Düsseldorf, WAS FRAUEN WIRKLICH WOLLEN - Komödie, IOCO

Düsseldorf, WAS FRAUEN WIRKLICH WOLLEN - Komödie, IOCO
Innenansicht des "Wohnzimmers", © Theater an der Luegallee

Theater an der Luegallee , eine Reise zum Absurdistan der Partnersuche - von Sabine Misiorny und Tom Müller

 

von Uli Rehwald

Das kleine Theater an der Luegallee ist ein wahrer Geheimtipp, der nun schon seit über 40 Jahren fröhlich im Miniformat gefeiert wird. Wer es nicht glaubt, sollte einfach mal hingehen und den besonderen Charme genießen.

  • In der Tat fühlt man sich so, als ob man in ein Wohnzimmer eingeladen wäre. Die Chefin selbst öffnet die Tür.
  • In der 1. Reihe sitzt man wenige Zentimeter von den Spielern entfernt. Man könnte fast mitspielen.
  • Das hat etwas angenehm Unmittelbares. Auch einen Vorhang gibt es nicht.
  • Sogar eine Getränkebar steht mitten im Wohnzimmer.

Seit über 40 Jahren gibt es auf der kleinen Bühne starke Stücke, die mit wenigen Schauspielern auf kleiner Fläche spielbar sind. Es scheint so etwas wie ein Geheimnis zu geben, hier im kleinen Wohnzimmer-Theater: Über diese Unmittelbarkeit führt jedes noch so kleine mimische Detail ziemlich sicher zu großem Mitgehen des Publikums. Viele große Häuser würden sich das wünschen: Eine direkte Publikumsreaktion. Dieses Mit-Atmen im Publikum.

Heute sehen wir ein Stück mit dem Titel: „Was Frauen wirklich wollen“. Im Publikum sind die Frauen heute weit in der Überzahl. Das Haus, nein das Wohnzimmer, ist so gut wie ausverkauft. Die Chefin des Hauses droht vor Beginn des Stücks, das Publikum in der Pause heimzusuchen, wenn nicht gelacht werden sollte.

Christoph Kühne, Julia Kretschmer, © Theater an der Luegallee

Was heute gezeigt wird, ist offenbar eine entschlossene Reise zum Absurdistan der Partnersuche. Die komische Seite des Single-Daseins wird lustvoll auseinandergenommen. Jeder kennt solche Situationen, die hier übertrieben-plakativ dargestellt sind. Ein paar Beispiele der Protagonistin (Julia Kretschmer) gefällig?

  • Ein verhörartiges Gespräch mit einer Mutter-Extremistin, wieso um Himmels Willen noch kein Mann und keine Kinder da sind. Alle Rechtfertigungsversuche scheitern desaströs.
  • Das Kennenlernen eines völlig unbeholfenen, naiven Muttersöhnchens, wo jede Frau nur schreiend davonlaufen möchte. Das Ganze auch noch mit einer hoffnungsvoll-drängenden Schwiegermutter im Huckepack.
  • Ein Blinddate mit einem strohdummen, aber hoch selbstverliebten Disco-Tiger mitten auf der Tanzfläche. Der sich überhaupt nicht vorstellen kann, dass er selbst etwas anderes als die Krone der Schöpfung darstellt. 
  • Ein erfolgloser Rückkehrversuch zum Ex, da gab es doch auch gute Zeiten. Der will aber lediglich seine Geschenke wieder zurückhaben oder eine Nebenbeziehung.
  • Und natürlich erscheint das Gespenst des schlechten weiblichen Selbstwertes mit siegesgewissem Auftreten. Zu dick? Zu wenig Oberweite? Zu klug? Zu abweisend? Egal, jedenfalls etwas mit „zu viel“ oder „zu wenig“. Und das Gespenst – das ist das Schlimmste - droht im Gehen, auch recht bald wiederzukommen.
  • Die ergebnislose Diskussions-Endlosschleife auf offener Bühne: „Ja was wollen wir Frauen denn eigentlich?“ Ein einzelner Mann aus dem Publikum goutiert diese Diskussion mit einem wilden Solo-Applaus, als auf der Bühne klar wird, dass es kein Ergebnis gibt. Eine unmaßgebliche Einzelmeinung?
  • Die schlimmste aller Szenen ist ein Daueralptraum: Die Protagonistin träumt von einer TV-Single-Show, in der sie vom Showmaster über ihr Sexleben interviewt werden muss. Als der Showmaster ihr dann auch noch ganz praktisch vor laufender Kamera zeigen will, wie sie es verbessern kann, weiß sie sich nur zu retten, indem sie ihm droht, aus diesem Alptraum aufzuwachen. Ihre mitfühlende beste Freundin schlägt ihr stattdessen vor, doch lieber weiter zu träumen.
Julia Kretschmer, Christoph Kühne, Sabine Barth, © Theater an der Luegallee

Man muss eigentlich das deutliche Gefühl haben, dass die 3 Schauspieler ausschließlich selbst erlebte Szenen darstellen. Man würde es ihnen glatt abnehmen. Aber so ist es nicht. Das Stück stammt aus der Feder einer Comedy-Fabrik von Sabine Misiorny und Tom Müller.

Julia Kretschmer irrt und stolpert (als Protagonistin) tapfer und mimisch überragend durch alle Fallstricke und Unglaublichkeiten. Sabine Barth ist lustvoll ihr zerstörerisches Gegenüber in allen nur denkbaren Rollen: Als Mutter, Schwiegermutter, schlimme Freundin oder Alt-Hippie. Und Christoph Kühne gelingt es, alle Seiten einer männlichen Witzfigur in schillernden Abgründen mehr als grotesk darzustellen. Bei ihm ist schon nach der 1. Szene klar, dass hier ein Meister des Improtheaters auf der Bühne steht.

Zu den Risiken und Nebenwirkungen dieses Stücks (deren Abdruck auf der Rückseite der Eintrittskarte leider fehlt):

  • Wer sich gerade im Weltschmerz einer Trennung befindet, der sollte das Stück unbedingt aufsuchen. Es ist hochwirksame, beste Medizin, die hier im Verlauf der 90 Minuten verabreicht wird.
  • Manchmal möchte einem fast das Lachen im Halse stecken bleiben.
  • Männer mit schwankendem Selbstwertgefühl sollten das Stück zur Festigung ihres Eigenwertes aufsuchen. Denn sie können ja frei nach Wilhelm Busch sagen: „Doch Gott sei Dank, wir (Männer) sind nicht so.“
  • Wer diese verzweifelten Szenen aus Absurdistan auf sich wirken lässt, kann sich nur abgrundtief freuen, wenn ein Partner daneben sitzt. Und geht nachhaltig getröstet nach Hause. Naja, Paare sind heute offensichtlich in der Minderheit.

Julia Kretschmer, Sabine Barth, © Theater an der Luegallee

Was könnte heute Abend klar geworden sein? Vielleicht, dass dieses Programm die gestellte Frage bei Weitem noch nicht ausgeleuchtet hat. Was könnte weiterhelfen? Eine offene Publikumsdiskussion, bis wirklich alles gesagt ist? Oder ein spontanes Mitspielen?

Auf dem Nachhauseweg stellt man fest, dass man die Frage „was Frauen wirklich wollen“ mitgenommen hat. Gott sei Dank hat der Abend vor allem den Humor zentral mitten auf die Bühne gestellt. Vielleicht hat man den ja auch in voller Größe mitgenommen? Aus dem kleinen Theater.

 

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