Rostock, VOLKSTHEATER - NEUBAU - der erste Spatenstich, IOCO Aktuell
ROSTOCK: Das alles überragende kulturelle Ereignis der letzten April-Woche 2024 in Rostock war der Erste Spatenstich zum Bau eines neuen Volkstheater Rostock. Jahrzehnte wurde darum gerungen, doch die aktuelle Rostocker Spielstätte, ein Provisorium aus den 50ern .....
29.04.204 - Der erste Spatenstich zum Neubau des Rostocker Volkstheater ist getan
von Thomas Kunzmann
Das alles überragende kulturelle Ereignis der letzten April-Woche 2024 in Rostock war der Erste Spatenstich zum Bau eines neuen Volkstheater Rostock.
Jahrzehnte wurde darum gerungen, mal mit mehr, mal mit oder weniger Unterstützung aus der Politik. Doch die aktuelle Rostocker Spielstätte, ein Provisorium aus den 50ern, kann keine Lösung mehr bleiben und war schon wegen ungenügenden Brandschutzes mehrere Monate gesperrt worden. Klar ist, dass eine Sanierung nicht in Frage kommt und auch Abriss und Neubau an gleicher Stelle ist keine Lösung, da zwischenzeitlich keine adäquate alternative Spielstätte zur Verfügung stünde und der Platz selbst zu begrenzt ist.
Der Neubau-Beschluss der Bürgerschaft ist mittlerweile über 20 Jahre alt. Im Juni 2013 gab es einen groben Entwurf des Rostocker Projektentwicklers Harald Lochotzke, das ein neues Theater sogar auf der Warnow zeigte. Aufgrund der Bauform hatte es schnell den Spitznamen „Zitronenpresse“.
Doch wechselnde Machtverhältnisse, Finanzierungssorgen und ein regelmäßiges Torpedieren des Vorhabens, aber auch parallel dazu laufende Umstrukturierungs-ansätze verzögerten die Detailplanung. Insbesondere in der Zeit des Rostocker Oberbürgermeisters Roland Methling, des damaligen Kultusministers des Landes Matthias Brodkorb und der Landesregierung von Erwin Sellering war der Wille zur Errichtung einer neuen Spielstätte eher das Ergebnis einer fast erpresserischen Verhandlung zwischen Stadt und Land, gegen die sich auch der damalige Intendant Sewan Latchinian lautstark und aktionsreich zur Wehr setzte. Die Landesregierung versprach zwar, sich zu 50% an den Baukosten (damals mit € 40-50 Mio beziffert) zu beteiligen. Rostock müsse aber eine Strukturreform umsetzen, bei der es neben engen Kooperationen mit anderen Landestheatern, aber auch um Spartenabbau ging. 2015 kam zu einer landesweit beachteten Bürgerbewegung, bei der wider die Reformpläne des Landes um den Erhalt aller vier Sparten gekämpft wurde.
Im Juli 2017 erschien eine neue Funktionsstudie für den Neubau, bei der ein Bau eines neuen „Mehrspartentheater mittleren Standards“ mit über €100 Mio beziffert wurde. Methling, bekanntermaßen Kämpfer für die schwarze Null im Stadtsäckel, bekam wahrscheinlich Schnappatmung, fing sich aber wieder und träumte gleich von einem "Theater am Wasser" nach Vorbildern wie Sydney (eröffnet 1973, 100 Mio EUR), Kopenhagen (eröffnet 2000, 336 Mio EUR) oder Oslo (eröffnet 2008, 548 Millionen EUR) auf der anderen Warnow-Seite. Für den Großteil der regelmäßigen Besucher allerdings hätte auch eine öffentliche Anbindung neugestaltet werden müssen. Die Eröffnung verkündete Methling vollmundig für 2024.
Bei der Lage entschied man sich final dann doch sinnvollerweise für das Gelände am Bussebart, eine Freifläche in Rostock zwischen Kröpeliner Tor und Stadthafen, der bis dato eine etwas verwilderte Grünanlage und einen Parkplatz und, zu Weihnachten o.ä., Platz für Fahrgeschäfte der Schausteller bot. Alternativ waren Standorte direkt am Stadthafen (allein die aufwendigere Gründung hätte die Baukosten ordentlich nach oben getrieben) und im Rosengarten am Steintor im Gespräch. Letzterer historisch sicher nicht uninteressant, da sich in unmittelbarer Nähe frühere Theaterbauten befanden.
Tief gespalten war zu einem Neubau des Volktheaters über all die Jahre die Rostocker Bürgerschaft: Während die ach so bürgerliche CDU fast geschlossen und die SPD zu einigen Teilen wenig Positives beitrug, hat die Linke ein klares Bekenntnis Pro Theater vertreten. Ja, die Uhren gehen in Rostock etwas anders. Die Linke war es auch, die der Bürgerschaft vorrechnete, dass der Zeit- und Finanzierungsplan für die Bundesgartenschau 2025 nicht aufgeht, was letztlich zur bisher einzigen Absage einer BuGa in deren 70-jähriger Geschichte führte. Nach einem zwar medienwirksamen, aber politisch eher zweifelhaften Zwischenspiel von Claus Ruhe Madsen (parteilos, jedoch unterstützt von CDU, FDP und dem Rostocker Wählerbündnis des ehemaligen OB Methling) als Oberbürgermeister in Rostock, das überraschend mit seinem Wechsel nach Schleswig-Holstein als Wirtschaftsminister endete, kam es zu einer Neuwahl, die Eva-Maria Kröger (Die Linke) für sich entscheiden konnte.
Krögers klar formulierten Ziele beinhalteten insbesondere die Umsetzung bereits gefasster Bürgerschaftsbeschlüsse wie Theaterneubau, Errichtung eines Archäologischen Landesmuseums und der Warnow-Brücke. Und sie hat diese Vorhaben in ihrer Tätigkeit konsequent vorangebracht. Am 29. April 2024 erfolgte nun also unter hoher medialer Aufmerksamkeit der erste Spatenstich mit einem klaren Bekenntnis zum Neubau des Volkstheaters und dessen Notwendigkeit. Neben der Landesregierung waren die Oberbürgermeisterin, viele Bürgerschafts-mitglieder, der Förderverein, die Philharmonische Gesellschaft, Kunstschaffende und bekannte Gesichter des öffentlichen Lebens zugegen. Auch die Gründer der 2015er Bürgerbewegung, Seite an Seite mit Eva-Maria Kröger, legten Hand an und gedachten des eigentlichen Initiators, Jan-Ole Ziegeler, der leider im Dezember 2021 schon verstorben war.
Ministerpräsidentin Schwesig unterstrich die Bedeutung des Neubaus, seine Wirkung auf Stadt und (Um)Land. Dass die CDU trotz wiederholter Einladung nahezu komplett fernblieb, ist nicht nur als deutliches Zeichen des Desinteresses zu werten, sondern zeigt auch exemplarisch deren „Demokratieverständnis“. Nicht ärgern - das Projekt ist auf den Weg gebracht; und dort, wo die Zeremonie stattfand, sind jetzt erst einmal Archäologen und Munitionsbergungsdienst zugange. Die offiziell kommunizierte Planung geht von 208 Mio EUR Baukosten und der Eröffnung des neuen Volkstheater Rostock im Herbst 2028 mit Beginn der Spielzeit 2028/29 aus.