Stuttgart, Staatsoper, DER TOD IN VENEDIG - Benjamin Britten, IOCO
Der Qualität und Stringenz des Abends und der Spielfreude der Agierenden hat das in der Erinnerung und Beobachtung des schreibenden Betrachters nicht geschadet
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Liebessehnsucht besiegt die Todesangst – An der Staatsoper Stuttgart wurde Benjamin Brittens Oper „Tod in Venedig“ wiederaufgenommen.
Von Peter Schlang
Am 9. Februar fand in der Staatsoper Stuttgart die Wiederaufnahme von Benjamin Brittens Oper „Tod in Venedig“ in der legendären Inszenierung von Demis Volpi statt.
Bei ihrer Premiere im Mai 2017 frenetisch bejubelt, stand diese Koproduktion von Staatsoper und Stuttgarter Ballett (In Stuttgart sind dies zwei eigenständige Einrichtungen!) insgesamt sechzehnmal auf dem Spielplan, ehe sie für Jahre in der Versenkung verschwand. Umso größer ist nun die Begeisterung bei den Stuttgarter Opern- wie Ballettfans, wovon sich der ioco-Rezensent bei der zweiten von sechs in dieser Spielzeit geplanten Vorstellungen am 12. Februar überzeugen konnte.
Bis auf die des Protagonisten - wie vor acht Jahren gibt Matthias Klink Gustav von Aschenbach - sind sämtliche Rollen dieser nach innen weisenden, von einer zurückhaltenden und sublimen Ästhetik geprägten Produktion neu besetzt.
Der Qualität und Stringenz des Abends und der Spielfreude der Agierenden hat das in der Erinnerung und Beobachtung des schreibenden Betrachters nicht geschadet. Er erlebte ein rundum überzeugendes, hinreißend singendes, begeisternd spielendes und tadellos tanzendes Ensemble.
Dabei kam das Publikum dieser hier beschriebenen Aufführung in den Genuss einer stimmlich und darstellerisch aufgeteilten Hauptrolle: Wegen einer Erkältung konnte Matthias Klink nur den szenischen Teil Aschenbachs auf der Bühne verkörpern. Das tat er aber in einer Intensität und Dichte, die zu keiner Zeit den Verdacht aufkommen ließ, dass dieser phänomenale Darsteller gesundheitlich angeschlagen sein könnte. Als vokaler Partner Klinks bzw. stimmlicher Teil von Aschenbachs war erst am Mittag der englische Tenor Peter van Hulle aus London nach Stuttgart gekommen. Aus dem Graben heraus ergänzte er die szenische Darbietung perfekt und bot mit seiner höchst beweglichen und sicher geführten Stimme eine äußerst feine und überzeugende Leistung. Stellenweise grenzte es fast schon an ein Wunder, wie kongenial sich Sänger und Darsteller ergänzten, bis in die kleinsten Feinheiten zusammenfanden und zu einem akustischen und visuellen Gesamtbild verschmolzen. Dennoch ist es natürlich dem „Stammsänger“ des Stuttgarter Aschenbachs wie dem Publikum zu wünschen, dass er, Matthias Klink, bei den weiteren Aufführungen wieder ganz gesund ist und er so in bewährter Weise den „ganzen Aschenbach“ auf die Bühne bringen kann.
Als Mehrfach-Darsteller etlicher männlicher Rollen ist der Bariton Pawel Konik ein würdiger Nachfolger der Premierenbesetzung durch Georg Nigl. Sowohl spielerisch als auch stimmlich überzeugte er, ja, in manchen Rollen berührte er durch seine fast fürsorgliche Zugewandtheit zu Aschenbach. Von den Tänzern seien Joaquin Gaubeca als Appollon und Alexei Orohovsky als Aschenbachs Sehnsuchtssubjekt Tadzio hervorgehoben, an deren Seite jedoch auch alle anderen Tänzerinnen und Tänzer überzeugten. Das gilt auch für die zahlreichen weiteren Sängerinnen und Sänger, seien sie solistisch gefordert oder im Chor der Staatsoper vereint. Dieser beweist nicht nur seine herausragende Stellung unter den deutschen Opernchören, sondern scheint auch so manches Vorurteil über Touristengruppen - nicht nur in Venedig - zu bestätigen.
Bleibt zum Schluss noch, das Staatsorchester Stuttgart lobend zu erwähnen, das in dieser Aufführungsserie ebenfalls von einem jungen Engländer geleitet wird.
Duncan Ward bot mit seinen Musikerinnen und Musikern dem Bühnenpersonal ein jederzeit sicheres und zuverlässiges Fundament, ließ die Musik frei atmen und fließen und zelebrierte in den rein instrumentalen Passagen Sinfonik und Kammermusik auf hohem Niveau.
Weitere Aufführungen am 18. und 28. Februar sowie am 8. und 18. März