Ulm, Theater Ulm, Annett Göhre - neue Direktorin Tanztheater, IOCO Personalie, 15.05.2022
Annett Göhre - folgt auf Reiner Feistel
- Staffelübergabe in der Leitung des Tanztheater in Ulm -
Der Direktor der Tanztheatersparte Reiner Feistel tritt im Sommer 2023 seinen Ruhestand an, Annett Göhre, seit 2015 Ballettdirektorin am Theater Plauen-Zwickau, wird seine Nachfolgerin.
Er habe sich bereits seit langem vorgenommen, seine künstlerische Leitungstätigkeit mit dem Rentenbeginn zu beenden, betont Reiner Feistel: »Nach 45 aufregenden und spannenden, intensiven und erfolgreichen Jahren, die ich als Tänzer (19 Jahre) und als Chefchoreograf und Spartenleiter (26 Jahre) an verschiedensten Theatern und Opernhäusern tätig sein durfte, ist es an der Zeit, meinem Leben neue Inhalte und Schwerpunkte zu geben. Der Umstand, dass ich nächstes Jahr 65 Jahre alt werde, spielt bei dieser Neuorientierung von Lebensinhalten natürlich eine nicht unerhebliche Rolle«.
Intendant Kay Metzger bedauert die Entscheidung Feistels. Er habe nach Feistels überaus inspirierender Arbeit in den letzten Jahren und dem fulminanten Erfolg von Nussknacker und Mausekönig im November 2021 noch einmal vergeblich versucht, ihn umzustimmen, aber er respektiere den Schritt seines Ballettdirektors.
Für Metzger war die Verpflichtung Reiner Feistels zu Beginn seiner Intendanz ein Glücksfall: »Reiner Feistel musste mit Amtsantritt ein völlig neues Tanzensemble zusammenstellen, und das ist ihm ganz hervorragend geglückt. Seine Sparte hat sich sofort in die Herzen des Ulmer Publikums getanzt und gespielt«. Menschlich und künstlerisch habe es zwischen ihm und Feistel von Anfang an wunderbar gepasst, unterstreicht Metzger, und so freue er sich schon sehr auf »Messa di Gloria« im Ulmer Münster in Kooperation mit der Münstergemeinde und der Münsterkantorei. Dieser Auftritt im Münster am Schwörwochenende sei für ihn eine große Herzensangelegenheit, betont Feistel. Überhaupt sei Ulm für ihn eine glückliche Fügung, denn das Publikum begeistere sich für das Tanztheater und im Hause gäbe es einen »guten Spirit« und viel Kompetenz. Über die Vergütung seiner Tänzerinnen und Tänzer sei er allerdings sehr unglücklich, hier hoffe er auf eine neue Bewertung und Anerkennung der enormen künstlerischen Leistungen durch Erhöhung der Gagen seitens der Stadt Ulm.
Reiner Feistel, Absolvent der Leipziger Ballettschule, trat 1978 sein Erstengagement an der Dresdner Semperoper an. Dort war er schließlich von 1984 bis 1997 Solotänzer und eine der prägenden Persönlichkeit des renommierten Staatsballetts. 1997 wurde er als Ballettdirektor nach Radebeul berufen, wo er 2008 für sein erfolgreiches künstlerisches Wirken mit dem Kunstpreis der Großen Kreisstadt ausgezeichnet wurde. 2013 wechselte er an das Theater Chemnitz. Seine Inszenierung »Gesichter der Großstadt«, die 2017 mit dem sächsischen Tanzpreis ausgezeichnet wurde, adaptierte er 2018 für das Theater Ulm. In Ulm folgten Der kleine Prinz und Das Schweigen der Männer im Podium, Das kalte Herz, Ein Sommernachtstraum und zuletzt Nussknacker und Mausekönig im Großen Haus. »Mir war es wichtig, die Sparte auch während des Lockdowns im kreativen Fluss und im intensiven Training zu halten«, unterstreicht Feistel. Seine Tänzerinnen und Tänzer ermutigte er darüber hinaus, im Podium eigene Choreografien zu entwickeln, die in der Spielplanreihe »Company in motion« präsentiert werden. So habe es bei ihm schließlich auch begonnen, erzählt Feistel, sodass er heute dankbar auf diese lange Zeit als Choreograf und Spartenleiter zurückblicken dürfe. In der kommenden Spielzeit inszeniert und choreografiert Reiner Feistel im Doppelabend »Shakespeare 2.2« den Teil zu Othello und zum Abschluss seiner Ulmer Zeit »Abendliche Tänze« mit Musik von Sergej Rachmaninow, Charles Ives und Gustav Mahler.
Nussknacker und Mausekönig - Trailer - Theater Ulm youtube Trailer Theater Ulm [ Mit erweitertem Datenschutz eingebettet ]
Intendant Kay Metzger konnte sich frühzeitig auf die Suche nach einer kompetenten Nachfolge begeben. »Die zahlreichen Sondierungen waren spannend und instruktiv, aber Annett Göhre überzeugte mit ihrer beruflichen Erfahrung, ihrer künstlerischen Energie und sozialen Kompetenz rundum«, so Metzger.
Mit Annett Göhre übernimmt zum ersten Mal überhaupt eine Frau die Leitung der Tanztheatersparte am Theater Ulm. Sie erhielt ihre Ausbildung an der Staatlichen Ballettschule Berlin und war u.a. von 2000 bis 2005 am Staatstheater am Gärtnerplatz in München als Solotänzerin engagiert. Ihre Choreografie »Duett« wurde 2002 beim 6. Internationalen Solo-Tanz-Theater Festival in Stuttgart ausgezeichnet. Im selben Jahr wurde sie mit dem Bayerischen Kunstförderpreis als Tänzerin und Choreographin geehrt. Von 2005 bis 2015 arbeitete Annett Göhre als freischaffende Choreographin an Theatern im In- und Ausland, u.a. in Koblenz, Gelsenkirchen und Perm in Russland. Neben abendfüllenden Tanzstücken schuf sie dabei auch Choreografien für Schauspiel, Oper und Musical, wie etwa für »Parsifal« bei den Salzburger Osterfestspielen 2013. Beim 3. Internationalen Choreographic Captures Wettbewerb gewann sie 2010 mit ihrem Kurzfilm »7a.m.« den 2. Preis. Am Staatstheater Augsburg feierte sie mit ihrem Tanzstück »Für immer« einen großen Erfolg.
Seit der Spielzeit 2015/2016 ist Annett Göhre Ballettdirektorin am Theater Plauen-Zwickau. Hier zeichnete sie zuletzt für Choreografien zu orchesterbegleiteten Balletten wie Strawinskys Feuervogel, Der Sommernachtstraum, A Dancing Chorus Line oder Giselle verantwortlich. Über ihr jüngstes Tanzstück Marie!Romy!Petra schrieb die Süddeutsche Zeitung: »Der Choreografin Annett Göhre gelingt in Zwickau eine grandiose Hommage an drei starke Frauen: Marie Curie, Romy Schneider, Petra Kelly«. Mit ihrer zehnköpfigen, an den Theatern von Plauen und Zwickau beheimateten Tanzcompagnie sei ein überaus kluger und ästhetisch wohlgeformter Abend gelungen.
»Ich freue mich wahnsinnig auf die vor mir liegenden Aufgaben und bin schon sehr gespannt auf das Tanzensemble, die Kolleginnen und Kollegen am Theater und vor allem auch auf das Ulmer Publikum«, so Annett Göhre. Eine breite Auffächerung des Angebots für Junge und Junggebliebene, ungewöhnliche Formate und Orte und vor allem Tanz in möglichst vielen Facetten lägen ihr am Herzen. Auch hoffe sie, mit Gästen regelmäßig unterschiedliche choreographische Handschriften präsentieren zu können.
Als Intendant Kay Metzger seinen scheidenden Ballettdirektor über die Nachfolge informierte, musste Reiner Feistel schmunzeln: »Ich kenne Annett sehr gut, ich war seinerzeit in der Findungskommission, die sie für die Ballettdirektion am Theater Plauen-Zwickau empfahl«. Er werde alles dafür tun, damit es eine gute Übergabe und eine tolle Zukunft für die Sparte gebe. PMThUlm
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