung erlebte.
Den Part des Erzählers übernahm diesmal Hausherr Robert Meyer. Auf einem roten Sessel vor dem auf der Bühne angeordneten Orchester sitzend, agiert er ganz im Stile Loriots. Die witzig hintersinnigen Texte liest er vornehm zurückhaltend - ganz im Gegensatz zu seinem Tannhäuser in Nestroys gleichnamiger Parodie, in der er alle Register seines Komödiantentums zieht (wieder zu sehen am 27. Juni 2013).
Das musikalische Geschehen um „die Täter im gewaltigsten Drama der Musikgeschichte“, die laut Loriot „eigentlich ganz nette Leute“ sind, wird vom ausgezeichnet musizierenden Orchester unter der souveränen Leitung Jac van Steens und dem hauseigenen Ensemble, unterstützt von zwei Gästen (Aura Twarowska als Schwertleite und Endrik Wottrich als Siegmund/Siegfried) umgesetzt. Für den Neuling vermittelt der liebevoll ironische Text Loriots einen leicht fasslichen Überblick über das bisweilen komplizierte und verworrene Geschehen rund um Walhall.
Unter den insgesamt bestens disponierten Sängerinnen ragte die Brünnhilde der stimmgewaltigen und ausdrucksstarken Irmgard Vilsmaier hervor.
Bei den Herren verdienen besondere Erwähnung der Bayreuth erfahrene Endrik Wottrich als Siegmund/Siegfried, Sebastian Holeczek als Wotan/Wanderer und vor allem Martin Winkler als Alberich. Dessen expressiv interpretierter Fluch jagte manchem Besucher kalte Schauer über den Rücken.
Die musikalischen Highlights aus den vier Opernabenden wecken so im Zuhörer erst recht die Begierde nach dem Ring – und zwar in seiner ungekürzter Fassung! IOCO / MK & CHK / 23.05.2013