Osnabrück, Theater am Domhof, Spielplan 2016/17: Von Mozart bis Houellebecq, IOCO Aktuell, 31.05.2016
Spielplan 2016/17: Mozart, Büchner, Schirach, Gogol....
Zwischen Aufklärung und Unterhaltung
Das Theater der Stadt Osnabrück in Niedersachsen ist ein Fünf-Sparten Haus für Konzert, Schauspiel, Musik- und Tanztheater wie Junges Theater. Das Theater am Domhof hat 642 Plätze und eine schöne Jugendstilfassade. 1909 wurde es mit Shakespeares Julius Caesar eröffnet. Das kleine Haus mit knapp 100 Plätzen, das emma-theater, liegt dicht vor der Stadtmauer mit dem Heeger-Tor. Es zeigt meist experimentelle oder aktuelle Stücke von häufig jüngeren Autoren. Von Hanns Butterhof
Im Dezember 2015 wurden die Städtischen Bühnen Osnabrück mit dem Theaterpreis des Bundes ausgezeichnet. In der Preisvergabe heißt es: „Den Städtischen Bühnen Osnabrück gelingt es auf beeindruckende Weise, mit allen Sparten gleichermaßen ein qualitativ bemerkenswertes und stringentes Programm zu gestalten. Nachhaltige Autorenförderung steht hier ebenso im Zentrum wie ein ambitioniertes Musiktheater, das sich selten gespielten und zeitgenössischen Opern öffnet...“
Das Osnabrücker Theater versteht Intendant Dr. Ralf Waldschmidt als Ort lebendiger Diskussion, nicht als hehren Kunsttempel. Bei der Vorstellung der neuen Spielzeit 2016/17 mit prallen 28 Premieren und 10 Wiederaufnahmen betont er die gesellschaftliche Verpflichtung, die sich für das „Theater in der Friedensstadt“ ergibt. Doch kommt auch die Unterhaltung im neuen Programm nicht zu kurz.
Die „Kernthemen“ Menschenrechte, Toleranz und Fortführung des „Projekts Aufklärung“ finden ihren Platz am deutlichsten in der Schauspielsparte. Dominique Schnizer, der neue leitende Schauspielregisseur, positioniert daher Lessings Toleranz-Drama Nathan der Weise zentral und flankiert es mit Georg Büchners Dantons Tod und von Schirachs Terror. Das konkretisiert die Lessingsche Aufklärungsidee historisch, und mit Michel Houellebecqs Unterwerfung wird ihr aktueller Stand provokant beleuchtet.
Doch ist auch viel Komödie im Programm. Sie reicht von Nicolai Gogols Klassiker Der Revisor über eine deutschsprachige Erstaufführung von Das Lächeln einer Sommernacht des eher als Regisseur düsterer gesellschaftskritischer Filme bekannten Ingmar Bergmann bis hin zu Lutz Hübners boulevarderprobtem Stück Frau Müller muss weg.
Im Musiktheater stellt Generalmusikdirektor Andreas Hotz Mozarts Oper Die Zauberflöte unter das große Thema „Aufklärung“, insofern Mozart die humanitären Fragen der Zeit stelle. Franz Lehárs Operette Die lustige Witwe und Giacomo Puccinis Oper Manon Lescaut entziehen sich dieser Zuordnung eher wie auch das als witzig und schrill angekündigte Musical The Addams Family von Andrew Lippa.
Mit Ausgrabungen wie der Braunfels-Oper Die Vögel oder Manfred Gurlitts Soldaten hatte das Musiktheater bisher eine äußerst glückliche Hand. Gespannt darf man daher auf Das Lied der Nacht von Hans Gál sein. Die 1930 erfolgreich uraufgeführte Oper wurde danach zusammen mit ihrem ins Exil gegangenen Komponisten vergessen.
Das Konzertangebot ist von Johann Sebastian Bach bis Mikis Theodorakis breit gefächert, die Schlosskonzerte Haydn Plus stellen jeweils Joseph Haydn einem weiteren Komponisten spannend gegenüber.
Interessant dürfte auch das werden, was der Künstlerische Leiter der Dance Company Theater Osnabrück, Mauro de Candia, aus dem Ballett Schwanensee macht. Denn zur Life-Musik Tschaikowskys, versichert de Candia, wird es keinen Spitzentanz geben. Zudem arbeitet de Candia für einen einst von Mary Wigman choreografierten Totentanz wie beim spektakulären Sacre du Printemps wieder mit Marco Goecke zusammen; das sehr hermetische Projekt Biografia del Corpo führt er mit Rafaële Giovanola weiter.
Insgesamt dürfte der vielseitige Spielplan das intakte Verhältnis von Stadt und Bürgern zu ihrem Theater Osnabrück stärken, das mit relativ geringem Budget Hervorragendes leistet, wofür es zu Recht mit dem „Theaterpreis des Bundes“ ausgezeichnet wurde. IOCO / Hanns Butterhof / 31.05.2016
---| IOCO Kritik Theater Osnabrück |---