Salzburg, Salzburger Festspiele 2022, DER BARBIER VON SEVILLA - Gioacchino Rossini, IOCO Kritik, 22.08.2022
DER BARBIER VON SEVILLA - Gioacchino Rossini
- in den 1930-Jahren - verknüpft mit der Welt des Films -
von Daniela Zimmermann
Der Salzburger Barbier von Sevilla hatte seine Premiere bereits bei den Salzburger Pfingstfestspielen 2022; Künstlerische Leitung Cecilia Bartoli. Der Erfolg war so groß, dass auch im Sommer die Gäste der Salzburger Festspiele 2022 mit fünf weiteren Barbiere-Aufführungen daran teilhaben sollten.
Cecilia Bartoli, die künstlerische Leiterin der Pfingstfestspiele wollte die Tradition der Commedia de’ll arte mit dem Barbier von Sevilla von Gioacchino Rossini, wiederbeleben. Als Regisseur wählte sie Rolando Villazon. Sie selbst spielt die in der Produktion die Partie der Rosina. Hier haben sich so zwei Künstler gefunden, welche auf hohem Niveau für die Musik, die Kunst leben; beide haben viel Humor, Spaß am Komödiantischen und große Freude an ihrer Arbeit. Die Salzburger Barbiere-Inszenierung ist ein selten sensationeller Erfolg.
Rolando Villazon zaubert eine herrliche Komödie auf die Bühne mit originellen Einfällen; er lässt die Handlung in den Jahren um 1930 spielen, verknüpft sie mit der Welt des Films. Film und Handlung auf der Bühne vermischen sich immer wieder, aber das Geschehen auf der Bühne hat den Vorrang. Roccafilm lieferte das unterhaltsame, das zu den Vorgängen auf der Bühne, so herrlich passende Videomaterial und der Bühnenbildner Harald B. Thor baute dazu ein Filmstudio a la Hollywood. In diesem Filmstudio, ist der im Guinness Buch der Rekorde, als schnellster Verwandlungskünstler aufgeführte Arturo Brachetti ,als Faktotum Arnoldo, für alles zuständig, während des ganzen Bühnenablaufs und vor allem für die Filmvorführungen. Er jongliert zwischen den Illusionen und der Realität. Die Art-déco-Kulissen, die den Hintergrund der Bühne ausfüllen, dienen gleichzeitig als Projektionsfläche für die Filme.
Rolando Villazon gibt dieser Komödie ein rasantes Timing. Immer ist Bewegung auf der Bühne. Jede Sekunde geschieht etwas, sei es durch Bewegungen, Filmvorführungen, ein Kommen, ein Gehen, Getanztes, sehr viel Überraschendes, es füllt jede Note mit Inhalten. Das macht diese Aufführung so lebendig und lustig. Dazu sind die Sänger sind auch ausgezeichnete Schauspieler. Sie scheinen großen Spaß dabei zu haben: Das Ergebnis, ein humorig rasante Darstellung mit wunderbaren Stimmen, kommt natürlich beim Publikum gut an.
Der Barbier von Sevilla - Salzburg - Trailer youtube Salzburger Festspiele 2022 [ Mit erweitertem Datenschutz eingebettet ]
Wie in einem Käfig hält der alte, geizige und grausame Bartolo sein Mündel Rosina (Cecilia Bartoli) Er selber schmiedet Heiratspläne mit Rosina und denkt dabei an ihre Erbschaft, aber Rosina hat andere Pläne und mit Charme und Tricks entwischt sie der Kontrolle des alten Bartolo immer wieder. Ihre Liebe gehört dem Grafen d’Almaviva (Edgardo Rocha) der sich ihr gegenüber erst einmal als Lindoro zu erkennen gibt. Der Graf liebt Rosina und begehrt sie ebenfalls zur Frau, doch die Situation Rosina im Käfig und Bartolo als strenger Behüter, macht es ihm nicht leicht. Dazu braucht es letztlich die Hilfe des Figaro (Nicola Alaimo), und der ist trickreich genug und voller amüsanter Einfälle, aber nur so gelingt schließlich die Befreiung der Rosina und ihrer glücklichen Vermählung. Ein richtiges Happy End. Natürlich hat auch der alte Bartolo seinen Verbündeten, in dem Musiklehrer Basilio (Ildebrando D’Arcangelo).
Die Ausdruckskraft der Cecilia Bartoli verbunden mit ihren dahin perlenden Koloraturen, ist immer wieder ein Erlebnis, eine reine Freude. Mühelos gelingen ihr auch technisch die schwierigsten Tempi und Passagen. Für den jungen Grafen, dürfte sie etwas jünger sein, aber ihr Charme überbrückt alles. Edgardo Rocha ist ein herrlicher Tenor mit einem farbenreichen Timbre. Außerdem ein ebenso guter Darsteller als schmachtender Liebhaber, als betrunkener Soldat oder auch in der Priesterverkleidung. Bewundernswert agil Alessandro Corbelli als Bartolo und im Tempo präzise mithaltend. Das er demnächst 70 Jahre wird, ist unglaublich, so gut ist er. Sein Verbündeter Basilio ist eine großartige Bariton Besetzung, stimmlich als auch darstellerisch. Ganz dämonisch kündigt ein riesig großer Schatten mit großen Klauen und Teufelsohren, der sich über die Häuserwände ausbreitet, seine Auftritte an. Dabei sieht er aus wie Nosferatu. Und Figaro, trotz seiner stattlichen Statur, beweist er größte Beweglichkeit und stimmlich sein Bariton voller Kraft und Wucht, schmettert er gleich zu Anfang die allen bekannte Arie „La la ran, la la ran. Bravo Bravissimo.“ Eine eigene "Figaro"-Atmosphäre beginnt sich zu entwickeln. Auch der Philharmonia Chor Wien getsaltet das Bühnenspektakel singend und spielend mit.
Das Orchester, Les Musiciens du Prince-Monaco, unter der Leitung von Gianluca Capuano, wurde 2016 in Monaco auf Initiative von Cecilia Bartoli gegründet. Als künstlerische Leiterin des Ensembles gelang es ihr, wunderbare Künstler, teilweise auf historischen Instrumenten spielend, zusammenzubringen. Mit diesem Orchester lassen sich Werke des Barocks aufführen, deren Klangfarbe ihrer Entstehungszeit entsprechen. Dazu gehört auch Rossini. Die Musiker spielen auf alten Instrumenten. Die Darmsaiten der Streicher (keine Metallsaiten) erzeugten einen lyrisch weichen Klang und begleitet das Wirr Warr auf der Bühne in warmer Lebensfreude. Ein besonderer, seltener Klanggenuss.
So viel Außergewöhnliches und Qualität in der Inszenierung, des Orchesters und des Ensembles wurde mit viel Applaus belohnt. Wieder und wieder!
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