Ulrike Theresia Wegele - Organistin von Weltruf - im Gespräch, IOCO Interview, 11.06.2020

Ulrike Theresia Wegele - Organistin von Weltruf  - im Gespräch, IOCO Interview, 11.06.2020
Ulrike Theresia Wegele, berühmte Organistin in Wien @ Peters
Ulrike Theresia Wegele, berühmte Organistin in Wien @ Peters

Prof. Ulrike Theresia Wegele – Organistin von  Weltruf

Im Gespräch mit Dr. Albrecht Schneider, IOCO

Lebensweg: Geboren in Weingarten / Württemberg. Studium der katholischen Kirchenmusik an der Musikhochschule Stuttgart bei Prof. Dr. Ludger Lohmann. Aufbaustudium an der Musikuniversität Wien bei Prof. Michael Radulescu. Diplome (A-Examen für Kirchenmusik und Konzertfachdiplom mit Auszeichnung.  Verleihung des Titels 'Magister artium'. Live-Mitschnitte und Rundfunkproduktionen für viele europäische und internationale Rundfunk-anstalten, CD-Aufnahmen und Fernsehproduktionen. Regelmäßiger Gast bei vielen bedeutenden Orgelfestivals in ganz Europa, den USA und Mexiko.

1991-1999 Dozentin an der Musikhochschule in Graz, 1999 Berufung als Professorin für Orgel an die Universität für Musik nach Graz (Institut Oberschützen). Seit 1992 auch Professorin für Orgel am Joseph-Haydn-Konservatorium in Eisenstadt.

2000-2010 Musikbeirätin für das Burgenland und während seines Bestehens von 2004-2010 die Künstlerische Leiterin des Weinklang Musikfestivals. Für hervorragende pädagogische Arbeit mit Schülern und Studierenden wurde sie vom Landesschulrat ausgezeichnet. 2009 wurde ihr im Staatsinteresse die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen.

Prominente Einladungen Zur internationalen Orgelwoche nach Granada / Spanien, den Haydnfestspielen in Eisenstadt, zum weltweit größten Organistenkongreß in Washington DC wo sie eines der renommierten Hauptkonzerte gab, an die Riverside Church und die St. Thomas Cathedral in New York City, zum Pablo Casals-Festival nach Prades / Frankreich, geben Beispiel für ihre internationale Karriere als Konzertorganistin.

Als gefragte Persönlichkeit hält sie weltweit Gast- und Meisterkurse u.a. an der berühmten Juilliard School of Music in NYC oder der Montclaire State University.

2019 erschien ihr dreibändiges Werk Orgelschule mit Hand und Fuß beim Wiener Musikverlag Doblinger. Im Sommer 2020 wurde ihr dafür der Theodor-Kery-Preis der Burgenlandstiftung verliehen.

Ihr breites Orgelrepertoire umfasst Werke vorbachscher Meister, das Gesamtwerk von Johann Sebastian Bach, der Klassik, Romantik bis hin zu Musik des 21. Jahrhunderts.

Professorin Magistra Artium Ulrike Theresia Wegele zählt zu den führenden OrganistInnen  unserer Zeit

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Organistin Ulrike Theresia Wegele spielt Johann Ludwig Krebs, Wir glauben all an einen Gott youtube Video Ulrike Wegele-Kefer [ Mit erweitertem Datenschutz eingebettet ]

Prof. Ulrike Theresia Wegele - im Interview mit Dr. Albrecht Schneider

Albrecht Schneider (AS): Frau Prof. Wegele, die Coronapandemie trifft jeden von uns in der Jetztzeit des Jahres 2020.  Kultur und  Künstler sind von der Pandemie oft überaus hart getroffen. Wie sehr haben Sie die letzten Monate in Ihrer Lehrtätigkeit  und  Ihrer solistischen Tätigkeit eingeschränkt?

Ulrike Theresia Wegele (UTW):  Nun ja, von einem Tag auf den anderen hat sich nicht nur mein Terminkalender bis in den Herbst hinein komplett entleert, es hat mein Leben auf den Kopf gestellt.

Ich hätte im April am Shanghai Conservatory einen Vortrag zu zeitgemäßem Orgelunterricht halten sollen und ein Konzert spielen sollen. Im Juli hätte in den USA der größte Orgelkongreß der Welt abgehalten werden sollen, auch da wäre ich mit einem Vortrag und einem lecture recital vertreten gewesen. Zig andere Veranstaltungen wurden abgesagt…

Im Unterrichtsbetrieb hieß es rasch kreativ zu sein. Die Vorlesungen habe ich adaptiert und für die Studierenden online zur Verfügung gestellt, das war nicht sehr schwer. ‚Unterricht‘ mache ich seit Mitte März 2020 mit Videos. Die Studierenden nehmen sich selbst auf und ich kommentiere das ausführlich per Sprachnachricht oder Email. Meist sende ich dann auch noch eigene Aufnahmen mit um manches besser begreiflich zu machen. Das ersetzt den Präsenzunterricht nicht, hält aber alle bei der Stange und es sind dennoch Fortschritte zu verzeichnen.

Ich sende jede Woche ‚die Orgel der Woche‘ aus, besonders schöne historische Instrumente und spezifisch abgestimmte Improvisationsübungen und interessante Aufsätze über ausgewählte Themen. Die Resonanz der Studierenden ist sehr gut und ich denke wir haben das Beste aus der Situation gemacht.

AS:   Welche  familiäre wie musikalische Bedingungen und Anregungen haben Sie just zur Orgel als Ihrem Instrument geführt?

UTW: Ich komme nicht aus einer Musikerfamilie, aber ein Klavier war bei uns zuhause. Meine Eltern legten Wert darauf, dass sowohl meine drei älteren Geschwister als auch ich, wenigstens für ein paar Jahre Klavier Unterricht erhalten. Als jüngstes der Kinder habe ich bereits mit fünf Jahren Unterricht erhalten. Als ich mit 6 Jahren zum ersten Mal die berühmte Orgel von Joseph Gabler in der Basilika St. Martin in meiner Heimatstadt Weingarten gehört habe, habe ich mich in dieses Instrument verliebt. Von da an war es mein größter Wunsch dieses Instrument zu erlernen.

Organistin Prof. Ulrike Theresia Wegel @ www.lukasbeck.com
Organistin Prof. Ulrike Theresia Wegel @ www.lukasbeck.com

AS:  Anhand der auf  ihrer Webseite nachzulesenden  Programmzettel: Steht im Zentrum Ihrer Arbeit der Kanon der Orgelliteratur vom Frühbarock, Sweelinck-Prätorius bis zur Spätromantik (Reger)?

UTW: Nein das ist nicht ganz richtig. Mein Repertoire umfasst die gesamte Orgelliteratur insbesondere auch die Orgelmusik des 20igsten und 21igsten Jahrhunderts. Ihr diesbezüglicher Verweis zu meiner Webseite ist korrekt; allerdings werden die Programme der Website demnächst aktualisiert..

AS: Hat die große französische Orgelmusik des 19. Jahrhunderts, wie César Franck - Charles Widor, Bedeutung für Sie? Gehört sie zum Ihrem Repertoire ?

UTW: César Franck ja, von ihm habe ich fast alles gespielt. Die drei Choräle und das grande piéce symphonique spiele ich regelmäßig. Widor und Boellmann habe ich als Teenager gespielt, das interessiert mich heute nicht mehr. Ich habe für mich in den letzten Jahrzehnten die deutsche Orgelromantik entdeckt. Neben Brahms, Mendelssohn und Schumann die wunderbaren Sonaten von Ritter, Dienel oder Bartmuss.

AS:  Gibt es Sie interessierende zeitgenössische Werke für Orgel?  Welche und inwieweit?  Von Wolfgang Rihm gibt es ein Stück; hat er es speziell für Sie geschrieben?  Interessiert sich die Moderne überhaupt für Ihr Instrument?

UTW: 

Oh ja! Das Stück Bann, Nachtschwärmerei von Wolfgang Rihm habe ich oft in Konzerten gespielt, es ist aber nicht mir gewidmet.

Hingegen zahlreiche österreichische, italienische, ungarische und US-amerikanische KomponistInnen haben eigens Stücke für mich geschrieben. Es gibt sehr viel zeitgenössische Literatur für die Orgel und vieles davon ist sehr ansprechend und interessant.

AS:   Nach wie vor sind überwiegend Männer auf den Orgelbänken zu finden. Warum ist das so?

UTW: Ich denke, das ist im geschichtlichen Kontext zu sehen. In früheren Jahrhunderten hatten nur Männer die Möglichkeit dieser Ausbildung. Erst im 19. Jahrhundert war das Orgelspiel auch für Frauen möglich. Ich sehe aber jetzt vermehrt viele junge Frauen die Orgel studieren.

AS:   Haben Sie eine große Schüler/innenzahl und wie steht es um deren Chancen?  Sind es vorwiegend künftige Kirchenmusiker/Innen?

UTW: Ich habe aktuell 11 Studierende, 5 junge Männer und !!! 6 junge Frauen. Ich unterrichte Konzertfach Orgel und Instrumentalpädagogik Orgel.

In Österreich gibt es im Gegensatz zu Deutschland nur ganz wenige hauptamtliche KirchenmusikerInnenstellen. Kirchenmusik ist in Österreich nicht wirklich eine Option. Meine Absolventen arbeiten meist in einem Mix aus Unterricht an Musikschulen, Privatlehre, Konzertieren oder Ensemblemitglieder.

Organistin Ulrike Theresia Wegele - Orgelschule mit Hand und Fuß Band 3 youtube Video Ulrike Wegele-Kefer [ Mit erweitertem Datenschutz eingebettet ]

AS:   Wie haben Sie jetzt diese Coronazeit Verbracht? Ihre umfangreichen Bücher

Orgelschule mit Hand und Fuss

, link HIER! wurden bereits 2019 publiziert !

UTW: Meine Bücher,  "Orgelschule mit Hand und Fuß"  ist mit allen drei  Bänden bereits 2019 beim Wiener Musikverlag Doblinger (link HIER!) erschienen. Die Bücherreihe ist abgeschlossen und in sich komplett.

Aber – es wird zu jedem Band der Orgelschule ein eigener ergänzender Literaturband erscheinen. Band 1 ,Lass die Pfeifen tanzen‘ war vor Corona schon fertig und wird im Juli erscheinen. Band 2 ‚Zieh alle Register‘ und Band 3 ‚Pro Organo pleno‘ habe ich jetzt – schneller als gedacht – fertig gestellt.

Aber auch noch andere Dinge, die findet man in ca zwei Monaten auf meiner Homepage

www.wegele.at

Der ‚Unterricht‘ über Videos nimmt meist mehr Zeit in Anspruch als Präsenzunterricht. Ich arbeite meist sieben Tage die Woche. Aber da ich wirklich mit Leib und Seele Pädagogin bin stört mich das nicht.

AS:   Freuen Sie sich auf die Zeiten nach Corona, wenn Sie wieder uneingeschränkt lehren und auftreten können?

UTW: Um ehrlich zu sein verunsichert mich diese Situation sehr. Wir wissen viel zu wenig über diesen Virus.

Meinen Sommerkurs an der Universität werde ich unter sehr strengen Sicherheitsmaßnahmen abhalten. Vermutlich wird das dann auch so ab dem Wintersemester sein. Zur Normalität werden wir noch lange nicht zurückkehren können.

Bislang habe ich nur meine Teilnahme an einem großen deutschen Organistenkongreß im Herbst 2021 zugesagt, da könnte ich zur Not auch mit dem Auto anreisen. Anfragen aus anderen Ländern Europas, Asien oder den USA habe ich bis auf Weiteres vertagt. Ich kann mir unter den derzeitigen Bedingungen keine längere Flugreise vorstellen.

Ich weiß, dass dies viele KollegInnen lockerer sehen, aber für mich ist das noch lange nicht ausgestanden.

AS:  Für dies ausführliche und für die IOCO Community aufschlussreiche Interview, Frau Professorin Wegele,  dürfen wir uns bedanken. Für Ihre Arbeit als Solistin wie Lehrerin wünschen wir Ihnen auch weiterhin allen Erfolg wie viel Zuspruch.

---| IOCO Portrait |---

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Hamburg, Staatsoper, DER FREISCHÜTZ - C. M. von Weber, IOCO

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17. 11.  Premiere   Als zweite Premiere der Spielzeit 2024-25 stand an der Hamburgischen Staatsoper Carl Maria von Webers „Freischütz“ auf dem Programm, diese romantische deutsche Oper, welche Natürliches mit Übernatürlichem verbindet und welche so einige Opern-Hits aus dem Wunschkonzert beinhaltet. Die Erwartungen waren hoch, doch nach der sensationellen Saison-Eröffnungspremiere „Trionfi“

By Wolfgang Schmitt