Wien, Staatsoper Wien, Premiere Wozzeck - Alban Berg, IOCO Aktuell, 21.03.2022

Wien, Staatsoper Wien, Premiere Wozzeck - Alban Berg, IOCO Aktuell, 21.03.2022
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Wiener Staatsoper

Wien / Wiener Staatsoper © Starke
Wien / Wiener Staatsoper © Starke

Premiere Wozzeck -  Alban Berg - 21. März 2022

Simon Stones Inszenierung, Christian Gerhaher, Anja Kampe

Es ist eine der wichtigsten Opern des 20. Jahrhunderts und ohne Zweifel eines der wichtigsten in Wien komponierten Werke der gesamten Musikgeschichte: Alban Bergs 1925 in Berlin uraufgeführter Wozzeck, basierend auf einem Dramenfragment Georg Büchners. Mit Wozzeck gelang dem Komponisten eine Oper, die eine Symbiose aus psychologischer Analyse, sozialem Aufschrei und höchstpersönlichem künstlerischen Ausdruck ist, das »erste Modell einer Musik des realen Humanismus«, wie Adorno es formulierte. Sie erzählt die Geschichte einer gepeinigten Kreatur, die, von Visionen und Ängsten bedrängt, von der Gesellschaft verlacht und gequält, aus ihrer Existenz getrieben wird. Bis es zur finalen Katastrophe kommt: Der Verzweifelte ermordet seine Geliebte und findet den Tod im Wasser.

Wozzeck - 2017 an der Rheinoper - eine Besprechung HIER

Seit der Staatsopern-Erstaufführung 1930 ist Wozzeck ein wichtiges Werk im Repertoire des Hauses am Ring. Nach der letzten Neuproduktion 1987 (unter Claudio Abbado und in einer Inszenierung von Adolf Dresen), die bis 2014 gezeigt wurde, wird Wozzeck nun nach 35 Jahren erstmals wieder neu zur Diskussion gestellt: Es dirigiert Philippe Jordan, es inszeniert Simon Stone und auch die Sänger*innenbesetzung bringt u. a. mit Christian Gerhaher und Anja Kampe zentrale Künstler*innen der Gegenwart an die Wiener Staatsoper.

Wozzeck - Wien Premiere 21. März 2022, Reprisen: 24., 27., 31. März, 3. April 2022

Zur Produktion und zum Leading Team

Dirigiert wird die Premiere von Musikdirektor Philippe Jordan. Wozzeck ist Alban Bergs erste Oper, mit der er gleich etwas »Genial-Neues« geschaffen hat, wie der Dirigent hervorhebt: »Das ist tatsächlich faszinierend. Ich glaube, dass man hier einfach das Genie Berg erblickt. Letztlich ganz ohne Vorstufe schafft er eine Oper, die perfekt ist. […] Diese unglaubliche Fantasie, die technische Vollkommenheit, das Gespür für Dramaturgie, all das ist verblüffend.« Wozzeck ist ein überaus komplexes Werk, eine Herausforderung für alle Beteiligten: »Vielleicht braucht diese komplexe, vielschichtige und kluge Sicht auf die Welt eine entsprechende formale und technische Komplexität. Vielleicht gibt gerade diese enorme Komplexität dem Werk auch seine Tiefe, sein aufrührendes, verstörendes und uns immer weiter beschäftigendes Potential. […] Und letztendlich geht es in Wozzeck ja um Leben und Tod, um die existenziellen Fragen. Berg packt all das in ein großes Ganzes, ohne etwas zu verkleinern oder nicht vollends auszuschöpfen.«

Regie führt Simon Stone, in den Bereichen Film, Theater und Oper international tätig, der nach La traviata mit Wozzeck seine zweite Arbeit an der Wiener Staatsoper vorstellt. Seine Deutung des Wozzeck ist konkret im Wien der Gegenwart verortet: »Mir ist immer wichtig, Zuschauerinnen und Zuschauern die jeweilige Geschichte in der ihnen bekannten, eigenen Welt zu präsentieren. Im vorliegenden Fall haben sowohl Büchner als auch Berg schon von vornherein viel darangesetzt, eine aktuelle Realität abzubilden. Es wäre in meinen Augen also falsch, die zeitlose Gültigkeit des Werkes dadurch zu verunklaren, dass man sie in einer Vergangenheit belässt, die uns fremd und nur bedingt erfahrbar ist«, so der Regisseur über seine Arbeit.

Das Bühnenbild stammt von Bob Cousins, die Kostüme von Alice Babidge und Fauve Ryckebusch und für das Lichtdesign zeichnet James Farncombe verantwortlich.

Staatsoper Wien / Wozzeck hier Probenfoto mit Christian Gerhaher © Wiener Staatsoper / Micael Pöhn
Staatsoper Wien / Wozzeck hier Probenfoto mit Christian Gerhaher © Wiener Staatsoper / Micael Pöhn

Zur Besetzung

Die Titelpartie wird von Christian Gerhaher gestaltet, er singt den Wozzeck erstmals an der Wiener Staatsoper. Der Sänger, gefeiert für seine hochpräzisen und intensiven Interpretationen, die von allergrößter künstlerischer Wahrhaftigkeit getragen werden, beschreibt seinen Bezug zu diesem Werk in einem Originalbeitrag für das Staatsopern-Monatsmagazin »Opernring 2«: »Wozzeck ist […] in seiner gehaltvollen Knappheit, Bedeutungstiefe und gleichzeitigen musik-formalen Vollendung eigentlich die schlechthin perfekte Oper – und trotz aller Düsterkeit und Tragik des Stoffes eine einzige Freude für den Geist. Von welchem anderen zuvor aufgeführten Werk ich auch immer gerade komme – die Auseinandersetzung mit Wozzeck gewährt mir jedes Mal eine unvergleichliche Erfüllung, ein inneres Aufatmen. Hier erlebe ich durch die Vereinigung der Sinnhaftigkeit Büchner’scher Sätze (kein Wort zu viel) mit der Sinnlichkeit der Berg’schen Musik (kein Ton zu viel) jedes Mal neu einen Gipfel in der Geschichte des Musiktheaters […].«

Die Marie verkörpert Anja Kampe, eine der wichtigsten Sängerinnen unserer Zeit, die der Wiener Staatsoper seit vielen Jahren verbunden ist. Zum Charakter ihrer Partie sagt sie: »Viele Chancen hatte sie sicher nicht, aber sie ist einfach eine Person mit Schwächen und mit Wünschen. Eine, die wahrscheinlich in einem ähnlich kargen Umfeld aufgewachsen ist wie Wozzeck und womöglich nichts anderes als diese bedrückende, leidvolle Welt kennt. Für mich ist sie Opfer und Täterin in einem. Sowohl Wozzeck als auch dem Kind gegenüber.« Wie Simon Stone sieht sie die Tötung von Marie durch Wozzeck als Femizid: »Es ist nicht ein Mord an einer nahestehenden Person, sondern ein Mord an einer Frau, die ihm unterlegen ist. Es geht also auch um das Frau-Sein an sich.«

Als Tambourmajor gibt der amerikanische Tenor srilankischer Herkunft Sean Panikkar sein Debüt an der Wiener Staatsoper. In weiteren Rollen sind u. a. Jörg Schneider (Hauptmann), Dmitry Belosselskiy (Doktor), Josh Lovell (Andres), Thomas Ebenstein (Narr) und Christina Bock (Margret) zu hören.

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