Wien, Palais Ehrbahr, Eine Winterreise - Auner Quartett, IOCO Kritik, 31.12.2017
Franz Schubert - Eine Winterreise
Das Auner Quartett - Thomas Weinhappel
Von Marcus Haimerl
Das Palais Ehrbar in Wien wurde 1876/77 in historistischem Stil für den Klavierfabrikanten Friedrich Ehrbar errichtet. Heute befindet sich im Palais ein Konzertsaal und ein Konservatorium für Musik und dramatische Kunst. Aufgrund der großen Nachfrage wurde das Konzert mit dem Auner Quartett und Thomas Weinhappel vom Alten Rathaus in den Ehrbar-Saal verlegt.
Gemeinsam mit dem Bariton Thomas Weinhappel präsentierte das Auner Quartett eine neue Fassung von Franz Schuberts Winterreise. Das Arrangement für zwei Violinen, Viola, Cello und Bariton stammt vom Cellisten des Copenhagen String Quartet Richard Krug und wurde vom Auner Quartett gemeinsam mit Thomas Weinhappel geringfügig angepasst.
Am Beginn dieses Konzerts standen die „6 Bagatellen für Streichquartett Op. 9“ von Anton Webern aus dem Jahr 1911. Hier bewies das Auner Quartett vor dem Liedzyklus (Violine: Daniel und Barbara Auner, Viola: Anna Firsanova, Cello: Konstantin Zelenin) seine beeindruckenden Fertigkeiten im Bereich der Zwölftonmusik mit diesen kurzen, prägnanten und eindrucksvollen Stücken.
Nach diesem Auftakt folgte schließlich Franz Schuberts „Winterreise“. Der österreichische Bariton Thomas Weinhappel, ausgezeichnet mit den höchsten tschechischen Musikpreisen Thalia Award 2016 als bester Opernsänger des Jahres und dem Libuska Award 2017 für außergewöhnliche Rollengestaltung, übernahm den Gesangspart. Die sehr feinfühlige Begleitung durch das Streichquartett weiß auch die dramatischen Passagen effektvoll zu gestalten.
Hatte Franz Schubert seinen Freunden einst die Winterreise als einen „Zyklus schauerlicher Lieder“ angekündigt, erfüllt der Bariton diesen Auftrag meisterhaft. Sein enormer Anspruch: er will „im Publikum die Empathie für alle Mitmenschen, die nicht nur physisch, sondern auch emotional die eisige Kälte des Winters erleben, wecken.“
Thomas Weinhappel singt Schuberts Lieder nicht nur, er lebt sie. Durch seine Mimik und seine sparsame Gestik wird er förmlich zu diesem einsamen Wanderer durch die Winternacht. Mit seinem virilen Bariton, geprägt von starker Strahlkraft zeichnet er aggressive, beinahe bedrohliche Bilder (Erstarrung, Auf dem Flusse), singt aber auch mit leuchtender, tenoraler Färbung den „Frühlingstraum“ oder „Die Post“ und beeindruckt mit zartem Pianissimo („Gute Nacht“, „Der Lindenbaum“, „Die Nebensonnen“). Seine dramatische Stimme verfügt aber auch über alle dynamischen Schattierungen, die nötig sind, um all die Zwischentöne von enttäuschter Liebe über tiefe Trauer und unendlichen Schmerz hör- und spürbar werden zu lassen.
Auch bei Schuberts Winterreise erwies sich das Auner Quartett als hochprofessioneller Begleiter. Die jungen Musiker sorgten für einen mehr als nur eindrucksvollen musikalischen Rahmen und waren an der Intensität und vor allem Qualität des Abends maßgeblich beteiligt.
Da Schubert die Winterreise in zwei Teilen schrieb, die ersten zwölf Lieder in der ersten Hälfte des Jahres 1827, die restlichen zwölf Lieder im September desselben Jahres, versinnbildlicht die zwischen den beiden Teilen angesetzte Pause folgerichtig das Schubert’sche Schaffen.
Am Schluss stand entsprechender Jubel für die überaus harmonisch musizierenden Künstler. Diese außergewöhnliche Winterreise wird dem Publikum wohl noch länger in Erinnerung bleiben.