Rostock, Volkstheater Rostock, FAME - Musical von David De Silva, IOCO Kritik, 17.03.2018
FAME - Musical um junge Sänger und Tänzer
Von David De Silva, Jose Fernandez, Jacques Levy, Steve Margoshes
Von Thomas Kunzmann
Es ist ruhig geworden um das Volkstheater Rostock. Nach den bundesweit für Aufsehen sorgenden Eskapaden um Intendanten, Spartenabbau-Diskussionen und Finanznöten wird nun ernsthaft der Neubau eines Theaterhauses vorangetrieben. Dennoch hängt vorerst die Abwicklung des Tanztheaters als Damoklesschwert über dem Ensemble. Was tun, um die Lust an der Sparte, ja die Theaterlust überhaupt, zurück in die Stadt zu bringen?
FAME - Tänzer, Sänger erleben ihr erstes Kunst-Semester
Seit April 2016, damals noch unter der Intendanz von Sewan Latchinian, lockte Feuerherz, das Sequel zu den Leiden des Jungen Werther mit der Rostocker Punkband „Feine Sahne Fischfilet“ vorrangig junges Publikum in ca. 20 ausverkaufte Vorstellungen. Stadtintegration gelungen, auch wenn immer fraglich bleibt, ob dieses Publikum – derart motiviert – dann auch in eine Emilia Galotti geht, oder gar in eine Rossini-Oper. Seitdem, auch nach Intendantenwechsel, gab es einige weitere Produktionen in Zusammenarbeit. Überaus erfolgreich laufen Die vier Jahreszeiten als Tanztheater mit dem Tanzland Rostock und der Breakdance-ConneXion MV. Und nun also FAME.
Das Erfolgsmusical FAME, basierend auf dem Alan-Parker-Film mit Irene Cara und seinem gleichnamigen oscargekrönten Titel-Song, mit Dancin' On The Sidewalk und I Want To Make Magic begleitet Tänzer, Sänger und Schauspieler von der bestandenen Aufnahmeprüfung an der ‚Highschool for performing Arts’ durch das erste Semester mit all seinen Höhen und Tiefen, mit den unterschiedlichsten Liebes- und Lebensgeschichten.
Ob man alternativ mit den eigenen Leuten hätte inszenieren können? ‚Also Profis nehmen, die Laien darstellen sollen, die Profis werden wollen? Wenig realistisch’ denkt sich wohl Stephan Brauer, dem Rostocker Publikum bereits aus den Erfolgsproduktionen La Cage aux Folles sowie der Czardasfürstin bestens vertraut, und veranstaltet stilecht ein Casting, an dem jeder teilnehmen konnte. Dabei wurden individuelle Qualifikationen kurzerhand eingebunden und so gehen für die jungen Darsteller Realität und Stück nahtlos ineinander über. In Videosequenzen vor Beginn und in der Pause stellen sich die Neulinge in kleinen Beiträgen vor: tolle Idee, denn bereits mit ihrem ersten Auftritt hat man eine Bindung zu ihnen aufgebaut. Da ist Alex Junge als Schlomo, der schon einige Erfahrung aus Gospelchor, zeitgenössischem Tanz und Theaterjugendclub mitbringt. Oder die 16-jährige Sarah Wockenfuß als Selena, die seit vielen Jahren Klavier- und Gesangsunterricht nimmt. Als Profis und Dozenten stehen auf der Bühne Sandra-Uma Schmitz (für Tanz) und Alexander Wulke (für Schauspiel) aus dem Schauspiel-Ensemble des Volkstheaters sowie Susi Koch (für den Gesangsunterricht), eine Rostocker Rock- und Popsängerin, die u.a. mit Keimzeit und Konstantin Wecker arbeitete und haben alle Hände voll zu tun, aus dem Pool der Individualisten ein Team zu formen.
- Das Publikum als Jury -
Das Publikum agiert dabei als Jury. Unterstützt durch die Regie, die die jungen Talente hauptsächlich nach vorn spielen lässt, nehmen die Premierengäste diese Aufgabe enthusiastisch an: wenn die Jungstudenten voller Impulsivität am Lehrplan vorbei zeigen dürfen, welche Begabungen in ihnen schlummern, brausen immer wieder Applaus-Salven durch die Reihen. Dass die Stimmen hier noch nicht vollständig ausgebildet sind, die Töne nicht immer getroffen werden, macht die Auftritte umso authentischer, denn diese kleineren Mängel werden durch unbändige Spielfreude wettgemacht. Keine Spur von Lampenfieber, wenn die Jungs und Mädels die Bühne rocken. Die episodenhaften Szenen fügen sich in der Regie Brauers zu einem geschlossenen, eigenständigem Werk, das zwar aus dem Lebensgefühl des letzten Jahrhunderts stammt, aber nie in dieser Historie verhaftet bleibt. Das Streben nach Selbsterkenntnis, Unabhängigkeit und Anerkennung ist ein zeitloses Thema. Dafür, dass es keine reine Reminiszenz an die 80er wird, sorgen in Rostock in erster Linie die Musiker um John Carlson mit Klavier, Orgel, Synthi, E-Gitarre, Bass, Trompete und Schlagzeug.
Gewaltig gelingen sowohl die Chor- als auch Tanzszenen, letztere erneut unterstützt durch das Tanzland in der Choreografie von Katja Taranu. Das dürfte beim Publikum einmal mehr Lust auf modernen Tanz in all seinen Facetten machen – wenn schon nicht selbst, so doch als regelmäßiger Gast. Da hat dann auch die Rostocker Tanzcompagnie mit seiner wachsenden Fangemeinde noch eine Chance über die Saison 2018/19 hinaus verdient!
Musical FAME am Volkstheater Rostock; weitere Vorstellungen 18.3.; 6.4.; 134.; 20.4.; 21.4.2018
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