Palma, Teatre Principal, Premiere La Bohème - Josep Bros als Rodolfo, IOCO Kritik, 25.04.2012

Palma, Teatre Principal, Premiere La Bohème - Josep Bros als Rodolfo, IOCO Kritik, 25.04.2012
teatre_principal_mallorca.JPG

Teatre Principal

 La Bohème - Giacomo Puccini

Orchester der Balearen “Ciutat de Palma“  - Leitung José Maria Moreno

Teatre Principal de Palma / Zuschauerraum / © Teatre Principal de Palma
Teatre Principal de Palma / Zuschauerraum / © Teatre Principal de Palma

In der kurzfristig angesagten Opernsaison 2012/13 im Teatre Principal de Mallorca setzt die neue Intendantin Margalida Moner auf die hochrangigen Kassenschlager Carmen, Bohème und Trovatore und hat damit in dieser Zeit das richtige Rezept für ein ausverkauftes Haus gefunden.

Das zauberhafte Theater aus dem Jahre 1858, das 2007 nach vollständiger Renovierung wiedereröffnet wurde, ist ein wahres Kleinod und ein Aushängeschild für ein Mallorca voller Kunst und Kultur.

La Bohème von G. Puccini wurde 1896 im Teatro Regio in Turin unter Arturo Toscanini uraufgeführt und zählt zu den bekanntesten, meistgespieltesten und tragischsten Liebesgeschichten der Oper.

Basierend auf Henri Murgers Roman La Vie de Bohème“ und dem Libretto von G. Giocosa und L. Illica, wird das Leben, Lieben und Leiden der todkranken Mimi und ihre Liebesbeziehung zu dem Dichter Rodolfo dargestellt. Die Handlung der Oper ist in das  Pariser Künstlerleben des 19.Jahrhunderts eingebettet.

So beginnt auch die Oper, vom Komponisten ohne Ouvertüre in einer dramatischen Großform angelegt, an einem Weihnachtsabend in einer schäbigen Mansarde in Paris.

In diesem ersten Bild werden neben Rodolfo und Mimi auch sein Zimmergenosse der Maler Marcello und deren Freunde, der Philosoph Colline und der Musiker Schaunard vorgestellt. Jeder dieser gestrandeten, einsamen Figuren ist auf der Suche nach Liebe, Glück, Nähe und Wärme.

Das zweite Bild spielt vor dem Café Momus im Quartier Latin, wo ausgelassener Weihnachtstrubel herrscht. Hier präsentiert Puccini einen weiteren Charakter; Musetta, welche dem Luxus verfallen, mit älteren solventen Herren anbandelt, aber in Wahrheit in den armen Maler Marcello verliebt ist.

Musikalisch interessant gelöst präsentiert Puccini im dritten Bild an einem kalten Februar-Morgen vor einem Gasthof am Stadtrand von Paris eine kontrastierende Situation zwischen den beiden Liebespaaren. Rodolfo und Mimi finden hier nach einer Trennung wieder zusammen und gleichzeitig gehen Musetta und Marcello wieder einmal nach einem Streit eigene Wege.

Im vierten Bild kommt es zum tragischen Finale in der Mansarde von Rodolfo und Marcello.  Trotz aller Versuche Mimi zu retten, Musetta verkauft ihren Schmuck und Colline seinen Mantel, um ein Medikament für Mimi zu bezahlen, stirbt Mimi an Tuberkulose. Die Oper endet mit dem herzzerreißenden “Mimi“ des Tenors und den bekannten dramatischen Schlussakkorden des Orchesters.

Der Regisseur Jaume Martorell setzte auf eine klassische, solide Inszenierung mit guter schlüssiger Personenregie. Er traf einfühlsam die farbenfrohe Welt der Bohèmiens; der Künstler, Philosophen und Studenten. Man spürte seinen Respekt für den Komponisten, seine Liebe zur Musik und ein gutes Gespür für das Publikum.

Sein Hauptinteresse galt den Sängern, die sich hier in Palma in vollkommenem Einklang  von Szene und Musik befanden. Die stimmungsstarken Bühnenbilder von Miguel Massip waren nach bewährtem Rezept konzipiert und hervorragend gelungen.

Maria Gallego sang die Mimi solide und in manchen Passagen sehr schön. In den unteren Lagen oft ungestützt, brachte sie sich in einigen dramatischen Stellen in stimmliche Grenzsituationen. Obwohl man spürte, dass Sie diese Partie oft gesungen hat, waren ihre stimmlichen Qualitäten an diesem Abend leider vielen Schwankungen unterworfen.

Josep Bros, der auf deutschen Bühnen ebenso, wie an der Wiener Staatsoper bekannt ist, wagte in dieser Inszenierung als Rodolfo seine ersten Schritte vom Rossini-Donizetti-Bellini- zum Puccini- Fach.  Seine unbekümmerte Ausstrahlung, gepaart mit seiner geschmeidig geführten, hellen, schlanken Stimme mit sicherem C in “che gelida manina“, und seine Fähigkeit zu Dolce- und Pianophrasierung, rissen das Publikum zu Begeisterungsstürmen hin.

María José Perelló sang eine mitreißende, reizvolle und dramatische Musetta. Als gefeierter Stern des Quartier Latins, wusste sie sofort alle Publikums-Herzen für sich einzunehmen. Sie brillierte mit kapriziöser Koketterie und erotischem Esprit. Mühelos sang sie die Spitzentöne. Ihre Piani waren ebenso berückend wie auch ihre Forti dynamisch und kraftvoll. Ihre Musetta vereinte gekonnt die Leichtigkeit der Stimmführung für den Walzer und die Kraft für die dramatischeren Passagen. Sie bewies eine große Spielbegabung und Bühnenpräsenz und überraschte in ihrer Interpretation im vierten Akt mit einer rührenden Gutherzigkeit.

Sehr gut auch der vornehm singende Marcello von Carlos Daza. Mit seiner leicht geführten, kultivierten Stimme und der eleganten Darstellung, wertet er seinen Marcello oftmals zu einer Hauptfigur im Männer-Quartett auf. Ihm gelangen besonders die lyrischen Passagen durch seinen wohlklingenden Bariton.

Der stimmlich markige und unverwüstliche Schaunard von Rodrigo Alarez und der sonor singende Colline von Pablo López bestachen durch ihre locker und lebendige darstellerische Interpretation. Visenc Esteve Corbaco agierte mit viel Spass als Benoit und Alcindoro.

Der Musikalische Leiter des Teatro Principal, José Maria Moreno, dirigierte mit Präzision und Impetus das ausgezeichnet reagierende Sinfonieorchester der Balearen “Ciutat de Palma“. Sie spielten mit Leidenschaft und viel Gefühl für den Komponisten.

Moreno gestaltete die Partitur überaus sensibel und geschmackvoll. Er musizierte stellenweise mit schwelgerischem Rubato und mit Sentiment, jedoch nie sentimental. Dabei wusste der Dirigent immer genau, wo er das Tempo wieder anzuziehen hatte, sorgte für Schwung und empathische Steigerungen. Das Orchester folgte ihm klangvoll, präzise und mit sehr schönem Puccini Klang.

Der sauber und ausgeglichen einstudierte Chor war stimmlich und darstellerisch in bester Verfassung. Ein besonders großes Lob gebührt dem hervorragend singenden Kinderchor des Teatre Pricipal.

Das Publikum bedachte die Sänger mit frenetischem Applaus und Bravo-Rufen und dankte dem zum Schluss auf die Bühne gerufenen Orchester mit langem und heftigem Beifall.

IOCO / ES / 29.04.2012

---| IOCO Kritik  Teatre Principal de Palma |---