Schweden, Kungliga Operan, Der Nussknacker in schwedischem Märchengewand, IOCO Kritik, 29.11.2012
Bericht
Nussknacker in Stockholm: KULT Im Gewand schwedischer Kinder- und Märchenfiguren
Der "schwedische Nussknacker" ist seit Weihnachten 1994 fester Bestandteil des Spielplan der Königlichen Oper Stockholm (Kungliga Operan). Weihnachten 2002, so Torbjörn Eriksson, Pressechef der Oper Stockholm gegenüber IOCO, brachen in Stockholm geradezu Unruhen aus: Der damalige Intendant hatte den Nussknacker vom Spielplan genommen. Seither weiß die Stockholmer Opernintendanz: Sie kann den Spielplan der Oper Stockholm frei gestalten, doch bei diesem "schwedischen Nussknacker" endet die Gestaltungsmacht jedes Intendanten. Folge: Seit 2003 ist dieser Nussknacker unantastbar bedeutender Teil des Weihnachtsspielplanes der Königlichen Oper Stockholm. Dies gilt genauso für Dezember 2012.
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Nussknacker und Mausekönig heißt die 1816 erschienene Erzählung von E.T.A. Hoffmann (1776 - 1822). Alexander Dumas´spätere Nussknacker-Versionvertonte Peter Tschaikowski 1892 als Ballett: Marie, Tochter des Medizinalrats Stahlbaum, findet zu Weihnachten einen Nussknacker auf dem Gabentisch. Bruder Fritz knackt mit der neuen Holzpuppe so harte Nüsse, dass dessen Zähne knirschen. Marie stellt den beschädigten Nussknacker zur Miniatur-Husarenarmee des Bruder Fritz..... Der Nussknacker sollte sich zu einem der populärsten Theatermärchen für Kinder aber auch Erwachsene entwickeln. Im Mittelpunkt der Handlung von Peter Tschaikowskis Nussknacker steht Klärchen, russisch "Mascha". Am Weihnachtsabend schenkt ihr der Patenonkel Droßelmeier einen Nussknacker. Klärchen schläft ein und träumt von einer Schlacht der von ihrem Nussknacker angeführten Spielzeughusaren gegen das Heer des Mäusekönigs. Mit Klärchens Hilfe siegt der Nussknacker, der sich danach in einen Prinzen verwandelt. Anekdotisches: In den Personen der Handlung beschreibt E.T.A. Hoffmann die drei Kinder seines damaligen Freundes Julius Eduard Hitzig.
An der Königlichen Oper Stockholm waren bis 1994 vier Nussknacker produziert worden, alle traditionell: 1967 choreographierte Rudolf Nurejew den Nussknacker für das Königliche Ballett. Choreograph der heute so populären Inszenierung ist der ehemalige Tänzer Pär Isberg: Isberg war von der Idee getrieben, einen schwedischen Nussknacker zu schaffen. Die in Schweden innig geliebten mystischen Kinder- und Märchenfiguren Onkel Blau, die Tanten Grün, Braun, Lila wie die Kinder Petter und Lotta, geschaffen von der populären Kinderbuchautorin und Malerin Elsa Beskow (1874 - 1953, über 30 Bücher), sind die optische Basis seines Nussknacker. Dazu, so Isberg, der Schmuck traditioneller schwedischer Weihnachtsmärkte: Bocksköpfe in allen Formen und Farben. Bocksköpfe dienen als Nussknackerzierde, nicht Soldaten, so die von Isberg 1994 verwirklichte Vision.
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Tschaikowskis Musik übernahm Isberg ungekürzt. Nur die Reihefolge einiger Divertissements wurde verändert, Tschaikowskis Tempi-Vorgaben werden eingehalten. In Schweden übliche Süssigkeiten und humoristische Überraschungen bietet die Choreographie der Traumsequenz des 2. Aktes. Der Grand Pas de deux liegt Isberg sichtbar am Herzen: "Weil er die Spannungen in den Beziehungen zweier Menschen so sichtbar machen kann".
Man kann, so Pär Isberg, den Soldaten-Nussknacker sehr wohl in einen Weihnachtsbock-Nussknacker verwandeln ohne dem Stück seinen Charme zu rauben. So wird ein Bockskopf verzierter Nussknacker zum Symbol des Stückes in Stockholm. Die Eltern von Marie und Fritz werden bei Isberg zu Tante Braun, Tante Lila und Tante Grün, welche die Waisenkinder Petter und Lotta (bei Hoffmann Marie und Fritz) aufgenommen hatten. Onkel Blau, welcher in Elsa Beskows Märchen Phantasie und Magie verkörpert, ersetzt E.T.A. Hoffmanns Paten Droßelmeier. Petter und Lotta wohnen in einem kleinen Haus und feiern dort Weihnachten, wie von Hoffmann vorgegeben. Onkel Blau und Nachbarn kommen zu Besuch. Leibgewordene Lutscher, Wichtel, Knallbonbons, Pfefferkuchen tanzen um den Weihnachtsbaum. Die Kostüme entsprechen dieser mythischen schwedischen Märchen- und Kinderlandschaft. Pär Isberg schuf einen Nussknacker, welcher geliebtes, gelebtes schwedisches Kulturgut abbildet und die winterliche Poesie Schwedens zart und volksnah schildert. So auch in der 225ten Vorstellung dieser Produktion am 7. Dezember 2012:
IOCO / Viktor Jarosch / November 2012
Nussknacker-Programm der Kungliga Operan Stockholm: Hier