Paris, Philharmonie, Gustav Mahler - 8. Symphonie - "Sinfonie der Tausend"
IOCO Kritik, 27.11.2023
von Peter Michael Peters
Hymnus: Veni Creator Spiritus und Schluss-Szene des Faust II, Johann Wolfgang von Goethe.
EIN MUSIKALISCHES MONUMENT OHNE BEISPIEL…
CHORUS MYSTICUS
Alles Vergängliche
Ist nur ein Gleichnis;
Das Unzulängliche,
Hier wird’s Ereignis;
Das Unbeschreibliche
Hier ist’s getan:
Das Ewig-Weibliche
Zieht uns hinan.
(Goethe: Schluss-Szene/Faust II.)
Die Anrufung des Geistes…
Am 12. September 1910 pünktlich genau um 19 Uhr 45 betrat Gustav Mahler (1860-1911) die Bühne im riesigen Konzertsaal der Münchner Internationalen Ausstellung um die Uraufführung seiner 8. Symphonie zu dirigieren. Vor ihm stehen tatsächlich tausendacht Solisten: Achthundertfünfzig Chorsänger und fast hundertfünfzig Musiker, wie in der auffälligen Werbung des Impresario Emil Gutmann (1877-1920) angekündigt wurde. Dahinter drängten sich dreitausendvierhundert Zuhörer, sobald sich die Türen öffneten.
In dem Moment, in dem er alle Chor- und Orchester-Kräfte entfesselte, die er für dieses beispiellose Ereignis versammelt hatte, erinnert sich Mahler an den Tag im Juli 1906, als er sein kleines Arbeits-Chalet betrat, verloren im geheimsten Teil des Kärntner Waldes: Er war wie niedergeschmettert durch die vielen großen Inspirationen? Denn dort drängten sich ihm die schillernden Worte von Pfingsten auf und die drei Zauberworte Veni Creator Spiritus kamen ihm vor wie ein Wunder, um seine Angst zu beseitigen, die ihn jedes Jahr überfällt: Wenn er sich mit dem Leitfaden seiner Kreation neu verbinden wollte, um sein musikalischen Schaffen nach elf Monaten theatralischer Hyper-Aktivität an der Wiener Oper neu zu erwecken. Weitere beunruhigende Fakten werden dieser unerwarteten Enthüllung folgen und Mahler wird bald davon überzeugt sein, mehr denn je „ein vom Universum gespieltes Instrument“ gewesen zu sein.